Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
sagte sie, »ich muß dir so viel zeigen; ich weiß kaum, wo ich anfangen soll.«
Er sah sich mit brennenden Augen um. »Ardeith!« flüsterte er. »Ich möchte jedes Zimmer sehen, jeden einzelnen Stuhl. Laß uns Cameo sagen, er soll das Gepäck nach oben bringen.« Er tat einen Schritt auf die Wand zu, blieb stehen und wandte sich um. »Nanu«, sagte er, »wo ist denn die Glockenschnur?«
»Auf dem Boden.« Sie ließ seinen Arm fahren und ging zu einem mit schwarzen Knöpfen versehenen rechteckigen Kasten an der Wand einer Zimmerecke. Sie nahm den Telefonhörer ab und drückte auf einen Knopf. »Cameo möchte Mr. Kesters Koffer in sein Zimmer bringen«, sagte sie. »Und Mammy soll Kaffee machen und hinaufschicken. Wir sind in wenigen Minuten oben.«
Kester starrte sie an. »Was ist das für ein Ding?«
»Ein Haustelefon. Es erspart der Dienerschaft manchen unnützen Weg. Komm mit.«
Sie führte ihn durch das Haus, zeigte ihm die überall angebrachten Knöpfe und Schalter und die Rechenmaschine in seinem Arbeitszimmer. Kesters Verblüffung wuchs von Minute zu Minute; sonderbare Schatten flogen über sein Gesicht.
»Für die Küche und für die Waschküche wirst du dich ja nicht weiter interessieren«, sagte Eleanor, »aber einen Blick hineintun sollst du doch.«
»Warum nicht – natürlich!« sagte Kester verwirrt.
Eleanor öffnete die Küchentür. Kester starrte auf die weißgekachelten Wände, auf die Gardinen vor den Fenstern, auf den blitzenden elektrischen Herd, hinter dem Mammy präsidierte.
»Ein – Restaurant!« stammelte Kester, und die Unruhe in seinem Gesicht wuchs.
»Mächtig feine Sachen wir jetzt haben, Master Kester«, sagte Mammy und fletschte die Zähne.
»Wahrhaftig, das habt ihr!« sagte Kester. »Kannst du denn auf so einem Ding kochen, Mammy? Ich meine: Kochen, wie du es gewöhnt bist?«
»Oh, gut, Sir!« strahlte Mammy. »Zuerst es war komisch, aber dann – es ist mächtig fein und sehr sauber, wenn man ist gewöhnt. Ganz hohe Klasse, Master Kester!«
»Du wirst ja wahrscheinlich recht haben«, murmelte Kester. Er ging mit Eleanor in die Halle zurück. »Gefällt es dir denn nicht?« fragte Eleanor, ein wenig befremdet.
»Warum? Doch, natürlich«, sagte Kester. »Nur, es ist alles so neu. Als wäre ich an einen ganz fremden Ort gekommen. Ich werde mich schon daran gewöhnen; Mammy hat sich ja auch daran gewöhnt.«
Sie gingen die Wendeltreppe hinauf und betraten Kesters Schlafzimmer. Eleanor drückte auf den Knopf, der den verborgenen Luftfächer in Bewegung setzte. Kester starrte darauf, als sähe er ein Fabelwesen. »Ich kann noch nichts sagen«, murmelte er. »Ich bin noch zu verblüfft. Ich komme mir vor wie ein Ackerpferd vor einem Dogcart.«
Sie lachte. Kester durchquerte das Zimmer und öffnete die Tür zum Badezimmer.
»Um der Liebe Gottes willen!« schrie er auf, »das ist doch nicht etwa meins?«
»Natürlich ist es dein Badezimmer. Da, schau!« Sie drückte wieder auf einen Knopf. Er starrte auf ihre Hand, als sähe er den Kunststücken eines Zauberkünstlers zu. Eine Bürste kam aus der Wand heraus und drehte sich mit kreisender Bewegung. Sie zeigte ihm, wie er den Fuß unter die Bürste halten müsse, um sich die Schuhe reinigen zu lassen, ohne sich bücken zu müssen. Sein Gesicht war ganz leer. Sie zeigte ihm die funkelnden Hähne, die Spiegel mit der indirekten Beleuchtung und die Brauseeinrichtung. Er stand in der Mitte des großen Raumes und starrte auf all die Pracht, wie ein Kind, dem ein Spielzeug geschenkt wurde, dessen Mechanismus es nicht begreift.
»Und all dieser Zauber, nur um ein Bad zu nehmen?« murmelte er. »Hast du auch so einen Badesalon?«
»Ja«, nickte sie stolz. Ihr Badezimmer sei ähnlich eingerichtet. Er könne es sich später ansehen.
Es klopfte. Cameo trat ein und trug ein Tablett mit Kaffeegeschirr. Es war das alte Silberservice. »Ich kann eine Tasse Kaffee gebrauchen«, sagte Kester, »mein Kopf ist vollkommen leer.«
Sie setzten sich an das Tischchen neben seinem Bett, und Eleanor goß den Kaffee ein. »Sag mir nun, was du von den Veränderungen hältst, Kester«, bat Eleanor.
Er sah sie an; sein Gesicht war ganz ausdruckslos. »Ja«, sagte er, »ich bin noch zu überrascht. Wahrscheinlich ist das alles sehr bequem. Du wirst mir schon nach und nach beibringen, wie ich mit all dem Zeug umzugehen habe.«
»Ach, das ist alles sehr viel einfacher, als es aussieht«, versicherte Eleanor, »wir sparen sehr viel Zeit.«
Kester
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