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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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jahrzehntelang zu halten; wenn es gut behandelt wurde, dann hielt es auch so lange. Sie kaufte nur das Allerbeste; aber sie benutzte es, bis es auseinanderfiel.
    Auf der hinteren Veranda lagen die Wintervorhänge und Teppiche ausgebreitet. Eifrig bürsteten die schwarzen Hausdiener daran herum, um die letzten Reste der Tabakblätter zu entfernen, die man, die Motten fernzuhalten, während des Sommers in sie eingerollt hatte. Mrs. Larne warf den fleißig Tätigen einen prüfenden Blick zu und trat dann wieder in die Halle zurück. Hier schloß sie die Weinkammer auf und öffnete die Tür in ihrer Rückwand; dahinter führte eine Treppe in ein unterirdisches Gewölbe hinunter. Mrs. Larne stieg die Stufen hinab; eines der Mädchen hatte ihr eine brennende Kerze gereicht. Dumpfige Luft schlug ihr entgegen. Die vier Fuß starken Mauern waren aus Mörtel und Ziegeln gefertigt. Auf den Regalen ruhten in dichten Reihen spinnwebverhangen und verstaubt altehrwürdige Flaschen, unersetzliche, köstliche Jahrgänge edelster Weine, Whiskys, Kognaks und Brandys, die nur bei großen Gelegenheiten wie Taufen oder Hochzeiten ans Tageslicht gehoben wurden. Zur Linken wuchtete der gepanzerte Schrank; er enthielt eine Anzahl wertvoller Erbstücke und Dokumente; sie waren zu kostbar, als daß sie auf den oberen Stockwerken verwahrt werden konnten.
    Das Gewölbe zeigte sich in bester Ordnung. Mrs. Larne stieg die Treppe wieder hinauf und schloß die Tür hinter sich ab. In der Halle reichte sie die Kerze dem Mädchen zurück und wies Napoleon an: »Wenn die Wäsche eingeräumt ist, sage mir Bescheid. Du findest mich oben in meinem Arbeitszimmer.«
    »Jawohl, Madame!« Mit der wohlerzogenen Ehrerbietigkeit, die für ihn bezeichnend war, beugte sich Napoleon aus der Hüfte zu Boden: »Sie verloren Ihr Taschentuch, Mrs. Larne!«
    »Ich danke!« sagte sie. Napoleon wandte sich um und begann, die nötigen Anweisungen zu erteilen, wie die minderen Bediensteten die Wintervorhänge aufzuhängen hatten. Er war auf Ardeith geboren wie vor ihm seine Eltern, das Haus war sein ganzer Stolz. Mrs. Larne blickte dankbar zu ihm hinab, als sie die Wendeltreppe aufwärts stieg. Sie trat in ihr Arbeitszimmer. Die Rechnungsbücher lagen auf dem Tisch; aber sie machte sich nicht sofort an die Arbeit. Sie blickte sich im Zimmer um; über die lichten Möbel aus Rosenholz und die Schale mit Dahlien auf dem Kamin spielten die Strahlen der herbstlichen Sonne. Viel Sonnenschein war nicht mehr zu erwarten. Jeden Tag vermochten die Nebel vom Strom her zu wallen beginnen; sie hoffte, das Haus schon bestellt zu haben, wenn die dunklere Zeit einsetzte.
    Mrs. Larne preßte die Hände ineinander und lauschte den Stimmen der Dienstboten, die von unten heraufdrangen: »Mrs. Larne sagt, wir sollen … Die Mistreß will … Die Mistreß hat befohlen …«
    Laut sprach sie vor sich hin: »Zum letztenmal!« Die Hände zerrten an den Bändern der Haube, ohne daß sie es wußte. Unhörbar flüsterte sie: »Hilf mir, Herr, daß niemand merkt, wie schwer es mir fällt!«
    Seit dem Tode des Gatten hatte sie sich auf den Tag ihres Rücktrittes vorbereitet; denn selbstverständlich würde Denis eines Tages heiraten. Sie wünschte nicht, ihn für immer zu leiten, und hatte sich geschworen, keine jener Schwiegermütter zu werden, die sich ewig einmischen und nicht imstande sind, auf ihren Vorrang und die Schlüsselgewalt zu verzichten. Aber die Möglichkeit, Denis könnte das Gänschen aus Silberwald mit dem süßen Augenaufschlag heimführen, war niemals ernsthaft von ihr ins Auge gefaßt worden.
    Sie ließ die Gedanken durch all die Jahre rückwärts wandern. Sie sah sich selbst als junges Mädchen, lang und schmal wie einem alten Legendenbuch entstiegen, mit einem Antlitz, nicht gerade schön zu nennen, aber voller Stil und Anmut. Sie war als Frances Durham geboren, eine Tochter also aus der großen Familie von Schiffseigentümern, die ihr Vermögen schon in längst vergangenen Tagen begründet hatte, als es noch keine Vereinigten Staaten von Nordamerika gab; die Durhams hatten damals Kiel- und Flachboote für den Handel und Verkehr auf dem großen Mississippi gebaut. Sie entsann sich des Tages, an welchem sie Sebastian Larne geehelicht hatte, der Größe ihrer Aufgabe bewußt und voll heißer Gebete, sie möge ihm eine so pflichtbewußte Gattin werden, wie er's verdiente. Sie entsann sich des zielsicheren Geschicks, mit welchem sie – nicht ohne Grazie – ihre Stellung als

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