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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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aus dem Bett, kniete nieder und schickte ein Gebet zu seinem Schöpfer, er möge doch nicht dem Strome gleichen und die Menschen mißachten, sondern er möge seine Güte beweisen und ihm Arbeit verschaffen; denn er könne nun nicht länger warten; er müsse seiner Mutter helfen.
    Der Tag darauf stieg hell und strahlend auf. Die Luft duftete nach Frühling. Es war, als machte sich die Sonne über den verlassenen Hafen lustig.
    Fred gesellte sich zu einem Mann, der sein ganzes Leben lang am Strom gearbeitet hatte und nun den ersten warmen Frühlingstag auf einer leeren Obstkiste verträumte.
    »Findet man denn bei Hochwasser nirgendwo Arbeit?« fragte Fred nach einigen einleitenden Bemerkungen. Der alte Mann nahm die Pfeife aus dem Mund: »Doch, auf den Dämmen kann man Arbeit finden.«
    Fred wurde schon ein wenig zuversichtlicher: »Ach, weiter stromauf? Dort, wo die Plantagen sind?«
    Der alte Knabe überlegte; sein Mund stand offen; er fühlte mit der Zunge nach einem der letzten Veteranen seines Gebisses; er murmelte: »Der kommt mir so wie lose vor. – Nein, wo die großen Plantagen sind, da nicht. Auf Ardeith und Silberwald zum Beispiel, da gibt es mächtig hohe Dämme, und wenn das Wasser zu steigen anfängt, dann hören sie eben mit der Ackerarbeit auf, und alles, was zwei Hände und zwei Beine hat, das muß auf die Deiche, besonders wenn irgendwo schwache Stellen sind. Ich glaube, daß die Plantagen Deiche haben, so hoch, wie der Fluß niemals steigt.«
    »Gibt es überall stromauf so hohe Deiche?« wollte Fred wissen.
    »Leider nicht«, erwiderte der alte Mann. »Ganz und gar nicht!« Er fühlte mit dem Finger nach seinem Zahn. »Oberhalb der großen Plantagen, verstehst du, da haben die Leute nicht mehr so viel Geld. Da muß der Staat für die Dämme sorgen. Aber wenn der Strom nur wenig Wasser führt – in solchen Jahren vergißt der Staat gewöhnlich, daß er sich um die Dämme zu kümmern hat. Und mit einem Damm ist das so: entweder man kümmert sich darum und polstert ihn und flickt ihn, oder er bekommt weiche Stellen. Jetzt sollen sie ja kräftig an den Dämmen arbeiten.« Er seufzte mit jenem überlegenen Mitleid, mit welchem alte Leute manchmal die Sorgen der aufgeregten Welt betrachten. »Kannst mir glauben, Junge, in diesem Jahr wird's weiter stromauf mehr als eine Überschwemmung geben.«
    »Wie ist denn so eine Überschwemmung?« erkundigte sich Fred.
    Der Alte blies einen Paff aus seiner Pfeife. »Hast du noch nie einen Dammbruch zu Gesicht bekommen, mein Sohn?«
    »Einen Dammbruch?«
    »Ja, wenn der Damm bricht?«
    »Nein, das habe ich noch nie gesehen.«
    Der alte Mann schüttelte gemächlich sein Haupt. »Eine schlimme Sache, so ein Dammbruch! Das kann ich dir sagen!«
    Fred stützte seine Ellbogen auf die Obstkiste. »Wer arbeitet denn da an den Deichen?«
    »Na, wer wohl! Männer natürlich! Arbeitskommandos.«
    »Bekommen die auch Lohn?«
    »Gewiß!«
    »Wie kommt man denn da hin?«
    Der alte Mann zuckte die Schultern. »Das ist weiter nicht schwer. Da ist der Fluß, und die Straße geht immer an ihm entlang nach Norden. Aber schwere Arbeit da an den Deichen für so'n halbes Kind wie dich!«
    Fred lachte. »Ach, das macht mir nichts aus. Ich bin zähe, das sagen sie alle.«
    Er ließ den alten Mann im Stich und blickte sich um. Nicht weit entfernt sah er einen Neger sitzen, der in der Seitengasse hinter dem Hause wohnte, das seine Mutter und ihn beherbergte. Er ging auf den Schwarzen zu und blieb vor ihm stehen. »Du, Zeke, hör mal zu!« Der Neger grinste umgänglich. »Was ist denn, Fred?«
    »Ich habe hier drei Cents«, sagte Fred. Er hatte eigentlich von vieren sprechen wollen; aber als er die Hand in die Tasche steckte, fiel ihm ein, daß es sich wohl empfehle, einen Cent zu behalten; er zog also nur drei hervor. »Du mußt meiner Mutter etwas bestellen, Zeke!« begann Fred. »Sag ihr, ich habe mich stromaufwärts auf den Weg gemacht; dort gibt's Arbeit an den Deichen. Und ich komme erst wieder, wenn die Arbeit vorüber ist. Und sag ihr, sie soll sich nur keine Sorge machen. Ich lasse mich auf keine Dummheiten ein.«
    Zeke versprach, die Bestellung auszurichten, und nahm dafür grinsend die drei Cents in Empfang. Es war noch ziemlich früh am Tage. Fred marschierte auf der Stelle los; er hoffte, noch vor Anbruch der Nacht auf ein Arbeitskommando zu stoßen. Für seinen vierten Penny kaufte er sich von einem Negerweib ein großes Stück Kuchen; die Schwarze bot das dunkle Gebäck

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