Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Titel: Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
Vom Netzwerk:
Cornelia äußerte sich selbstbewußt wie eine kleine Dame. »Wenn ich wieder zur Schule gehe, will ich alles neu haben. Vater, du mußt einmal zuhören, wie ich lesen kann.«
    »Kannst du denn wirklich schon lesen?« fragte Kester.
    »Ganz bestimmt kann ich das.« Cornelia unterdrückte schon wieder ein Gähnen. »Im ersten Teil meiner Fibel kann ich schon alles ganz richtig lesen.«
    »Dann hast du aber sehr schnell gelernt.«
    »Ich bin überhaupt sehr gut in der Schule. Kann ich nicht schön in meinem Buch lesen, Mutter?«
    »Doch, du liest schon sehr gut«, sagte Eleanor.
    »Du wirst dich wundern, wenn du es hörst und siehst«, wandte sich Cornelia wieder an Kester, »ich kann wirklich gut lesen. Ich konnte auch deinen Namen auf dem Messer lesen.«
    »Auf was für einem Messer?« fragte Kester.
    »Auf dem Messer, mit dem ich mich ins Auge geschnitten habe. Ich habe es doch Philip gezeigt. Da stand ›Kester Larne‹ auf dem Griff.«
    »Aber du hast dich doch nicht mit meinem Messer verletzt?«
    »Hast du Vater schon von dem großen Wort erzählt, das in deiner Fibel vorkam?« sagte Eleanor. »Was war es doch noch? Ich glaube, das Wort Brücke. Du warst die einzige in der Klasse, die es richtig lesen konnte.«
    »›Brücke‹ ist nicht so schwer zu lesen wie ›Kester‹«, Cornelia war nicht von ihrem Thema abzubringen. »Kester ist ein sehr schweres Wort, aber ich habe es gleich lesen können, als ich das Messer aufnahm.«
    »Aber mein Messer war ja gar nicht da, Cornelia«, sagte Kester. »Ich hatte es ja bei mir.«
    »Nein«, sagte Cornelia, »das hattest du nicht. Es hat auf dem Tisch im Wohnzimmer gelegen. Ich war dabei, die Stoßzähne vom Elefanten für Philip auszuschneiden, und da brauchte ich etwas, das spitz war. Und dann wollte Philip es selber tun, und das ging doch nicht, weil er noch so klein ist, und da –«; Cornelia unterbrach sich selbst und gähnte herzzerreißend.
    »Würden wir sie nicht besser jetzt allein lassen?« sagte Eleanor, obwohl sie fürchtete, Cornelia habe bereits Kesters mißtrauische Neugierde so weit geweckt, daß er Fragen stellen würde, die sie gehofft hatte nicht beantworten zu müssen.
    »Sie ist noch nicht eingeschlafen«, sagte Kester; auf seiner Stirn hatte sich zwischen den Augenbrauen eine Falte gebildet. »Cornelia«, sagte er, »ich bin ganz sicher – –«
    »Ich sagte ihm, daß er es nicht dürfe«, fuhr Cornelia schläfrig fort, »er will immer alles selber tun. Wenn er nicht versucht hätte, mir das Messer wegzunehmen, dann wäre das nicht passiert – mit meinem Auge.«
    Sie war nun zu müde, um noch weiter zu erzählen. Sie hörte wohl noch, daß mit ihr gesprochen wurde, aber sie konnte keine klaren Antworten mehr geben. Einen Augenblick später schlief sie schon fest. Eleanor zog ihre Hand aus dem Händchen des Kindes zurück und deckte Cornelia sorgfältig zu. Kester stand offensichtlich verwirrt und unsicher, mit gerunzelter Stirn daneben. Eleanor tat, als bemerke sie es nicht. Sie rief die Schwester, übergab Cornelia ihrer Obhut und ging auf Zehenspitzen in ihr Zimmer.
    Kester folgte ihr. Während sie gemeinsam über die Schwelle traten, sagte sie mit etwas forciert gleichmütiger Stimme: »Es scheint ihr gut zu gehen, nicht wahr? Ich hoffe, sie wird die Nacht gut durchschlafen.«
    »Sie weiß nicht, daß sie nie mehr wie früher sehen wird«, sagte Kester. Und nach einer Pause: »Eleanor, du sagtest mir nichts davon, daß es mein Messer war, mit dem sie sich verletzte.«
    »Sagte ich das nicht?«
    »Nein. Und ich frage mich vergeblich: Wie kam es dahin? Ich war sicher, es verloren zu haben.«
    »Ist das nicht ganz gleichgültig?« sagte sie. »Ist es nicht genug, daß das Unglück passierte? Müssen wir uns nun auch noch mit den Einzelheiten herumquälen? Laß uns nicht mehr davon sprechen.«
    »Aber ich verstehe das nicht«, beharrte Kester. »Ich hatte das Messer bei mir, als ich Ardeith verließ. Ich weiß sicher, daß ich es hatte, weil ich mich genau erinnere, es später noch gebraucht zu haben, und zwar mehrmals. Wie kann es nach Ardeith zurückgelangt sein?«
    »Oh, ist das denn nicht unwichtig?« rief Eleanor aus. Sie suchte nach Worten, nach irgendeinem Gesprächsgegenstand, der seine Aufmerksamkeit von dem Unglücksinstrument ablenken könnte. Aber sie war selbst zu verwirrt und zu hilflos; es fiel ihr nichts ein.
    »Du sagtest, sie hätte sich mit einem Messer verletzt, das du auf dem Wohnzimmertisch liegenließest«, sagte Kester.

Weitere Kostenlose Bücher