Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße
malmen.
»Zum Teufel noch eins, warum rennst du so, Corrie May?« rief Budge, als sie endlich die Hauptstraße erreicht hatte.
Sie hielt sich am Wagen fest. Sie keuchte so heftig, daß sie nicht gleich antworten konnte. Budge zog plötzlich ein grimmiges Gesicht:
»Hat er dich etwa 'rausgeworfen?«
»Nein, nein«, brachte Corrie May schließlich hervor. »Er war freundlich zu mir. Er sagte, es täte ihm leid.«
Sie beschirmte ihre Augen mit der Hand und blickte zu dem Schloß der Larnes mit seinen Säulen zurück.
»Er sagte, es täte ihm leid!« wiederholte sie nochmals mit seltsamem Unterton.
Budge versuchte, sie zu besänftigen: »Na also, das war doch ganz anständig von ihm. Ich hab' dir ja gesagt, daß er ein ganz vernünftiger Mensch ist.« Er kletterte vom Wagen herunter. »Komm, Corrie May, ich will dir auf den Sitz helfen. Wenn wir meinen faulen Esel ordentlich auf den Trab bringen, dann sind wir noch vor Dunkelwerden in der Stadt. Hü, Nellie!«
Corrie May hockte neben ihm auf dem Kutscherbrett; verzweifelt suchte sie nach Worten. Budge redete, und allmählich begann sie, ihm zuzuhören. Er sprach davon, wie schön es werden sollte, wenn sie erst verheiratet wären und in ihrem eigenen Häuschen auf dem Baumwollacker wohnten.
»Du mußt hart arbeiten, Budge, auf deinem Stück Land, nicht wahr?« fragte sie plötzlich.
»Bestimmt, Liebchen, man erntet keine Baumwolle, wenn man nicht arbeitet. Aber das macht mir nichts aus. Nicht jeder verdient genug, daß er die Pacht für sein Stück Land bezahlen kann.« Budge sagte es selbstzufrieden.
»Leicht hast du's auch nicht gerade«, sagte Corrie May. »Jeden Tag die Schufterei vom ersten Morgengrauen bis in die sinkende Nacht – und bloß, damit die Pacht bezahlt wird. Und ich dann auch –! Wenn ich erst mit dir verheiratet bin – nichts wie Arbeit hab' ich dann und kein bißchen Hilfe!«
»Nun hör aber auf, Mädchen!« widersprach Budge mit gekränkter Stimme. »Was hast du schon groß zu tun! Zwei Stuben aufräumen, weiter nichts!«
»Ja, und Baumwolle muß ich pflücken und Mais hacken und die Kinder warten!« sagte Corrie May bitter.
»Ist ja halb so schlimm!« erwiderte Budge. »Vielleicht sparen wir uns sogar genug zusammen und kaufen uns einen Nigger!«
»Einen Nigger?« fragte sie spöttisch und ungläubig.
»Zum Donnerwetter, ich kann nichts dafür, daß ich arm bin!« brach Budge in plötzlichem Ärger aus.
Sie antwortete etwas sanfter: »Nein, lieber Budge, es ist nicht deine Schuld. Ich weiß, du tust alles, was du kannst!«
»Hör lieber auf, von Sachen zu reden, die du nicht verstehst«, wies Budge sie streng zurecht.
»Gut, ich hör' ja auf!« antwortete sie matt.
»Na ja, na ja!« Er klopfte schnell besänftigend ihre Hand. »Im Herbst heiraten wir beide und werden gut miteinander auskommen!«
Corrie May fühlte, wie ihr der Nacken steif wurde. Ihre Hände krampften sich um die Kante des Sitzbrettes und hielten es fest, daß ihr die Finger schmerzten. Auch ihre Füße wurden steif, und ihre Zehen krümmten sich zurück, als wäre es mit einem Male kalt.
»Ich – ich heirate diesen Herbst nicht!« sagte sie.
»Das ist doch nicht zu früh!« bettelte Budge. »Wenn du lieber ein bißchen warten willst, bis Weihnachten vielleicht –?«
»Ich will dich überhaupt nicht heiraten.«
»Was willst du? Du hast doch gesagt …«
»Ja, und jetzt sag' ich was anderes. Ich hab' es mir überlegt. Ich hab' keine Lust, mein Leben lang zu schuften und mich abzuquälen. Ich will was werden. Ich will wer sein, Budge Foster, hörst du das? Ich will wer sein und will anständige Kleider haben zum Anziehen, und die Leute sollen mich kennen und mich auf der Straße grüßen.«
»Du hast mir doch versprochen …!«
»Ich nehme alles zurück!«
»Wo ich dich so gern habe und immer hinter dir her gewesen bin – «
»Ach, lieber Gott, es tut mir furchtbar leid, Budge.« Ihre Stimme zitterte ein wenig.
»Paß mal auf, Corrie May!« sagte Budge ärgerlich drohend. »Du wirst dich in die Nesseln setzen, wenn du so anfängst!«
»Nein, werd' ich nicht! Das wirst du noch erleben!« hieb sie zurück.
»Du denkst wohl, du bist zu gut für einen Mann, der dich anständig heiraten und versorgen will!« Er wußte nicht recht weiter; man merkte ihm an, wie tief er gekränkt war; er verlegte sich nochmals aufs Handeln und Bitten: »Corrie May, Kleine, ich liebe dich aufrichtig. Du kannst doch nicht einfach Schluß machen!«
»Ach, laß
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