Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße
Baumstumpf fort, daß das Herz-As nicht viel größer mehr war als ein Fliegenfleck. Dann drückte er das Gewehr an die Backe, zielte nicht lange und schoß ein Loch mitten durch das As. Da sagten sie ihm, daß er mit Glanz und Gloria in die Armee aufgenommen wäre, und dann wurde er eingekleidet – « Budge war wieder ins Lachen geraten; es dauerte ein Weilchen, ehe er weitererzählen konnte:
»Corrie May, ob du es nun glaubst oder nicht: als er erst seine neue Uniform und die Soldatenstiefel anhatte, gab es diesseits vom Mississippi keinen weißen Mann, der stolzer als dieser Kerl gewesen wäre. Du hättest ihn nur herumstolzieren sehen müssen! Man konnte denken, der ganze Krieg sei weiter nichts als eine Modenschau für ihn, damit er seine neuen Kleider ausführen kann – so sagte mein Leutnant. Kummer machte ihm nur, daß sein Mädchen daheim ihn so aufgetakelt nicht bewundern durfte. Da tauchte wie gerufen eines Tages im Lager ein Mann auf mit einem Fotografenkasten und dem dreifüßigen Ständer und seinem großen schwarzen Tuch; für einen halben Dollar machte der von jedem ein Bild, der bezahlen konnte – zum Nachhauseschicken! Der Kerl aus dem Hinterwald hatte natürlich noch nie etwas von einem Fotografen vernommen. Zuerst wollte er mit dem ganzen Apparat nichts zu schaffen haben; das Ding könnte explodieren oder sonst was, meinte er. Aber wir redeten ihm gut zu; der Kasten würde ihn nicht beißen. Zu guter Letzt faßte er sich schließlich ein Herz und setzte sich in Positur, ein Bild von sich machen zu lassen, stolz wie ein Schneekönig, aber immer noch ein bißchen ängstlich: das Gewehr behielt er schußbereit auf seinen Knien; falls der Fotograf ihm schließlich doch ans Leder wollte – –! Und der Kasten etwa doch in die Luft fliegen sollte –!«
Auch Corrie May hatte zu lachen begonnen. Budge meinte schon, es sei ihm tatsächlich gelungen, sie aufzuheitern, als das Gelächter ihr plötzlich in der Kehle erstickte; sie schluchzte mit einem Male in kleinen, zerdrückten Stößen. Budge war aufgesprungen und beugte sich über sie:
»Corrie May, Zuckerkind, tut dir was weh? Bist du mir böse? Hab' ich was Falsches gesagt?«
Sie schüttelte den Kopf.
Budge umarmte und küßte sie. »Was bekümmert dich denn, liebes Kind? Kannst es mir doch sagen! Alles auf der Welt will ich für dich tun, Corrie May!«
Sie blickte auf; Tränen hingen noch an ihren Wimpern. »Budge, auch du kannst nichts tun. Kein Mensch kann etwas dagegen tun. Da holen sie sich den armen Burschen aus dem Busch, und er hat noch nicht einmal etwas von den Yankees gehört, kein Sterbenswörtchen. Und den schicken sie dann ins Feld – zum Totschießen! Und dich holen sie von deinem Acker weg – «
»Ja, so ist das nun mal!« knurrte Budge unsicher. »Aber dafür ist es eben Krieg. So hast du's mir ja erklärt, als du damals bei mir zu Hause warst.«
Corrie May beugte sich vor; sie blickte ihn mit durchbohrenden Augen an; fast fürchtete er sich. »Budge, setz dich her zu mir! Ich habe mit dir zu reden.«
»Ja, Liebes!« Er zog seinen Stuhl dicht neben sie.
»Seit der Nacht, in der sie mich so zerschlagen haben, wollte ich dringend mit dir sprechen«, flüsterte sie. »Damals hab' ich zu allen Leuten auf einmal reden wollen. Das war falsch. Ich kann wohl nicht besonders reden, sonst hätten sie mich verstehen müssen.« Sie weinte nicht mehr; sie sprach mit großer Bestimmtheit, als hätte sie schon seit Tagen auf diesen Augenblick gewartet. Sie fuhr eindringlich fort: »Budge, hast du nicht gesagt, daß du alles auf der Welt für mich tun willst?«
»Das will ich, und du kannst es mir glauben. Du weißt ja, wie sehr ich dich liebhabe!«
Corrie May deckte seine Hand leise mit der ihren und flüsterte: »Zieh diese Uniform aus, Budge, zieh sie wieder aus und laß uns irgendwo anders hin fliehen, wo man noch nichts von diesem Krieg gehört hat!«
Budge zuckte zusammen. Er starrte sie ungläubig an, als hätte er nicht recht verstanden. »Du meinst – – desertieren?«
»Genau das meine ich, Budge!«
Er ließ das Kinn hängen. »Liebes Mädchen, du weißt nicht, wovon du redest!«
»Doch, ich weiß es. In jeder Minute, seit ich hier krank liege, habe ich darüber nachgedacht. Leute wie du und ich haben in diesem Lande nichts zu erhoffen. Ich will fort von hier. Ich geh' über den Fluß! Nach Westen, Budge! In den fernen Westen! Da gibt's keine reichen Leute, die die anderen behandeln, als wären es Kakerlaken. Ich
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