Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
wachsen keine Gardenien auf den Wiesen und in den Straßengräben.«
Mr. Valcour gab einem der Negerjungen ein Fünfdollarstück mit dem Befehl, augenblicklich für die Entfernung der Gardenien zu sorgen. Er befahl weiter, den Hausflur mit scharfer Seifenlauge auszuschrubben, um den Geruch herauszubringen, und zog sich, noch immer schimpfend und grollend, in sein Zimmer zurück. Kester ging mit Isabel in das Wohnzimmer zurück; der Duft der Gardenien folgte ihnen, er hing in den Wänden und haftete daran wie Mottenpulver. »Nun sage mir, um alles in der Welt, wer ist Hermann Schimmelpfeng?« lachte Kester.
»Ein Deutscher«, sagte Isabel. Sie sah sein lachendes Gesicht und wußte nicht, wohin sie vor Verlegenheit blicken sollte. »Oh, Kester, du bist schrecklich!« seufzte sie.
Kester, in einen Sessel zurückgelehnt, sprach mit dem abwesenden Blumenspender. »Oh, Herr Schimmelpfeng«, redete er ihn an, »noch nach vielen Tagen wird der Duft Ihres Willkommengrußes in den Vorhängen des Hauses Valcour hängen! Sie haben sich mit unauslöschlichen Buchstaben in die Gedenktafeln dieses Hauses eingegraben; – Isabel«, wandte er sich gleich darauf dem Mädchen zu, »oh, geliebte Isabel, reicht es dir nicht aus, jedem Amerikaner, der dir unter die Augen kommt, das Herz zu versengen, mußt du jetzt auch noch mit Deutschen anfangen? Sage mir also: Wer ist der Mann?«
»Er ist ein sehr netter Herr«, versetzte Isabel, die ihrem Ärger irgendwie Luft machen mußte, »und er verfügt über Millionen Dollars.«
Sie kam sich wie eine Närrin vor und hätte sich am liebsten selber geohrfeigt. Kester gab keinerlei Zeichen von Eifersucht zu erkennen. Er fand bei sich nur, Herr Schimmelpfeng sei lächerlich. Und ganz gegen ihren Willen empfand Isabel innerlich ähnlich. »Wie ist es«, sagte Kester schließlich nach einer Weile, »wollen wir morgen nachmittag Tennis spielen?« Isabel machte sich an sich nicht viel aus sportlichen Übungen dieser Art, sagte aber zu, froh, die Unterhaltung von Herrn Schimmelpfeng und seinen Gardenien auf andere Gegenstände lenken zu können.
Während der weiteren Sommermonate empfand Isabel den tiefen Kontrast zwischen Kester Larne und Hermann Schimmelpfeng von Tag zu Tag eindringlicher. Kester war immer heiter, charmant und bezaubernd, er war schlechthin unwiderstehlich. Und immer tiefer und zwingender fühlte Isabel, daß sie nicht nur verliebt war, daß sie jenseits jeglicher Überlegung liebte. Immer wenn diese Erkenntnis sie überkam, schalt sie sich heimlich eine Gans und schwor sich, dem gefährlichen Spiel ein Ende zu machen, aber niemals brachte sie die Kraft auf, nein zu sagen, wenn Kester sie um eine Zusammenkunft bat.
Sie war entsetzt. Ihr Leben drohte in Stücke zu brechen; sie hatte sich nicht mehr in der Hand. Der September war in diesem Jahr schwül. Der Arzt empfahl Mr. Valcour, bis zum Eintritt kühleren Wetters nach Virginia Springs zu fahren. Isabel, deren töchterliche Liebe sich niemals besonders hervorgetan hatte, wurde plötzlich eine vorbildliche, zärtlich besorgte Tochter. Konnte sie ihren Vater allein in einen Kurort fahren lassen? Gewiß nicht. Nein, sie würde ihn selbstverständlich begleiten. Sie würde ihm vorlesen, ihm Getränke bringen und für seine Bequemlichkeit sorgen. Mr. Valcour war im Grunde seines Herzens eine lustige Seele, und er war durchaus imstande, allein auf sich aufzupassen. Es habe keinen Sinn, gab er zu verstehen, er brauche sie nicht, ja er fürchte, daß sie mit ihrem Temperament seine Ferienruhe gefährden werde; es half alles nichts. Isabel stellte sich seinen Vorstellungen gegenüber taub; sie begleitete ihn. Mr. Valcour wäre nie auf die Idee gekommen, Isabel könnte sich freiwillig in einen abgelegenen Kurort begeben, wo sie so gut wie keine Möglichkeit zu einer ihrem Wesen entsprechenden Geselligkeit erwarten konnte. Er war verwirrt und etwas verärgert über das ihm gänzlich ungewohnte Ausmaß töchterlicher Besorgnis. Aber Isabel war nicht zu erschüttern. Sie ließ sich mit dem Vater in dem Hotel nieder und dankte dem Himmel, daß fünf Staaten zwischen ihr und Kester Larne lagen.
Sie vergaß, daß Eisenbahnzüge öffentliche Beförderungsmittel sind. Sie weilte noch keine acht Tage mit dem Vater in dem Kurort, als Kester Larne erschien. Er glaube, eine Brunnenkur werde ihm auch guttun, bemerkte er. Mr. Valcour freute sich offensichtlich. Er fände es reizend, daß Isabel nunmehr ihr angemessene Gesellschaft habe, sagte er
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