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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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tauchte auf: unter ihrem rechten Auge – – wenn sie lächelte. Jetzt lächelte sie unter seinem prüfenden Blick, und das Grübchen bot sich so entzückend dar, daß er mit lächelte, ohne sich dessen bewußt zu werden.
    »Weißt du nun endlich ganz genau, wie ich aussehe?« fragte sie ihn mit vergnügtem Spott.
    Er nickte. Dann erwiderte er in der beiläufigen Art, in welcher er häufig überraschende Wahrheiten von sich zu geben pflegte: »Du siehst aus, mein Liebling, wie ein Mädchen, das sich vom Duft der Rosen nährt und allezeit in Lilien bettet – – und die nicht daran denkt, zum Teufel, jemals etwas anderes zu tun! Und die auch – «, fügte er hinzu, »niemals mehr zu tun haben wird, soweit das von mir abhängt!«
    »Lieber Himmel!« seufzte Ann. »Kein junger Mann sollte solche Urteile von sich geben. Rosen und Lilien – ob deshalb deine Mutter nicht mit mir einverstanden ist?«
    Denis lachte: »Unsere ganze Generation findet ihren Beifall nicht. Sie behauptet, wir modernen jungen Leute wären unbescheiden und hätten keine Manieren.«
    »Sie liebt dich«, erwiderte Ann. »Du bist ihr Erstgeborener und außerdem, Denis – ich glaube, sie respektiert dich ganz besonders, weil du niemals von Schmerzen geplagt worden bist. Ihre Gesundheit ist recht empfindlich, nicht wahr? Sie hält es für ein besonderes Talent, daß du niemals krank gewesen bist.«
    »Bist du jemals krank gewesen?«
    »Eigentlich nicht. Aber sie lehnt mich trotzdem ab. Wenn ich nur wüßte, womit ich sie gekränkt habe? Sie ist so entsetzlich höflich zu mir, als hätte ich Schecks gefälscht und dafür gebüßt, und die Leute hätten verabredet, die Sache nicht mehr zu erwähnen.«
    Denis nahm ihre beiden Hände in die seinen: »Ann, sie hat eine furchtbar ernste Auffassung vom menschlichen Dasein; Mädchen, die sich Gedanken machen und auf ihre Würde Wert legen, schätzt sie mehr. Aber das braucht uns beide nicht zu trennen. Mir bist du lieber, wie du bist!«
    »Schönsten Dank!« Sie lächelte ihn voller Freimut an. »Ich habe dich gern, Denis! Du bist so ehrlich – und so selbstsicher. Ich wollte, ich wäre es auch!«
    Denis hielt sich noch eine halbe Stunde nach diesen Bekenntnissen auf. Dann schickte Oberst Sheramy einen Diener in den Salon, um auf die vorgeschrittene Stunde aufmerksam machen zu lassen. Ann weigerte sich, Denis zum Abschied zu küssen.
II
    U m die Wahrheit zu gestehen: Ann fand seine Küsse so erregend, daß sie fürchtete, ihren klaren Verstand zu verlieren. Und den brauchte sie dringend; als sie in ihr Zimmer hinaufstieg, nahm sie sich vor, gründlich zu Werke zu gehen und nachzudenken. Aber dann hielt sich die alte schwarze Amme so lange damit auf, ihr die Haare zu bürsten, daß sie schläfrig wurde. Ehe sie noch recht zum Nachdenken gekommen war, hatte der Schlaf sie schon entführt.
    Der Tag, zu dem sie neu erwachte, war so heiß und still, daß Ann von einem dumpfen Gefühl des Unbehagens schon beschlichen wurde, ehe sie überhaupt die Augen aufgeschlagen hatte. Sie wünschte sich zurück nach Saratoga; wenn doch der neue Aufseher sich als ein Muster von Tüchtigkeit entpuppen wollte! Vielleicht ließe sich dann ihr Vater, der Oberst, bewegen, wenigstens noch im September mit ihr in ein Seebad zu reisen. Ann lüftete die Stange, die das Moskitonetz spannte, und zog an der Klingelschnur.
    »Guten Morgen!« sagte sie, als Mammy mit dem Frühstückstablett erschien.
    »Guten Abend!« antwortete die Amme vorwurfsvoll.
    Ann lachte ein wenig: »Wie spät ist es denn?«
    »Bald wieder Zeit zum Schlafengehen. Brauchst gar nicht erst aufzustehen.« Mammy stellte das Tablett auf das Nachttischchen, und Ann richtete sich auf, damit die Amme ihr die Kopfkissen in den Rücken stopfen konnte. »Schickt sich nicht für Miß Ann, so lange im Bett zu bleiben; der Tag ist schon halb vorbei. Das ist keine Art!«
    »Wenn du mich ausschimpfst«, sagte Ann, »schicke ich dich aufs Feld, Baumwolle pflücken; dann kann Lucile mich anziehen.«
    Mammy hatte diese schreckliche Drohung schon mehr als hundertmal vernommen und maß ihr keine Bedeutung bei; sie fuhr fort, ihren Schützling zu schelten. Der Tag mochte noch so heiß sein, Mammy in ihrem gestärkten blauen Kattunkleid und ihrem adrett über der Stirn schwebenden Häubchen machte stets einen frischen und ordentlichen Eindruck. »Willst du nun endlich aufstehen, Miß Ann?« wollte sie schließlich wissen.
    »Auf der Stelle! Bereite mir ein kaltes Bad!«
    »Schön!«

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