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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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sehr unbehaglich: offenbar war sie doch in eine richtige Abendgesellschaft hineingeraten, mochte Mr. Larne es auch abgestritten haben; was sie vom Hintergrund der Halle her beobachtete, kam ihr allzu anspruchsvoll und großartig vor. Sie atmete erleichtert auf, als Denis Larne endlich wieder auftauchte. Er reichte ihr ein Papier:
    »Hierauf wird dir der Kassierer das Geld auszahlen. Kannst du schreiben?«
    »Nicht viel! Aber ich kann meinen Namen schreiben.«
    »Das genügt. Sonst wäre noch ein Zeuge erforderlich, dein Namenszeichen zu beglaubigen. Wenn du das Geld erhältst, so setze deinen Namen auf diese Linie.«
    »Ja, Herr! Ich danke Ihnen!«
    »Und sprich, bitte, deiner Mutter mein aufrichtiges Beileid aus«, fügte Denis hinzu.
    »Ja, Herr!«
    Denis fuhr fort: »Das Fieber im Lager hat mir schwere Sorgen bereitet. Wir geben uns die größte Mühe, den Männern die Gesundheit zu erhalten; aber leider lassen sich Erkrankungen nicht völlig vermeiden.«
    »Nein, Herr, das glaube ich auch.« Corrie May stand still für einen Augenblick; sie blickte in sein Gesicht, in dem sich ehrliche Anteilnahme spiegelte. Er sah nicht aus, als ob er je einem anderen weh tun wollte. Wie wäre er auch sonst bereit gewesen, seinen Arbeitern eine Lebensversicherung zu gewähren! Hundert Dollar – das war viel Geld! – Der schwarze Bediente, der den Sherry herumgereicht hatte, schritt wieder an ihnen vorbei. Wie gut er gekleidet war, wie zufrieden er aussah! Die Gesichter der Leute vom Rattletrap Square trugen einen anderen Ausdruck, zeigten jene stirnrunzelnde, angestrengte Gespanntheit –! Ach, es mußte herrlich sein, sich von einem solchen Schwarzen aufwarten zu lassen – wenn es auch unsinnig war, nur daran zu denken. Ein gut angezogener Diener wie dieser war dreitausend Dollar wert.
    Plötzlich fuhr wie ein Nadelstich ein Gedanke durch Corrie Mays Hirn: die Felder Mr. Larnes wimmelten von Negern. Schon ein gewöhnlicher Landarbeiter kostete bereits fünfhundert Dollar auf dem Markt – für zwei tote weiße Arbeiter brauchte Mr. Larne nur hundert Dollar auszuwerfen. Zwei tote Sklaven, auch die billigsten, würden ihn tausend gekostet haben. Es war also wesentlich billiger, gefährliche Arbeiten von Weißen verrichten zu lassen, als Sklaven dafür zu benutzen; wenn ein Weißer starb, so traf der Verlust allein seine Angehörigen, aber nicht den Arbeitgeber –!
    Corrie May wandte sich ab und ging hinaus. Es war ihr unmöglich, den Mann noch länger anzublicken. Sie überquerte die hintere Galerie und erreichte das rückwärtige Tor; dort erst fiel ihr ein, daß sie von dem schönen Sherry kein Glas mehr getrunken hatte; mochte der Himmel wissen, ob ihr jemals wieder ein solches Getränk geboten wurde.
    Ein paar Negerjungen lungerten vor der Tür des Küchenhauses; wahrscheinlich wußten sie, daß die Köchin gelegentlich einen Leckerbissen für sie abfallen ließ. Keiner von ihnen rührte sich, das Tor für Corrie May zu öffnen. Sie hatte den schweren Flügel selbst beiseite zu drücken, dann wanderte sie an den Lagerschuppen für Baumwolle entlang. Rampen waren den langen Hallen vorgebaut, um die Baumwolle leichter abladen zu können; ein paar Neger ruhten sich dort nach des Tages Arbeit aus. Einer von ihnen ließ ein Banjo summen. Die anderen sangen dazu. Geruhsam hockten sie in der Abendsonne; die alten Plantagenlieder verschwebten wehmütig in der stillen Luft. Und zu singen verstanden die Neger alle, ohne viel Übung, wie von selbst. Als Corrie May nahe genug herangekommen war, die Worte des Liedes zu verstehen, stockte ihr der Atem; sie hielt inne.
    »Nigger pflückt die Baumwoll', Nigger schleppt die Last.
Nigger baut die Dämme, die der Fluß dann zerbricht.
Nigger niemals geht auf der noblen Straß';
Doch lieber ich ein Nigger bin als arm', weiß' Pack!«
    Corrie May trat hinter eine Ecke des Lagerhauses; die Neger hatten sie nicht bemerkt. Sie wiederholten den Refrain; die kleinen Neger jungen tanzten dazu; Corrie May hörte ihre nackten Füße über die Bohlen schlurfen; die anderen wiegten sich im Rhythmus der Worte, die ihnen wohl so eng vertraut waren, daß sie kaum noch über sie nachdachten.
    »O Herr, lieber sein ein Nigger,
lieber sein ein Nigger, o mein Herr!
Nigger niemals geht auf der noblen Straß';
Doch lieber ich ein Nigger bin als arm', weiß' Pack!«
    Corrie May fing an zu laufen. Sie rannte durch die Baumwollfelder, als sei etwas hinter ihr her, wollte sie einfangen und sie zu Tode

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