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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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»Richtig!« Seine Stimme bekam einen öligen Klang. »Goldrichtig! Einhundertachtundneunzig Dollar! Heute ist der letzte Zahltag. Wenn Sie nicht vor heute abend sechs Uhr hier erschienen wären, dann hätten wir ein Stück Ihres schönen Zuckerbodens versteigern müssen, um uns für die Steuer bezahlt zu machen. Das hätten wir natürlich höchst ungern getan; oder glauben Sie das etwa nicht?«
    »Ich habe das Geld hier«, sagte Ann ruhig.
    »Nun, wenn Sie's dahaben, dann geben Sie's her!«
    Ann entnahm ihrer Tasche einen Packen Geldscheine und reichte ihn über den Tisch. Corrie May bemerkte, daß Ann die Geldscheine an ihrem Schmalende anfaßte – um keinesfalls mit Gildays Fingern in Berührung zu kommen.
    Gilday nahm die Noten in seine haarige Hand und zählte sie durch. Seine Lippen bewegten sich lautlos, während er zählte. Dann blickte er hoch.
    Ann entfaltete ein Papier. »Zeichnen Sie mir bitte diese Quittung ab!«
    »Quittieren, wie?« fragte Gilday. Er schlug sich die Noten klatschend in die Hand.
    Sie schob ihm das Papier hinüber.
    »Hmmm, hmmm«, machte Gilday. Seine kleinen Augen bohrten sich in die ihren. »Meine verehrte Dame, ich würde Ihnen das Geld ja gerne quittieren. Es wäre mir sogar ein Vergnügen, wenn Sie nur die volle Steuer gezahlt hätten. Aber Sie haben mir nicht den vollen Betrag gezahlt. Und, meine Dame, meine sehr verehrte Dame, Sie wissen wahrscheinlich, daß ich als ein Vertreter der Regierung der Vereinigten Staaten die richtige Zahlung der Steuern erst bescheinigen kann, wenn der volle Betrag geleistet ist.«
    Anns Kehle bewegte sich; sie mußte schlucken. Corrie May nahm wahr, wie der Besucherin ein Schauer über Schultern und Rücken flog. Aber sie behielt ihre Stimme in der Gewalt: »Sie müssen sich irren, Mr. Gilday! Ich bin sicher, daß ich Ihnen einhundertachtundneunzig Dollar übergeben habe.«
    Gilday lächelte. »Meine liebe Mrs. Larne, wir sind ja gut miteinander befreundet, und es wäre mir ein Vergnügen, Ihnen die Sache zu erleichtern, aber ich bin ein Beamter der Regierung und ihr verantwortlich. Sie werden wissen, daß Sie mir nur einhundertundachtzig Dollar übergeben haben. Ich bin doch keiner von diesen dummen Niggern, die nicht bis drei zählen können. Sie dürfen von mir nicht verlangen, daß ich die Vereinigten Staaten um zehn Dollar betrüge – oder ist das etwa Ihre Absicht?«
    Ann holte tief Atem. Sie sagte mit einer unheimlich bebenden Festigkeit: »Würden Sie die Güte haben, das Geld noch einmal zu zählen!«
    Gilday lachte wie gewöhnlich tief im Halse. Bei dem warmen zufriedenen Laut spürte Corrie May, wie ihre eigenen Rachegefühle sich ein wenig sänftigten. Gilday warf das Päckchen Banknoten vor Ann auf den Tisch: »Zählen Sie lieber selber, meine Dame!«
    Ann nahm die Noten auf und zählte sie durch. Ein kleiner entsetzter Laut entrang sich ihrer Kehle. Sie fing noch einmal zu zählen an, sehr langsam diesmal; ihre Lippen bewegten sich dabei, wie sich Gildays bewegt hatten. Sie legte das Geld auf den Tisch zurück und blickte in ihre Tasche. Sie enthielt nichts weiter als ein Schlüsselbund und ein Taschentuch.
    »Entschuldigen Sie!« sagte sie schließlich. »Ich muß einen Zehndollarschein auf der Straße verloren haben.«
    »Sehr unangenehm, wirklich!« murmelte Gilday.
    »Ich werde die zehn Dollar schon irgendwoher beschaffen«, flüsterte Ann atemlos. »Ich werde sie morgen einzahlen.«
    Gilday schüttelte in heiterer Bedenklichkeit seinen Kopf: »Das ist nun aber wirklich ein Jammer. Heute ist der letzte Tag, an dem die Steuern bezahlt werden können. Bis sechs Uhr heute abend, hier steht's, so deutlich, wie nur irgendwas!«
    Anns Augen flatterten zu der Uhr an der Wand. »Mr. Gilday«, drang sie verzweifelt in ihn, »es ist jetzt halb fünf. Mit Pferd und Wagen von hier nach Ardeith zu fahren, das kostet zwei Stunden. Und zurück wieder zwei Stunden! Ihnen die fehlenden zehn Dollar vor sechs Uhr abends herbeizuschaffen ist ganz unmöglich.«
    »So, so!« sagte Gilday. Er lehnte sich in seinen Stuhl zurück und spielte mit der Uhrkette auf seiner Weste. »Die Aufforderung spricht aber von sechs Uhr, unmißverständlich in englischer Sprache!«
    Corrie May hätte es nicht für möglich gehalten, daß ein Gesicht noch tiefer erbleichen könnte als das Anns; seine Haut wurde weiß wie Kreide. Gilday lächelte unverschämt. Er klimperte mit seiner Uhrkette. Ann hielt sich an der Tischkante fest. »Was bedeutet das?« fragte

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