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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Corrie May gab sich Mühe zu verstehen, was die beiden miteinander redeten; es gelang ihr auch.
    »… ich bin froh, daß sie gleich hineingegangen ist; ich wollte dich nämlich fragen, ob ich für deine Mutter irgend etwas Besonderes zum Abendessen anrichten lassen kann.«
    Cynthia überlegte: »Sie ißt Lammbraten besonders gern; aber das hast du wohl schon bestellt.«
    »Ja! Mrs. Maitland hat es veranlaßt. Wie ist es mit Sahneneis? Wir könnten es noch zum Frieren bringen, wenn wir nach Hause gekommen sind.«
    Cynthia nickte begeistert: »Eis wäre herrlich!«
    »Sahneneis ist leider nicht mehr möglich!« fiel Jerry trocken ein.
    Cynthia blickte betroffen zu ihm auf: »Warum nicht?«
    »Das Eisschiff ist ausgeblieben.«
    »Kein Eis?« rief Ann. »Was soll denn das? Sind denn während des letzten Winters die Flüsse im Norden nicht gefroren gewesen?«
    »Im Norden, sagtest du – –!« erwiderte Jerry anzüglich.
    »Oh – aber sie müssen uns Eis senden! Wir können ohne Eis nicht leben!«
    »Solch ein gemeines Volk!« sagte Cynthia.
    Jerry grinste: »Zur Strafe schicken wir ihnen auch keine Baumwolle, was ihnen kaum sehr sympathisch sein wird.«
    »Die Kleider vom vorigen Jahr kann man weitertragen; aber das Sahneneis vom vorigen Jahr kann man heute nicht mehr essen«, entgegnete Cynthia böse. »Wir sollten uns mit dem Krieg beeilen; mir gefällt er gar nicht.«
    Ein schwarzer Diener trat aus dem Eingang und verbeugte sich: »Mrs. Larne, würden Sie wohl die Güte haben, einzutreten!«
    »Ja, sofort!« sagte Ann und wandte sich der Tür zu. Im gleichen Augenblick bemerkte sie Corrie May. »Sieh da, unsere Corrie May! Auch zur Parade unterwegs?« fragte sie herzlich.
    Corrie May wurde rot vor Stolz, wie rote Beete rot sind. In diesem Augenblick war sie bereit, Ann alles Vergangene zu vergeben. Sie knickste tief. »Guten Morgen, Mrs. Larne! Ja! Bei diesem schönen Wetter!«
    »Wirklich, ein wundervoller Tag!« lächelte Ann, nickte Corrie May zu, nahm ihren Rock auf und schritt zur Tür, von Jerry und Cynthia gefolgt. Corrie May gab sich Mühe, so alltäglich wie möglich auszuschauen, als wenn es ihr nicht viel bedeutete, von einer großen Dame angesprochen zu werden. Ethel rief aus:
    »Die spricht ja so zu dir, als ob sie deine Freundin wäre!«
    »Ach ja, ich mag sie ganz gut leiden«, erwiderte Corrie May. In dieser Minute wußte sie nichts davon, daß sie Ardeith haßte und jeden, der dort zu Hause war. Sie badete sich im Abglanz des Ruhms der großen Dame von der größten Plantage. Ethel bemerkte kichernd:
    »Stell dir vor! Wie die sich aufregen, weil das Eisschiff ausgeblieben ist!«
    Eines der anderen Mädchen sagte: »Menschenskinder, als ob sie sterben müßten, wenn sie kein Sahneneis essen könnten!«
    »Ich habe schon einmal Sahneneis gegessen«, bemerkte Corrie May wie nebenbei.
    »Ach, wirklich? Wie schmeckt denn das Zeug?«
    »Nicht so besonders. Ähnlich wie gefrorene Milch mit Zucker.«
    »Kann ich mir nicht viel drunter vorstellen. Wo hast du es bekommen?«
    »In Ardeith«, ergänzte Corrie May. »Mit dem Eis ist es sowieso nicht sehr weit her. Wenn man den Milchtopf in den Brunnen hängt, dann bleibt die Milch genauso kühl, als wenn sie auf Eis steht.«
    Über den Mädchen traten jetzt die Damen auf den Balkon hinaus. Die Dienerschaft brachte Stühle für sie ins Freie. Mehrere Herren, die noch nicht ins Heer eingetreten waren, boten den Damen Wein an. Alles schwatzte durcheinander; die Damen winkten mit kleinen Fähnchen in den Farben der Konföderierten vom Geländer des Balkons.
    Weit unten in der Straße spielte eine große Kapelle ›Dixie‹, die Nationalhymne der Südstaaten.
    Jetzt schienen sie zu kommen. Corrie May drängte mit ihren Freundinnen dicht an den Straßenrand. Alle anderen Gefährte hatten die breite Fahrbahn verlassen müssen. Die Kompanien zogen heran. Sie boten einen großartigen Anblick: die Offiziere hoch zu Roß; jedem Zug flatterten mächtige Fahnen voraus. Corrie May entsann sich nicht der Namen all der Staaten, die an der Seite Louisianas im Kriege standen; sie hatte sie in friedlicheren Zeiten nie vernommen. Nun war der große Kampf im Gange; ihr Papa marschierte genau wie ein Herr mit den anderen in Reih und Glied, prächtig angetan in blanker Uniform; daß ihm die Sterne am Kragen fehlten, was tut es schon! Die Trompeten schmetterten ›Dixie‹, und jeder sang begeistert mit.
    Die Damen und Herren ließen vom Balkon Rosen auf die Soldaten niederregnen.

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