Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
Kopf und sagte schließlich leise, allen Widerständen ihres Verstandes zum Trotz:
»Kester – soll ich meine Verlobung lösen? Würdest du, wenn ich es täte, mich noch einmal fragen, ob ich dich heiraten wolle?«
Er schenkte ihr einen ruhigen Blick: »Ehrlich gesagt, Isabel, ich weiß es nicht. Ich glaube, du läßt es besser nicht darauf ankommen.«
Sie lachte ihm spöttisch ins Gesicht. »Mach dir keine Sorge«, sagte sie, »ich hätte es ohnehin nicht getan.«
Als sie in Hörweite der anderen waren, sagte Kester mit seiner üblichen Stimme: »Ich danke dir für den wunderbaren Walzer, Miß Isabel. Darf ich gleichzeitig die Gelegenheit wahrnehmen, dir Glück zu wünschen?«
»Ich danke dir«, sagte Isabel.
Und dies waren die letzten Worte, die sie miteinander tauschten, bis zu jenem Abend nach langen Jahren, da Kester Larne Isabel Valcour wiedersah, die der ausbrechende Weltkrieg aus Europa vertrieben hatte.
Achtes Kapitel
I
E leanor hatte eine wenig gute Meinung von Isabel, und sie machte Kester gegenüber daraus auch kein Hehl. »Du hast sie also einmal gefragt, ob sie dich heiraten wolle«, sagte sie. »Nun gut. Jetzt, nachdem du versprochen hast, sie nicht mehr allein zu sehen, will ich das alles vergessen und das Thema nicht mehr erwähnen.«
»Gut«, sagte Kester, »ich danke dir. Wir brauchen nicht mehr darüber zu sprechen.«
»Nein«, versetzte Eleanor, »wir brauchen es nicht.«
Tatsächlich drängte Eleanor Isabel Valcour in den äußersten Winkel ihres Gedächtnisses zurück. Aber obgleich sie das tat und obgleich sie sich immer wieder sagte, daß sie keinen Grund zur Unruhe habe, fand sie doch keinen Frieden. Zumal es auch ohne Isabel Sorgen genug gab. Denn da war die Baumwolle. Die Börsen wurden am 16. November wieder geöffnet. Der Preis stand auf fünf Cent für das Pfund.
Dieser Preis deckte nicht einmal die Erzeugungskosten, geschweige, daß Kester und Eleanor eine Möglichkeit gesehen hätten, die neue Aussaat zu finanzieren. Also hielten sie die Baumwolle zurück. Die Tageszeitungen gaben sich redliche Mühe, den Pflanzern Mut zu machen. Sie schrieben, daß Europa ohne Baumwolle gar nicht auskommen könne, es benötigte sie für Zeltplanen und Uniformen. Ferner würden die steigenden Lebenshaltungskosten in den Vereinigten Staaten die Leute zwingen, in stärkerem Maße Baumwollsachen zu kaufen, an Stelle von Wolle und Seide. In jedem Falle werde die Baumwolle wieder ihre Käufer finden. Gleichwohl warnten sie davor, im kommenden Frühjahr zuviel Baumwolle anzupflanzen. Der Landwirtschaftsminister in Washington forderte Bankiers und Kaufleute öffentlich auf, nur solchen Pflanzern Kredite zu geben, die sich vorher verpflichteten, ihre Plantagenbetriebe weitgehend von Baumwolle auf andere Erzeugnisse umzustellen.
Kester und Eleanor verbrachten den Winter damit, die Voraussetzungen einer solchen Betriebsumstellung zu prüfen. Vor dem Bürgerkrieg waren große Flächen der Ardeith-Plantage mit Zuckerrohr bestellt worden, weitere Flächen mit Orangen. Gegenwärtig wuchs Zuckerrohr hauptsächlich westlich des Stromes, und in den Bereichen näher dem Golf wurden Orangen gezüchtet; sie hatten dort den besseren Boden. »Wie ist es mit Reis?« fragte Eleanor. Kester zuckte die Achseln: Das würde erhebliche Umstellungen bedingen. Es müßten Anlagen geschaffen werden, um das Wasser über den Deich zu bringen, da das Land dann ständig berieselt werden müßte. Außerdem müsse man Arbeiter haben, die etwas vom Reisbau verstünden. »Hier herum weiß niemand etwas vom Reis«, sagte er. »Reis wächst in Südwestlouisiana. Wir könnten es mit Mais versuchen, aber wir hatten gute Maisernten im vergangenen Jahr, und die Hälfte aller Baumwollpflanzer plant ohnehin schon, sich auf Maisbau umzustellen.«
Eines Tages im Januar erschien Sylvia und wollte, daß man einen Betrag für den belgischen Hilfsfonds zeichnen solle. Sie sei froh, in diesem Winter ihr eigenes Kind eben noch ernähren zu können, versetzte Eleanor kühl; die Belgier sollten für sich selber sorgen. »Wenn du schon nichts für die armen Belgier tun willst«, sagte Sylvia, »dann tue wenigstens folgendes: Wenn du Gelatine zu Nachspeisen verwendest, dann verwende Hoopers Gelatine. Schau, sie ist in solchen Kartons verpackt, mit einem gelben Etikett an der Seite.« Sie zeigte ihr eine Musterpackung. »Das Etikett mußt du jeweils abschneiden und an die Hausfrauenliga einsenden«, erklärte sie weiter. »Die Firma löst die
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