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Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Titel: Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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etwas Ernsthaftes passiert. Eleanor setzte sich im Bett auf; ihr Kopf war plötzlich ganz klar, und sie wußte, was sie eben gehört hatte, war nicht der Schrei eines ungezogenen Kindes, das war ein Schmerzensschrei gewesen. Es mußte irgend etwas Schlimmes geschehen sein.
    Eleanor sprang aus dem Bett. Die Fenster standen offen; die feuchte Luft drang durch ihr Nachthemd. Sie schlüpfte in Hausschuhe und Morgenrock und rannte die Treppe hinunter. Die Schreie waren von unten gekommen.
    Dilcy rannte vor ihr die Treppe hinunter, und ein anderes Mädchen rannte herauf, den Staublappen noch in der Hand. Sie stieß an der Biegung der Treppe fast mit Eleanor zusammen.
    »Miß Cornelia«, keuchte das Mädchen, »sie ist gefallen.«
    Eleanor eilte an ihr vorüber. Das Wohnzimmer war voller Dienstboten, die zusammengelaufen waren, als sie das Schreien gehört hatten. Philip weinte, offenbar durch den Aufruhr erschreckt. Nachdem Eleanor ihm einen Blick zugeworfen und festgestellt hatte, daß ihm offensichtlich nichts Ernsthaftes fehlte, fiel sie neben Dilcy auf die Knie, die auf dem Fußboden saß und Cornelia hin und her wiegte, während sie laut schluchzte: »Oh, mein Kind, liebes, Baby armes, klein Lämmchen mein!«
    Cornelia hatte die Hände vor dem Gesicht und den Kopf an Dilcys Busen gebettet. Sie ließ fortgesetzt kleine gedämpfte Schreie ertönen. Eleanor langte nach ihr, um sie zu nehmen, und Cornelias Hände glitten herab. Eleanor schrie auf, während ihre Arme den Körper des Mädchens umschlangen, und der Schrei klang nicht weniger wild als der Cornelias, über dem sie erwacht war.
    »Es sind ihre Augen!« schrie sie, »oh, mein Gott, es sind ihre schönen Augen!«
    Dann war einen Augenblick nichts zu hören als Cornelias leises Wimmern und Philips erschrockenes Weinen. Die Neger standen erstarrt. Eleanor sah fasziniert und zu Tode erschrocken auf die winzigen Blutstropfen, die unter Cornelias linkem Augenlid hervorkamen. Sie war für Sekunden wie gelähmt. Was eigentlich geschehen war, wußte sie nicht, sie hatte auch nicht die Kraft, zu fragen; ihre Stimme gehorchte ihr nicht. Sie saß starr am Boden; ihr Mund war geöffnet, und die Arme umklammerten das wimmernde Kind, und ihr Hirn wiederholte immer wieder die zwei Worte: Ihre Augen, ihre Augen, ihre Augen!
    Dann, ganz plötzlich, war wieder Bewegung im Raum. Die Neger sprachen mit Philip und suchten ihn zu besänftigen, boten sich an, Cornelia zu helfen, und fragten durcheinanderplappernd, was eigentlich passiert sei. Cameo beugte sich nieder, um etwas vom Fußboden aufzuheben, und Eleanor hörte ihn verblüfft ausrufen: »Seht! Seht! Master Kesters Messer!«
    Eleanor gab es einen Ruck. Kesters Messer! Die Worte trafen sie wie eine Anklage. Es fiel ihr ein, daß sie das Messer am vergangenen Abend auf dem Tisch liegengelassen hatte, und das, obgleich sie den Dienstboten eingeschärft hatte, niemals und unter keinen Umständen spitze und scharfe Instrumente liegenzulassen, wo die Kinder sie erreichen konnten. Der Schrecken mußte ihr wohl im Gesicht stehen, denn Cameo beugte sich über sie.
    »Lassen Sie mich kleine Miß nach oben tragen«, sagte er. Und ohne Eleanors Antwort abzuwarten, hob er Cornelia auf. Während er mit ihr hinausging, sagte er: »Du, Bessy, telefonierst sofort an Dr. Purcell. Kannst du nicht sehen, daß Mrs. Elna bekommen hat einen Schock, daß sie nicht tun kann etwas?«
    Eleanor stellte sich auf die Beine. »Danke schön, Cameo«, sagte sie schwach. Mit aller Gewalt rief sie ihren betäubten Verstand zur Ordnung und begann Befehle zu geben. »Ruf Dr. Purcell an, Bessy. Sage, Miß Cornelia fiel in ein Messer und wurde am Auge verletzt. Sag ihm, er möchte sofort herüberkommen, und frage ihn, ob es irgend etwas gäbe, was ich tun könnte, bis er käme. Dilcy, paß auf Philip auf. Bringe Miß Cornelia in mein Zimmer, Cameo. Und ihr anderen, verhaltet euch um des Himmels willen ruhig!«
    Sie folgte Cameo die Treppe hinauf; oben beugte sie sich über das Kind, das der Diener auf ihr Bett gelegt hatte. Cornelia wimmerte und hielt die Hände so fest auf die Augen gepreßt, daß es Eleanor schwer wurde, sie herunterzuziehen. Cornelia krümmte sich über der bloßen Berührung. Beide Augen waren fest geschlossen, und Eleanor sah mit einiger Verwunderung, daß außer den wenigen Blutstropfen noch sonst keinerlei Folgen der Verletzung erkennbar waren. Heiße Packungen, kalte Packungen, oder was? fragte sich Eleanor verzweifelt. Sie wußte es nicht.

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