Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
Mammy?« fragte Kester.
»Geht sehr gut«, sagte Cameo, »freut sich, daß Master gleich sehen.«
Kester warf einen Blick in das Innere des Wagens: »Warum habt ihr die Kinder nicht mitgebracht?«
»Kinder warten auf Galerie, Master. Kleine Miß Cornelia springt über Brüstung wie junges Pferd.«
Kester lächelte Eleanor an. »Wie ist es?« sagte er, »Philip wird mich gar nicht kennen.«
Eleanor lachte: »Er hat sich ein Bild von dir gemacht: mindestens acht Fuß hoch und mit dem Schwert rasselnd. Wie gefällt dir das Auto?«
Erst jetzt sah Kester, was da für ein Wagen auf ihn wartete; ein Ausdruck der Verblüffung erschien in seinem Gesicht. »Heiliger springender Josua!« keuchte er und ging um das Fahrzeug herum. Dann kletterte er auf den Führersitz, drehte die verstellbaren Spiegel, knipste die Nebelscheinwerfer an und stieg wieder aus, um ihre Strahlweite zu prüfen, drehte die Lampen wieder aus und schüttelte den Kopf. Er starrte Eleanor an: »Wieviel Kilometer macht er in der Stunde?«
»Ich weiß nicht genau«, sagte Eleanor, »so siebzig, achtzig, denke ich.«
»Fährst du gern damit?«
»Ich fahre überhaupt nicht damit. Es ist ja deins.«
»Meins?«
Sie strahlte ihn an: »Ja, gewiß, deins. Ich habe einen kleinen Zweisitzer.«
»Ach«, sagte er; es klang ein wenig leer. Er ging ein paarmal um den Wagen herum und besah sich die schimmernde Pracht. »Ich dachte, ich hätte einen Zweisitzer bekommen«, murmelte er, »einen kleinen, schnittigen Wagen. Ich hätte mir nie im Leben träumen lassen, daß ich einmal so ein Ausstellungsstück fahren würde.«
»Du wirst eine ganze Menge Dinge vorfinden, von denen du dir sicherlich nie etwas träumen ließest«; Eleanor beschäftigte sich ein wenig verlegen mit ihren Händen, »möchtest du den Wagen nicht selbst nach Hause fahren? Cameo kann ja mit dem Gepäck hinten sitzen.«
Er schüttelte den Kopf: »Nein, laß ihn fahren. Ich würde mich lieber mit dir unterhalten.« Sie nahmen hinten im Wagen Platz, und Cameo setzte sich ans Steuer. Kester spielte mit der Innenbeleuchtung und dem Sprachrohr, er drehte die Glasscheiben hoch und wieder herunter; ein halb amüsiertes, halb spöttisches Lächeln stand auf seinem Gesicht.
»Schön, nicht wahr?« sagte Eleanor.
»Doch, ja, sehr nett«, sagte Kester. Während sie durch Dalroy fuhren, sah er angeregt aus dem Fenster. »Sieh an«, sagte er, »Colstons Warenhaus hat einen neuen Anstrich bekommen und der Drugstore auch. Und die vielen Blumenbeete im Park; die waren doch früher auch nicht da. Festlich, festlich, wie das hier aussieht!«
Eleanor zuckte die Achseln: »Die Baumwolle, mein Lieber! Achtunddreißig Cents für das Pfund!«
»Acht-und-dreißig Cents?« Er starrte sie an; »das ist doch wohl nicht möglich!«
»Habe ich dir das nicht geschrieben? Mag sein, daß ich es nicht mehr tat. Das war zu der Zeit, als ich krank wurde.«
»Bist du jetzt auch wieder völlig wohlauf?« fragte er besorgt.
»O ja, du kannst ganz ruhig sein. Ich habe mich nie im Leben wohler gefühlt.«
»Herrgott, es ist schön, wieder zu Hause zu sein!« Kester sah hinaus. Seine Augen suchten wie ausgehungert nach vertrauten Plätzen und Gegenständen. Das Auto bog in die Uferstraße ein; es fuhr fast geräuschlos. »Eleanor, ich kann dir nicht sagen, wie ich von Dalroy geträumt, wie ich mich danach gesehnt habe!« stöhnte Kester. »Die schattigen Straßen und die Palmen mit den rosa Blüten; die Maulesel und die Schwarzen am Sonnabendnachmittag; der Drugstore mit seinen Waren und den Sodahähnen; die Neger beim Hacken der Baumwolle; Wassermelonen und Maisbrot und Krebsgumbo, ach und Ardeith hinter den Granatapfelbäumen!« Er nahm ihre Hände, hielt sie fest und umklammerte sie. »Wie ich das alles vermißt habe!« sagte er leise.
Eleanor sah nichts außer ihm. Ihre Augen hingen an seinem Gesicht, folgten atemlos seinem Mienenspiel. Bald, bald würde er Ardeith in seiner neuen Pracht erblicken. Was würde er sagen?
»Was für prachtvolle Baumwolle!« rief Kester aus. »Ich habe sie nie so hoch gesehen in dieser Jahreszeit.« Sein Blick glitt über die Felder; er wandte ihr den Rücken zu. Sie zitterte vor innerer Erregung.
»Wie ist das«, sagte er, »müßten jetzt nicht schon Leute auf den Feldern beim Hacken sein? Ich habe bisher nicht einen einzigen Schwarzen gesehen.«
»Ich brauche nur noch wenig Arbeiter draußen«, versetzte Eleanor; »sie werden nicht mehr benötigt.«
»Wieso?« fragte er verblüfft.
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