Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
das sehen!« rief Isabel aus, »Sie Unbesiegbare! Wissen Sie nicht, daß Kester das Gefühl braucht, benötigt zu werden? ›Nach allem, was ich für ihn getan habe!‹ sagen Sie und wollen nicht verstehen, daß Kester glauben möchte, er täte die Dinge für Sie? Sie denken, Sie gäben ihm so viel; ach, ich habe Sie beobachtet, ich habe über Sie gelacht; Sie sind gar nicht in der Lage, ihm das zu geben, was er möchte und was er braucht. Die kleinen Triumphe, das leise Beifallsgeflüster, alles das, was ein Mann liebt – Eleanor, Kester ist zu mir gekommen, weil ich ihm sein Selbstvertrauen wiedergegeben habe. Sie brauchen sich nicht weiter anzustrengen, ihn festhalten zu wollen; es hätte doch keinen Zweck mehr. Sie haben genug Zerstörungen angerichtet.«
Eleanor hörte kaum noch zu. Sie war so wütend, daß Isabels Hohn ihr nicht viel mehr als ein Geklingel von Silben bedeutete. Ihr ward kaum bewußt, daß sie sich erhoben hatte, daß auch Isabel aufgestanden war und daß sie sich nun gegenüberstanden, während Isabel unentwegt weitersprach:
»Kester entstammt einer ununterbrochenen langen Reihe von Helden – was immer die Larnes für Männer waren, die Frauen, die sie liebten, ließen sie jederzeit fühlen, daß sie Helden waren. Was die Männer den Charme der Mädchen aus dem Süden nannten – ich meine Mädchen, die aus Familien wie unseren stammen –, das war nichts anderes als die einfache Fähigkeit, dem Mann sein Selbstvertrauen zu schenken und zu erhalten. Wir handeln so unbewußt, unserem Instinkt folgend, auch wenn wir es gar nicht darauf anlegen. Gebt einem Mädchen unserer Art einen Mann, den sie wirklich liebt, und sie kann von ihm alles verlangen, was sie will. Und wissen Sie, wie wir das machen? Natürlich wissen Sie es nicht; wie sollten Sie auch! Wir tun nichts anderes, als den Mann für die Eigenschaften zu loben, von denen wir möchten, daß er sie hätte.« Sie lachte. »Denken Sie daran, Eleanor, beim nächstenmal«, rief sie aus, »für diesmal haben Sie verloren, und Sie wissen es. Kester ist so krank von Ihnen, er haßt schon den bloßen Gedanken an Ihre Existenz. Sie täten wahrhaftig besser daran, nachzugeben.«
Isabel drehte sich um und wandte sich zur Tür. Eleanor stand mitten im Zimmer, die Hände in den Taschen des Morgenrockes zu Fäusten geballt. Die Wut schüttelte sie innerlich wie ein Sturm. Sie konnte immer nur denken: Wenn ich jetzt den Mund öffne, kommt etwas Entsetzliches heraus! Hilf, Gott, daß ich den Mund halten kann!
An der Tür sagte Isabel, über ihre Schulter hinweg: »Das ist alles, was ich Ihnen sagen wollte. Ich werde Ihre Sachen heraufschicken und nach Ihrem Wagen sehen.«
Sie schloß die Tür hinter sich. Ein paar Minuten lang rührte Eleanor sich nicht. Sie fühlte, wie ihr Herz pochte. Als sie endlich die Hände aus den Taschen des Morgenrockes herausnahm und die Fäuste öffnete, waren die Finger steif und schmerzten bei jeder Bewegung. Alle Muskeln taten ihr weh, so angespannt waren sie, aber sie war froh, daß sie sich nicht gerührt und geschwiegen hatte, denn was immer sie in dieser Erregung auch getan hätte, es wäre keine Antwort gewesen, sondern nur ein hilfloser Ausbruch des in ihr kochenden Zornes. Es klopfte an die Tür; sie fuhr schnell herum, aber es war nur das Negermädchen mit ihren Kleidungsstücken, das hereinkam.
Sie habe Kleid und Wäsche mit einem heißen Eisen gebügelt, erklärte das Mädchen, sie seien eben trocken genug, um angezogen zu werden. Mantel und Schuhe seien leider noch naß. Sie brachte aushilfsweise ein Paar Schuhe von Miß Isabel. Eleanor dankte kurz und begann sich umzukleiden, nachdem das Mädchen gegangen war. Sie zog ihre eigenen Schuhe an; es war ihr immer noch lieber, eine Erkältung zu riskieren, als Isabels Schuhe zu tragen. Sie sammelte ihre Haarnadeln auf und ging zur Kommode.
Ihr Haar war nahezu trocken. Eleanor begann es eilig zu bürsten. Sie sah auf die Platte, um sicher zu sein, daß sie keine Haarnadel liegengelassen hatte. Ihr Auge traf einen kleinen funkelnden Gegenstand.
Sie starrte auf diesen Gegenstand und fühlte, wie ihr Herz rasend zu klopfen begann. Mit unsicherer Hand tastete sie danach.
Der Gegenstand war Kesters kleines silbernes Taschenmesser. Eleanor drehte es um und sah seinen Namenszug auf der Griffschale. Das Blut stieg ihr zu Kopf, und innerlich wurde ihr kalt. Es war nun einmal Kesters Art, alles herumliegen zu lassen. Sie umklammerte das Messer mit der Hand,
Weitere Kostenlose Bücher