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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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bringst es ja doch nicht fertig und jemand anderes auch nicht. Laß mich vorbei jetzt!«
    Sie warf das Band auf die Erde und fegte an ihm vorbei. Ihr Inneres kochte; ihr war glühendheiß vor Ärger; nicht irgend jemand sonst, sich selbst allein hätte sie ohrfeigen mögen. Sie war schon wieder drauf und dran gewesen, in die verrosteten Raubtierfallen von Pflicht und Anstand hineinzutreten; die Reichen bauen sie für die dummen Armen auf. Die Leute aber, die den Reichen keinen Glauben schenkten, Mr. Gilday zum Beispiel, die kleideten sich in feinste Tuche, trugen ganze Bündel von Zwanzig-Dollar-Scheinen in der Tasche spazieren, zwei Finger dick, und grienten der übrigen Welt ins Gesicht, von früh bis spät. Corrie May faßte nach der Klinke an der Tür, die in Mr. Gildays Zimmer führte, und drückte sie nieder.
    Mr. Gilday redete mit einem armseligen, blassen Mann in der Uniform der Konföderierten; der Rock war derart abgetragen und verschlissen, daß seine ehemals graue Farbe kaum noch zu erkennen war. Als Corrie May die Tür wieder hinter sich schloß, hörte sie ihn sagen: »Ich bin Ihnen sehr dankbar, Mr. Gilday. Es ist sehr gütig von Ihnen.«
    »Gut, gut! Sie können jetzt gehen«, sagte Mr. Gilday. Er spielte mit der goldenen Uhrkette, die ihm über die Weste hing. »Aber vergessen Sie nicht, jeden Tag unterwegs zu sein, ganz gleich, ob das Wetter gut oder schlecht ist!«
    »Jawohl, ich verstehe!«
    Der Fremdling verbeugte sich höflich. Er hatte eine ausgezeichnete Erziehung genossen; sie war seiner Sprechweise unverkennbar anzumerken, auch der makellosen Sauberkeit seiner ärmlichen Uniform. Corrie Mays Lippen kräuselten sich vor Verachtung: der Sklaventreiber! Mag er die Folgen seines verwünschten Krieges tragen! Es wird ihm guttun!
    Sie betrachtete den Mann geringschätzig, wie er an ihr vorbeischritt und das Zimmer verließ. Mr. Gilday wandte ihr die Augen zu und ließ seine Blicke über ihre Glieder gleiten; auch diesmal vermochte Corrie May sich der Empfindung nicht zu erwehren, daß ihre Kleider plötzlich durchsichtig waren –.
    »Willst du etwas?« fragte er. Seine Mundwinkel zuckten in jener unbestimmten Gebärde, die man nur ein Lächeln nennen konnte und die doch kein Lächeln war.
    »Ja!« sagte Corrie May. Sie trat an seinen Schreibtisch und lehnte sich über ihn hinweg. »Haben Sie noch das Schultertuch, Mr. Gilday?«
    Seine dicken Augenbrauen hoben sich ein wenig in leichter Überraschung. »Sicherlich! Ich habe es noch«, antwortete er.
    Corrie May fuhr mit klarer Stimme fort: »Ich habe mir die Sache überlegt. Ich möchte das Tuch wirklich gerne haben. Es ist doch zu hübsch.«
    Gilday stützte seine Ellbogen auf den Tisch, deckte eine Hand mit der anderen und lehnte sein Kinn obendrauf. »Also sieh mal an!« ließ er sich vernehmen; nach einem Weilchen fügte er trocken hinzu: »Du nimmst also endlich Vernunft an?«
    »Ja! Ich nehme endlich Vernunft an.«
    Gilday fing an, tief im Hals zu lachen. Er lachte nicht so sehr aus Freude darüber, daß sie sich schließlich doch ergeben hatte; er lachte triumphierend – hatte er nicht einen Sieg erfochten!
    »Gewiß!« meinte er nach ein paar ewigen Sekunden genüßlich langsam. »Du sollst das Tuch bekommen. Ich hab' mir schon gedacht, daß du es zu guter Letzt doch würdest haben wollen. Man muß dir nur Zeit lassen, nachzudenken.«
    Auch Corrie May lachte. Sie winkte mit ihrem Kopf zu der geschlossenen Tür hinüber und fragte:
    »Wer war der Mann?«
    »Er soll die Post austragen.«
    »So – –?« machte sie. Ihr war, als gälte es eine Verschwörung. Ein Gefühl heimlicher Erheiterung überkam die kleine Corrie May; sie hatte den Absprung gewagt – und er schien zu gelingen.
    Gilday fuhr nach einer Weile fort: »Ich habe nämlich einen Vertrag bekommen; ich muß dafür sorgen, daß die Post ausgetragen wird. Der Kontrakt bringt mir hundert Dollar im Monat.«
    »Das ist ein Haufen Geld – für nichts weiter als die Post auszutragen!« bemerkte sie. »Und das alles für den Mann, der da eben weggegangen ist –?«
    Gilday streckte seine Hand aus und streichelte leise ihren Nacken, vom Ansatz ihres Haares her bis zu ihrem Kragen. Er sagte gleichmütig: »Natürlich zahle ich dem Kerl nur vierzig Dollar im Monat von den hundert, die ich selbst bekomme. Meine Idee dabei ist, Kindchen, die eigentliche Arbeit von ein paar elenden Schwachköpfen verrichten zu lassen.«
    Corrie May lächelte und warf einen Blick zur Tür hinüber. Sie

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