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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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war nun völlig mit sich selbst im reinen. Doch Gilday zwang sich zu kühler Nüchternheit. Er beobachtete Corrie May mit jener angelegentlichen Schärfe, die für ihn bezeichnend war – als hätte er die Absicht, hinter ihre Augen zu dringen und das Innerste ihrer Gedanken zu ergründen.
    Schweigen waltete eine Zeitlang im Zimmer. Corrie May hob sich auf die Zehenspitzen und setzte sich auf die Kante des Schreibtisches; die Hände verschränkte sie in ihrem Schoß. Wieder streckte Gilday seine Hand aus und deckte sie über die ihren. Sie lächelte ihn an. Für ein paar unwägbare Minuten saßen sie so und betrachteten einander mit freundschaftlicher Zustimmung. Es war fast, als wären sie schon seit Jahren eng verbunden und verständen einander so selbstverständlich gut, daß sie keiner Worte weiter bedurften. Corrie May räusperte sich schließlich und wollte wissen:
    »Mr. Gilday, sind Sie auch Soldat gewesen während des Krieges?«
    Er lachte: »Wie kommst du darauf? Natürlich nicht! Ich hatte doch nicht den Verstand verloren!«
    »Nein, das hatte ich auch nicht erwartet«, erwiderte Corrie May. »Wie sind Sie vom Heeresdienst freigekommen?«
    »Ich habe mich losgekauft. Wie denn sonst?«
    »Das dachte ich mir. Wer Geld hat, kann praktisch tun, was er will. Oder nicht?«
    »Doch, doch, das stimmt!« Gilday nickte in munterem Einverständnis. Corrie May wollte mehr wissen; sie drängte: »Erzählen Sie weiter! Wo haben Sie das viele Geld hergehabt? Waren Sie schon vor dem Kriege ein reicher Mann?«
    »Keine Spur! Wenn ich die Wahrheit sagen soll: ungefähr ein Jahr vor dem Kriege bin ich hier in dieser Gegend aus einer Stellung hinausgeworfen worden, und es ging mir dreckig genug. Aber als ich wieder nach Norden zurückkam, konnte ich mich glücklicherweise mit einem Kerl zusammenspannen, der eine Kleiderfabrik betrieb; er stellte billige Männerkleider her und ähnliches Zeug. Und dann verschafften wir uns einen Auftrag, Armeeuniformen zu liefern. Damals bei Kriegsbeginn konnte jedermann, der irgend etwas herstellte, Lieferungsverträge für die Armee abschließen.«
    Corrie Mays Hochachtung vor diesem tüchtigen Manne begann beträchtlich zu steigen. Sie sagte: »Oh, also damals schon haben Sie aus der Regierung Kapital geschlagen?«
    »Das will ich meinen!« versicherte Gilday. Er grinste breit, als er seiner Fischzüge gedachte. »Das waren Zeiten, Corrie May! Alle Welt schien den Verstand verloren zu haben, als der Krieg tatsächlich ausgebrochen war; die Regierung am allermeisten. Von überallher wurden die Männer zusammengetrommelt, um Soldaten zu werden; dabei fehlte es an allem: an Schuhen, an Uniformen, an Sätteln, an Decken, an Gewehren; schlechterdings gar nichts war vorbereitet. Die Fabrikanten konnten also nicht schnell genug die vielen Aufträge ausführen, mit denen sie überschüttet wurden. Dabei gab's natürlich weder genug Wolle noch genug Leder im Lande …« Er lachte laut auf und schlug sich auf die Schenkel vor Vergnügen.
    Sie lehnte sich vor. »Und haben Sie Ihre Lieferverträge erfüllen können?«
    »Aber gewiß doch! Wir lieferten eben Schund.«
    »Schund? Was für Schund?«
    »Aber Kindchen! Wir nähten eben Uniformen aus allem, was wir irgend auftreiben konnten. Man kann alte Lumpen sammeln lassen; sie werden aufgedröselt und wieder zu Tuch verarbeitet; alte Mehlsäcke, Speicherbodendreck und was man sonst noch irgendwo zusammenfegt. Das alles wird, so gut wie's geht, verwoben; das herrliche Tuch dann blau gefärbt, wunderbar geplättet – und die dumme Blase von der Regierung der Vereinigten Staaten zahlte uns bessere Preise dafür, als jemals zuvor für gute wollene Stoffe gezahlt wurden. Und dann fährt man nach Hause und dankt dem lieben Gott im Himmel kniefällig dafür, daß er so viele gutgläubige Esel in diese Welt setzt.«
    »Aber haben solche Uniformen überhaupt gehalten?«
    »Daß die Uniformen hielten, dazu hatten wir uns nicht verpflichtet. Wenn die Truppen mit unseren Uniformen in den ersten Regen gerieten, dann lösten sich die herrlichen Tuche in Wohlgefallen auf; und selbst wenn es nicht regnete – manche unserer prächtigen Röcke zerfielen schon am zweiten Marschtage. Aber dann waren die Regimenter schon weit von Washington entfernt, lagen irgendwo im Dreck und Speck und mußten zusehen, daß sie ihren Kopf wegsteckten, wenn die Kugeln flogen. Wer kümmerte sich überhaupt darum! Zum Spaß waren sie schließlich nicht in den Krieg gezogen! Sie hatten

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