Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße
Oberst Sheramy ritt auf tänzelndem Pferd vorbei. Er zog seinen Hut und beugte sich im Sattel vor den Damen. Corrie May hörte Ann ausrufen: »Ach, Vater! Noch nie ist er mir so großartig und wundervoll vorgekommen!« Ann warf ihm eine Kußhand nach der anderen zu. Bald danach ritt Hauptmann Denis Larne heran. Auch er wurde mit Rosen überschüttet. Dann zogen weitere Offiziere vorüber, die Corrie May auf Ardeith schon gesehen zu haben sich deutlich entsann. Es war wirklich ein Krieg der großen Herren, der hier begann; Corrie May war stolz darauf, daß auch ihr Vater dabeisein durfte, wenn er auch zu Fuß in Reih und Glied marschieren mußte. Und Corrie May sang aus vollem Halse ›Dixie‹, bis ihr die Kehle weh tat, und ihr Papa marschierte vorbei und lachte sie munter an. Die Soldaten hatten alle Halfterstricke an ihre Gewehre gebunden, an denen sie die eingefangenen Yankees nach Hause führen wollten. Die Damen ließen immer noch Blumen vom Balkon herniederregnen; eine davon traf Corrie Mays Papa auf die Schulter, nicht anders als die großen Herren getroffen worden waren. Flaggen und Fahnen überall, schmetternde Militärmusik, vom Himmel lachte die Sonne; Corrie May prangte in ihrem besten Kleid – es war ein großartiger Krieg!
II
S eit sie denken konnte, hatte Corrie May noch nie so vergnüglich geschäftige Tage erlebt wie diese. Wenn sie auf Ardeith nicht gebraucht wurde, so saß sie mit ihren Freundinnen vom Rattletrap Square beisammen, strickte Socken und Fausthandschuhe oder nähte an festen Hemden für die tapferen Verteidiger der Heimat. Ein paar der Mädels waren der Meinung, es sei Mr. Denis Larne hoch anzurechnen, daß er wie jeder andere auch Soldat geworden war. Corrie May hielt nicht so viel davon und sprach es auch aus: »Es ist ja sein Land ebenso, wie es unseres ist. Wenn sie bis hierher herunterkommen und verbrennen alles, was sie kriegen können, dann hat er, weiß der Himmel, mehr zu verlieren als wir alle.«
Nun ja – die anderen Mädchen waren nicht ganz einverstanden; sie hielten den Krieg für doch so übel nicht; er machte die Menschen hübsch gleich; er drehte die Reichen geradeso durch seine Mühle wie die Armen. Dixie-Land, das Land, in dem man ›Dixie‹ sang, die schönen, warmen Südstaaten – sie waren ihrer aller Vaterland; und ein armer Mann konnte ein Gewehr genau schultern wie ein reicher; in Uniform sah einer aus wie der andere; und jeder schloß mit jedem Freundschaft.
Corrie May leugnete nicht, daß diese Auffassung viel für sich hatte. Die Uniform machte alle Männer gleich, und auch die vornehmen Damen strengten sich für die Armee aufs äußerste an. Sie hatten Strickvereine gegründet, trafen sich reihum in ihren Häusern, um für die Soldaten zu arbeiten, und schienen ihr Wirken nicht einmal sehr hoch einzuschätzen, ja, sie widmeten sich der ungewohnten Arbeit anscheinend sogar mit größtem Vergnügen. Als allerdings der Strickverein sich auf Ardeith traf, fragte sich Corrie May, ob die Damen nicht vielmehr erschienen waren, ein vergnügtes Fest zu feiern. Sie entstiegen ihren Kutschen mit hübschen Arbeitsbeuteln am Arm, lachten und schwatzten unermüdlich und beklagten sich immer wieder darüber, daß die Garnfäden abfärbten und ihnen die Finger beschmutzten; doch obgleich sie den Ruin ihrer schön gepflegten Hände ständig so vor Augen hatten, schien ihnen dieser sichtbare Beweis ihres Patriotismus eher Vergnügen als Ärger zu bereiten.
Am Nachmittag rasselte eine Kavalkade junger Offiziere im Handgalopp die Allee herauf, begleitet von anderen jungen Herren, die noch nicht beim Heere standen; Ann und ihr Bruder Jerry setzten sich abwechselnd an den Flügel und spielten zum Tanz auf, bis die Sonne sank. Oder die ganze Gesellschaft versammelte sich um das Instrument, und Jerry, der nach dem Gehör jede Melodie sicher wiedergeben konnte, begleitete die Damen und Herren zu ihren Rebellenliedern, daß die Scheiben klirrten.
Die jungen Damen vergossen gefühlvolle Tränen, und die jungen Herren küßten sie fort – und das dazu noch ziemlich öffentlich. Zu guter Letzt setzte man sich dann zum Abendessen nieder; zwei der jungen Soldaten tranken so viel, daß sich ihr Patriotismus außerordentlich geräuschvoll entfaltete; doch keiner schien es übelzunehmen. Als dann die Gäste endlich abgefahren waren, trat Napoleon zu Corrie May ins Zimmer und sagte ihr, daß Ann sie gern gesprochen hätte.
Corrie May öffnete die Tür zu dem großen
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