Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße
eine Kuh anschaffen. Eine gute Scheune stand im Bau. Er stapfte gemächlich durch den hohen Mais und lachte stolz auf sie herab – als trüge er eine Krone auf dem Kopf und zeigte ihr ein Königreich. »Wie gefällt dir dies alles?«
Sie lächelte voll ehrlicher Bewunderung: »Einfach großartig, Budge.«
»Will ich meinen!« erwiderte er eifrig. »Du hättest den Platz sehen sollen, als ich hier ankam: nichts als Unkraut und Unrat!«
Corrie May schluckte verlegen. Sie blickte zur Seite. Mit einem Male nahm Budge sie in seinen Arm und küßte sie. Sie fuhr zurück:
»O Budge! Nicht doch!«
Aber er hielt sie fest; sein Gesicht war dem ihren ganz nahe. »Du denkst wohl, ich habe nicht an dich gedacht die ganze Zeit über, wie?« fragte er mit leiser Stimme.
Sie blickte zu ihm auf: »Ich glaube – ich glaube, ich hab' auch an dich gedacht. Ich wollte gar nicht an dich denken. Aber manchmal habe ich doch an dich gedacht, manchmal ziemlich oft.«
»Was glaubst du wohl«, wollte er wissen, »weshalb ich wie ein Verrückter gearbeitet habe? Du hast mir gesagt, ich müßte erst etwas aufzuweisen haben. Du hast mir gesagt, daß du lieber ein Nigger sein wolltest als armes, weißes Pack. Du hast gemeint, ich wär' Pack. Na ja, ich hab' wohl zum Pack gehört, weil ich da geboren bin. Aber ich brauche da nicht zu bleiben.«
Er atmete tief. Sie fühlte, wie sein Körper sich an den ihren preßte.
»Da fährst du nun jeden Tag nach Ardeith und arbeitest in dem Haus neben all den Negern«, flüsterte Budge. »Und läufst in den abgetragenen Kleidern herum, die du von den Larnes bekommst, und trägst nun Schuhe mitten im Sommer. Und deswegen denkst du, daß du nicht zum Pack gehörst, bloß deswegen?«
Sie entzog sich ihm und brach in Tränen aus. Sie kam sich vor wie ein Käfer, den ein grober Stiefel beschatten und zertreten will.
»Ich weiß es ja. Du brauchst es mir nicht erst zu sagen«, brachte sie schließlich heraus; sie wischte sich mit dem Ärmel die Augen: »Ich kann es dir sagen: ich hasse sie!«
Budge knurrte bitter: »Das dachte ich mir. Das mußte so kommen. Ich hatte sowieso vor, dich in den nächsten Tagen zu besuchen und dich zu fragen, ob du dir mein Grundstück nicht einmal ansehen wolltest.« Nach einer Weile platzte er heraus: »Sei doch ehrlich, Corrie May! Möchtest du nicht lieber hier bei mir bleiben, als da bei den Larnes herumzuknicksen und dankbar zu sein?«
Sie blickte abermals zu ihm auf: Tränen hingen noch an ihren Augenlidern. Sie flüsterte: »Ich weiß nicht, Budge.«
»Du hast mir doch gesagt, daß du sie hassen mußt!«
»Ja, ich hasse sie wirklich. Muß in ihrem Haus auf Spitzen gehen und vorsichtig, damit ich ihnen ja keinen Schmutz auf den Teppich bringe. Und alle Augenblicke muß ich mir auf die Zunge beißen, damit ich nicht sage, was ich von ihnen denke. Ja, Madame; vielen Dank, Madame; allerherzlichsten Dank, Madame – manchmal möchte ich ihnen mitten ins Gesicht schlagen!«
»Warum gehst du denn überhaupt noch hin?« fragte Budge eindringlich. Er fügte leiser hinzu: »Corrie May, am ersten Tage, als ich dich sah, da hab' ich dich schon liebgehabt. Was willst du noch bei den Leuten auf Ardeith? Bleibe hier bei mir!«
Corrie May preßte ihre Hände zusammen und drehte sie hin und her, ohne es zu wissen. »Im Winter haben sie es schön warm. Und überall ist es bei ihnen sauber und still, und sie reden höflich miteinander. Harte Arbeit brauche ich nicht zu verrichten; ich sitze bloß und nähe und stopfe; und immerzu blühen Blumen in ihrem Garten – «
Budge zog geistesabwesend einen Maisstengel durch seine Hand und versuchte, eines der kräuseligen Blätter zu glätten. Er fragte: »Und das gefällt dir so viel besser, als bei mir zu bleiben?«
»Ich weiß nicht«, erwiderte sie wiederum.
Von der Tür der Hütte her tönte Ethels Stimme: »Hallo, ihr beiden! Das Abendessen steht auf dem Tisch!«
Budge, groß und breit und schwer, sah mit einem nachsichtigen Lächeln auf Corrie May hernieder. Er sagte: »Du mußt schon selbst damit fertig werden; ich will dich nicht drängen; ich weiß schon, wie es mit dir steht.«
Sie folgte ihm zur Hintertür der Hütte. Budge ging ein wenig zur Seite, nahm ein hölzernes Schaff auf, das dort wartete, füllte es mit Wasser aus dem Brunnen und begann sich zu waschen. Corrie May sah ihm halb widerwillig zu. Er wusch sich die Hände nur bis zu den Handgelenken; oberhalb des sauberen Ringes blieb der staubige, schwärzliche
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