Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
auf!«
Sie wandte sich brüsk der Schreibmaschine zu und begann die fünfte Fassung des Briefes. Diesmal flossen ihr die glatten Sätze ohne Schwierigkeit aus den Tasten; weder Niedergeschlagenheit noch Todessehnsucht sprachen daraus: »… Sie erhalten damit die Vollmacht, die Baumwolle zu verkaufen, die durch die beiliegenden Lagerquittungen ausgewiesen wird …«
»Hier«, sagte sie, den Bogen aus der Maschine nehmend.
Er kam heran, beugte sich über den Schreibtisch, las den Brief und setzte seinen Namen darunter. »Ich werde ihn mit zur Stadt nehmen und dort postfertig machen«, sagte er. »Wir wollen keine Zeit mehr versäumen; der Preis kann jeden Augenblick wieder fallen.«
Bessy erschien, um zu Tisch zu bitten. Sie gingen ins Eßzimmer und stocherten in den Speisen herum, die vor ihnen standen. Wir leben schon wie die Pächter, dachte Eleanor, aber sie sprach es nicht aus. Während des Essens fiel kaum ein Wort, nur Kester machte einmal die Bemerkung, daß der Pfirsichgarten zu blühen beginne und einen prächtigen Anblick biete.
Gleich nach der Mahlzeit ließ Kester sein Pferd satteln und ritt zur Stadt, um den Brief fortzuschaffen. Eleanor machte sich im Hause zu schaffen. Ihr war zumute, als müsse sie sich jetzt schon von all den Dingen verabschieden, die ihr liebgeworden waren. Sie hielt es schließlich nicht mehr aus, setzte sich in das reparaturbedürftige Auto und fuhr etwas hinaus, um sich Ablenkung zu verschaffen. Sie zögerte zunächst einen Augenblick, ob sie das Recht habe, Benzin zu verschwenden, sagte sich aber schließlich, daß selbst das Sparen mittlerweile sinnlos geworden sei. Sie fuhr die Uferstraße entlang und grübelte darüber nach, was sie wohl aus den Trümmern zu retten vermochte, wenn sie wirklich Ardeith verlassen müßten.
Die Felder waren voller Düfte und Farben, der Pfirsichgarten glühte in bunter Pracht. Ich habe früher nie gewußt, wie schön das alles ist, dachte sie; jetzt, da ich im Begriff bin, es zu verlieren, fühle ich es. Plötzlich setzte sie den Fuß so hart auf die Bremse, daß der Wagen ruckte und stieß. Im Pfirsichgarten saßen Kester und Isabel im Grase unter einem Baum. Sie waren so in ihre Unterhaltung vertieft, daß sie gar nicht bemerkten, wie Eleanor vorüberfuhr.
Eleanor gab Gas, und der Wagen sprang vorwärts. Als sie um die Kurve fuhr, sah sie Kesters Pferd an einem Baum angebunden und nahe dabei den eleganten kleinen Sportzweisitzer, den Isabel fuhr, seit sie wieder hier war. Denn obgleich ihr Einkommen gering sein mochte, gemessen an dem, was sie bisher besaß, reichte es doch hin, sie mit allem Nötigen zu versorgen.
Eleanor wendete und fuhr abermals an dem Obstgarten vorbei. Sie saßen noch immer da. Isabel hielt ihren Hut im Schoß; die Sonne spielte mit ihrem leuchtenden Haar. Sie hatte die Beine über Kreuz gelegt und sah zu Kester mit Blicken auf, als bedeute jedes Wort von ihm eine Offenbarung für sie. Man sah ihrer Haltung, jeder ihrer Bewegungen und ihrem ganzen Benehmen an, daß sie gewohnt war, mit Männern umzugehen und Männern zu gefallen. Eben als Eleanor im Wagen draußen vorbeifuhr, sagte Kester etwas, was Isabel Veranlassung gab, den Kopf zurückzuwerfen und zu lachen.
Eleanor wurde von Wut und Ingrimm geschüttelt. Im ersten Impuls wäre sie am liebsten dazwischengetreten; sie unterdrückte die Regung, weil sie Isabel nicht den Triumph gönnte, sich ihr gegenüber als Siegerin fühlen zu können. Sie verließ das Auto auf der Parkallee, ging ins Haus und begann im Wohnzimmer auf und ab zu gehen. Dilcy kam mit Cornelia herein, während sie noch immer Schritt für Schritt das Zimmer durchmaß.
»Bring sie hinaus«, sagte Eleanor kurz.
»Vader?« fragte Cornelia. Ihre Augen suchten das Zimmer ab. »Vader?«
»Mrs. Elna«, sagte Dilcy vorwurfsvoll, »es ist zu kalt draußen für kleine Miß.«
»Ich habe dir gesagt, du sollst sie hinausbringen.«
»Ja, Mrs.« Dilcy zog sich grollend zurück.
Und wieder ging Eleanor auf und ab. »Er hat es versprochen«, flüsterte sie vor sich hin, »er hat es mir versprochen. Aber diesmal werde ich es nicht schweigend einstecken.«
Sie hatte den Namen Isabel ihm gegenüber nie wieder erwähnt, seit er ihr im November versprochen hatte, sich nicht mehr allein mit ihr zu treffen. Jetzt war man in der ersten Märzwoche. Kester hatte das Versprechen aus eigenem Antrieb gegeben, und sie hatte nie gedacht, daß sie daran zweifeln müßte. Sie erinnerte sich, wie bereitwillig er es
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