Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
was sie durch ihre Zähigkeit und Hingabe geschaffen hatte, und zitterte vor heimlichem Stolz. Jedes Ding in Ardeith, vom Kinderzimmer des Herrenhauses bis zu den äußersten Grenzen der Plantage, hatte ein neues Gesicht bekommen, alles glänzte vor Sauberkeit, Ordnung und Modernität. Im Hause gab es fast nichts zu tun, was nicht durch einen Knopfdruck oder eine Schalterdrehung bewältigt werden konnte. Draußen auf der Plantage wurden, abgesehen vom Baumwollpflücken, menschliche Hände nur noch für die Bedienung der Maschinen benötigt.
Sie konnte es kaum erwarten, Kester beim Anblick all der Pracht in Freude und Bewunderung ausbrechen zu sehen, und sie versuchte sich vorzustellen, was er zu den Veränderungen sagen würde. Sicherlich würde er zunächst einmal sprachlos sein. Dann würde er sich ihr zuwenden und sagen: »Eleanor, ich hätte mir nie träumen lassen, daß Ardeith so schön sein könnte! Und das alles tatest du für mich!« Ach, seine Freude würde sie für alle Mühe, für jede Anstrengung und für jede Qual reichlich entschädigen. Sie würde ihm nicht im einzelnen sagen, wie das alles gewesen war. Sie würde die endlose, ermüdende Arbeit auf den Feldern nicht erwähnen, würde nicht von den Schrecken sprechen, die die Spanische Grippe ihr verursacht hatte, und auch, daß sie selber nahe daran gewesen sei, vor Erschöpfung und Elend zu sterben. Sie würden Ardeith wiederhaben, eine Musterplantage von außerordentlichem Leistungsvermögen, und sie würden hier gemeinsam für den Rest ihres Lebens zusammensein.
Der Frühling blühte in voller Pracht, als Kester kam. In den Gärten glühten die Kamelien und Rosen, die Magnolienblüten prangten an den Bäumen, und die weiten Baumwollfelder waren grün von der Straße bis zum Strom. Eleanor traf Kester in New Orleans. Sie stand eingeklemmt zwischen zahllosen Menschen und sah doch nicht einen von ihnen; sie sah Hunderte von Soldaten, die einander zum Verwechseln zu gleichen schienen, und suchte doch nur nach einem.
Und dann sah sie Kester. Sie bekam ihn eher zu Gesicht als er sie. Kester hatte das alte jungenhafte Siegerlächeln im Gesicht, er schob, stieß und zwängte sich durch die Menschengruppen, und seine Augen suchten genau wie die ihren. Und dann sah er sie, und seine Augen strahlten auf. Bevor sie selbst sich durch das Gedränge zu winden vermochte, war er schon bei ihr. Er hatte sich rücksichtslos Bahn gebrochen und hielt sie nun in seinen Armen. Im Augenblick waren sie so ineinander versunken, als ob sie tausend Meilen von jeder menschlichen Gesellschaft entfernt wären. Eleanor wußte nichts, dachte nichts, sie fühlte nur, daß seine Arme sie umschlungen hielten, daß seine Küsse auf ihren Lippen und auf ihren Augen brannten und daß sie namenlos selig war. Sie vermochte sich später nie zu erinnern, was sie in diesen ersten Minuten des Wiedersehens gesprochen hatten, sie wußte nur, daß Kester zu Hause war, und sie schwor sich, daß sie sich nie mehr trennen wollten.
Nach einer Weile – sie wußte nicht, wie lange sie so gestanden hatten – nahm sie wahr, daß Militärkapellen spielten, daß die Leute Hurra riefen und daß Kommandorufe über den Platz schwirrten. Von irgendwoher drangen frische junge Stimmen herüber, die sangen:
»And it's ob, boy,
It took the doughboy {1} To hang the wash on the Hindenburg Line!«
Kester und Eleanor standen und schauten einander an; sie begannen zu lachen. Er müsse zur Parade und sich vom Volk bejubeln lassen, grinste er; nein, er könne ihr nicht helfen; jedermann scheine in diesen Tagen Frieden zu haben, ausgenommen die Soldaten, die den Krieg gewonnen hätten. Eleanor, ob sie wollte oder nicht, mußte vor erst noch auf ihn verzichten, sie mußte ihn der Armee, seinen Eltern, seinem Bruder und seiner Schwester überlassen; und es sah aus, als hätte er Tausende von Freunden. Wahrhaftig, es war, als hätte die halbe Bevölkerung von New Orleans ebenso eifrig auf Kesters Heimkehr gewartet wie sie. Sie hatte sich immer über seine große Beliebtheit gefreut, aber in diesem Augenblick hätte sie gewünscht, niemand außer ihr kenne ihn in der Stadt.
Schließlich war es dann doch so weit, daß sie nach Ardeith fahren konnten. Cameo war mit dem großen eleganten Auto am Bahnhof. Als Kester ihn erblickte, sprang er auf ihn zu und schüttelte ihm die Hände. Cameo strahlte ihn von oben bis unten an und sagte: »Cameo hat immer gewußt, daß Master den Krieg gewinnt!«
»Wie geht es Dilcy und
Weitere Kostenlose Bücher