Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
Familie. Mammy und Dilcy waren wieder wohlauf; die Grippe hatte sich ausgetobt, der Schrecken war vorüber.
An einem hellen Morgen brachte die Krankenschwester Eleanor in einem Rollstuhl zum Fenster und ließ sie hier sitzen und in die fahle Wintersonne hinaussehen.
»Mr. Larne hat mehrmals geschrieben«, sagte die Schwester, »Mr. Upjohn hat die Briefe.«
»Bitte«, sagte Eleanor, »ich möchte sie haben.«
Die Schwester lächelte und ging, Fred zu suchen. Er saß unten und trank seinen Morgenkaffee. Er kam gleich darauf in Begleitung von Bob Purcell herauf. Eleanor reichte Bob die Hand.
»Sage nicht: Ich habe dich gewarnt«, lächelte sie.
Bob lächelte zurück: »Ich werde nichts sagen. Du bist genug bestraft.«
»Du wirst nun wieder gesund werden«, sagte Fred und setzte sich nahe neben sie.
»Du hast Briefe von Kester?« fragte Eleanor.
»Ja, ich habe sie.« Fred griff in die Brusttasche und holte das Päckchen heraus.
»Du bist hoffentlich nicht böse, daß ich sie öffnete, las und beantwortete«, sagte er. »Ich tat es nicht gern, aber ich dachte, ich müsse es tun, da du es nicht konntest.«
Sie streckte die Hand aus, um die Briefe in Empfang zu nehmen: »Was schreibt er denn?«
Fred zuckte die Achseln: »Alles mögliche. Du wirst es ja lesen, und wahrscheinlich bist du mittlerweile sentimental genug, um Spaß daran zu haben. Er wird ja auch bald wieder hier sein.«
Eleanor richtete sich ruckhaft auf, so gewaltsam, daß Bob sie mit den Schultern zurückdrückte. »Was sagst du da?« rief sie, »Kester kommt? Ist er verwundet?«
»Nein. Entlassen«, sagte Bob. »Ja, Eleanor, hat dir denn noch niemand gesagt, daß der Krieg zu Ende ist?«
»Der Krieg – zu Ende? O mein Gott!« Eleanor barg ihr Gesicht in den Händen und lehnte den Kopf gegen das Kissen um ihre Tränen zu verbergen. Sie war nicht stark genug, sie zurückzuhalten. Als sie die Hände von den Augen nahm, sahen Fred und Bob einander schuldbewußt an und schüttelten die Köpfe.
»Daß es einen Menschen gibt, an dem der Lärm des Waffenstillstandstages spurlos vorübergegangen ist!« sagte Fred. Er stand auf und beugte sich über Eleanors Stuhl. »Weine ruhig, Honigkind«, sagte er, »schäme dich nicht. Alle anderen sind ihre Tränen schon vor einer Woche losgeworden.«
Sie faßte sich und drängte die Tränen zurück. »Papa«, sagte sie, »die Plantage ist schuldenfrei. Die Baumwolle wird jetzt wieder fallen, nicht wahr? Aber das macht nun nichts mehr. Ich habe es geschafft.«
»Ja, Baby«, sagte Fred Upjohn, »das hast du!«
Elftes Kapitel
I
D en Rest des Winters verbrachte Eleanor damit, auf Kester zu warten. In den ersten Tagen des neuen Jahres fühlte sie sich wieder frisch und gesund. Um in ihrer Ungeduld einen Ausweg zu finden, begann sie Ardeith für Kesters Rückkehr zu schmücken. Das Haus wurde von Grund auf renoviert, so daß nur noch Baustil und Möbel erkennen ließen, daß es nahezu hundert Jahre alt war. Die alten Eichen hatte Eleanor beschneiden lassen, und die Gärten waren in eine Parklandschaft verwandelt worden. Aus New Orleans hatte sie Elektriker kommen lassen, die Kesters Schlafzimmer mit einem Telefon ausstatteten, das ihn mit den Dienerschaftsapparaten im Parterre verband; einen elektrischen Heizofen hatte sie einbauen lassen und einen Fächer, der automatisch in Bewegung gesetzt werden konnte, um den Raum bei großer Hitze mit frischer Luft zu versorgen. Kesters Badezimmer hatte sie um das Doppelte vergrößern lassen, Wände und Fußboden waren mit blauen Kacheln in zwei verschiedenen Tönen belegt worden; modernste Vorrichtungen und Apparaturen sorgten für weitestgehende Bequemlichkeit; die blaue Badewanne war riesengroß und edel geformt, die verdeckte Brause das Neueste auf diesem Gebiet; der Rasierspiegel wurde indirekt beleuchtet; in die Innentür war ein großer durchgehender Spiegel eingearbeitet; ein Gewirr funkelnder Hähne sorgte für Zerstäubung, Heizung und Dampf; Bürsten, Matten und farbige Frottiertücher trugen Kesters Monogramm. Eleanor erinnerte sich, daß er Zahlen haßte, und ließ deshalb in seinem Arbeitszimmer eine Addiermaschine anbringen. Sie kaufte ihm ein Automobil neuester und modernster Konstruktion, ein langes, schnittiges und metallschimmerndes Gefährt, mit den modernsten Errungenschaften der Technik ausgestattet, und ließ zur Unterbringung dieses Wagens und ihres eigenen eleganten kleinen Zweisitzers eine neue Garage bauen.
Sie sah sich um, überblickte alles,
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