Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße
anders angestellt haben – dachte sie – wenn ich auf Ardeith meinen Lohn bekam. Sie fragte: »Waren Sie auch im Felde?«
»Allerdings, Madame! Nur …«, er verschluckte sich fast vor Aufregung. »Natürlich bin ich jetzt kein Konföderierter mehr«, versicherte er hastig. »Ich bin jetzt wirklich umerzogen, ganz gewiß! Sie können sich erkundigen, wo Sie wollen: Sie werden kaum jemand auftreiben, der der Union treuer anhängt als ich. Natürlich habe ich mich nicht freiwillig gemeldet; ich wurde eingezogen –!!«
»Das versteht sich!« sagte sie lachend. »Die Männer wollen jetzt alle eingezogen worden sein. Wenn man Nordstaatengeld in der Tasche hat, dann redet hier jedermann, als hätte es in der ganzen Konföderierten-Armee keinen einzigen Freiwilligen gegeben.«
»Ja, Madame!« meinte er schwächlich und errötete. Als er das Geld abgezählt und ihr den Rest zurückgegeben hatte, versuchte er die Frage: »Madame stammen wohl aus dem Norden, nicht wahr?«
Corrie May lächelte. Sie faltete die Geldnoten zusammen und steckte sie wieder in ihr Portemonnaie zurück.
»Nein«, erwiderte sie langsam, »ich stamme nicht aus dem Norden. Ich kenne den Norden überhaupt nicht. Wenn es dort schneit, habe ich mir erzählen lassen, bekommt man dicke Frostbeulen. Nein, mir gefällt der Süden besser.«
»Ich bitte um Vergebung, Madame, wirklich! Ich meinte bloß …« Er zögerte. »Ich meine, Madame ist so elegant angezogen! Ich bitte um Vergebung, wenn ich zu aufdringlich sein sollte. Hier im Süden hat ja sonst kein Mensch mehr Geld. Das ist Ihnen sicherlich nicht unbekannt, Madame. Die Pfandleihen wollen keine silbernen Löffel mehr beleihen – –.«
Corrie May richtete sich auf. »Ich weiß es, Mann. Aber wenn ich an Ihrer Stelle wäre, ich zerbräche mir nicht den Kopf darüber. Man muß die guten Zeiten nur zu finden wissen, hier und anderswo! Sie werden mir also das Eis reservieren –?«
»Jawohl, meine Dame!« Er grinste breit. »Es ist schon bezahlt; ich vergesse es nicht. Ich halte jedes Pfund zurück.«
Corrie May bestieg ihren leichten eleganten Einspänner. Sie hatte noch mit Gilday zu reden. Es mußte noch verschiedenes besprochen werden; außerdem brauchte sie Geld. Die Schneiderin wollte das Kleid, das Corrie May sich für die große Gesellschaft anfertigen ließ, an diesem Abend bereithalten; Corrie May hatte vor, bei ihr vorbeizufahren, um es abschließend zu begutachten. Dann aber wurde ihr auch die Rechnung vorgelegt. Gilday mochte es nicht, wenn sie Schulden anstehen ließ. Das Kleid sollte eine phantastische Angelegenheit werden mit langer, von Pfauenfedern eingefaßter Schleppe. Vor dem Gerichtsgebäude stieg sie aus.
Sie fand Gilday mit fünf oder sechs anderen Männern in seinem Büro und wurde herzlich begrüßt.
»Sieh da, sieh da, die Corrie May!« rief Mr. Dawson. »Und aufgeputzt wie ein Weihnachtsbaum. Wo willst du denn hin, so fein gemacht?«
»Nirgendwohin, ich wollte hierher«, erwiderte sie vergnügt. »Ich kann doch meine Freunde nicht in einer Wachstuchschürze besuchen. Das wär' noch schöner!«
Gilday saß hinter seinem Schreibtisch. Er streckte den Arm aus und zog sie näher heran; sie nahm auf der Armlehne seines Sessels Platz. »Na, was willst du, Kindchen?« fragte er.
»Na, was wohl?« erwiderte sie. »Mein Geld ist schon wieder alle!«
»Möge Gott mir helfen!« rief Gilday nicht ohne Stolz. »Das Mädchen macht mich bankrott!«
Ein schallendes Gelächter war die Antwort. Dawson schrie: »Auf die Ku-Kluxers, die Femebrüder, sind neuerdings Kopfpreise ausgesetzt; man braucht nur ihre Skalpe abzuliefern; das Haar muß noch dran sein!«
Seine Worte gaben dem Gelächter neue Nahrung. Corrie May zuckte mit den Schultern. »Wenn die Nigger blöd genug sind, sich von ein paar Männern in weißen Laken zu Tode ängstigen zu lassen – meinetwegen! Die Bevölkerung hat ihren Spaß daran, und keiner geht leer aus. Hör zu, Gilday! Wenn du keine sechzig Dollar hast, so gestehe es. Mein Kleid kann ich dann nicht abholen, und die Gesellschaft am nächsten Dienstag können wir auch nicht veranstalten, denn ich habe nichts anzuziehen.«
Einer der Männer, der Cockrell hieß und ein loses Maul hatte, summte leise den Schlager ›Miß Flora McFlimsey vom Madison Square …‹ und die ganze Versammlung nahm es auf. Corrie May hörte ungeduldig zu. Irgendwer schien ewig diese Zeilen zu zitieren, wenn sie in der Nähe war. Es bereitete ihr schon Unbehagen genug,
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