Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Titel: Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
Vom Netzwerk:
in Gelddingen war ihr unbegreiflich, sie entsetzte sie geradezu. Als sie ihm einmal davon sprach, sah er sie nur verwundert an. »Wieso?« sagte er, »ich bekomme doch die Bankauszüge, das ist ja ihr Sinn.« Sie sah sein Gesicht und war entwaffnet. »Du meinst vermutlich, auch die Engel seien dazu da, auf dich aufzupassen«, lachte sie. Kester fand den Gedanken witzig. »Warum nicht?« sagte er, »bisher haben sie es jedenfalls getan. Aber nun haben sie ja dich zu mir geschickt, damit du ihnen die Aufgabe abnimmst.«
    Er lachte sein fröhliches Lachen und ging in die Bar, um sich einen Manhattan-Cocktail servieren zu lassen, obgleich es erst Nachmittag war und das Thermometer über neunzig Grad Fahrenheit anzeigte. Eleanor begriff nicht, wieso Alkohol so früh am Tage und bei solcher Hitze ihn nicht elend machte, aber offenbar gab es nichts, was in der Lage gewesen wäre, seiner Gesundheit zu schaden.
    Nach Beendigung der Ferien fuhren sie nach Ardeith. Pächter und Dienerschaft waren vor dem Herrenhaus versammelt, um sie zu begrüßen. Kesters Mutter stand, umgeben von etwa zwanzig Basen und Freundinnen, auf der Veranda, um Eleanor zu bewillkommnen. Das junge Paar schritt die Treppe hinauf und betrat das große Zimmer, in dem Kester selbst und sein Vater geboren wurden. Auf dem großen Marmorkamin blühten Tulpen; das riesige, auf vier Pfosten ruhende Bett unter dem Baldachin aus hochroter Seide wirkte wie eine Burg; man sah ihm seine Bestimmung an, den Erben einer alten und großen Tradition zum Leben zu verhelfen. Durch eine Tapetentür betrat man ein kleines Boudoir, ausgestattet mit damastbezogenen Möbeln aus Rosenholz; ein entzückender Rahmen für eines dieser empfindsamen und zerbrechlichen Luxusgeschöpfe, die in solcher Atmosphäre zu gedeihen pflegten.
    Eleanor blickte verwirrt und ein wenig befangen auf diesen verschwiegenen Luxus, sie trat in das Schlafzimmer zurück, ging zum Fenster und sah draußen die mächtigen Kronen der alten Eichen, die sich im Winde wiegten und leise flüsterten, wie sie zu vielen Generationen geflüstert hatten. Sie fühlte, wie etwas auf sie zukam und nach ihr griff; wie sie langsam eingelullt und eingefangen wurde von dieser fremden, ganz in sich selbst ruhenden Welt, wie sie schon jetzt nicht mehr ein selbständiges Individuum, sondern bereits Teil einer Einheit war wie ein Stein in der Schloßmauer.
    »Es ist alles so sonderbar«, flüsterte sie Kester zu, »so – dicht, so unangreifbar und – so wesentlich!«
    Später, während das Badewasser in die Wanne lief, stand sie vor der alten Mahagonikommode, sah in den Spiegel und gedachte der vielen anderen Frauen vor ihr, deren Bild das Glas hier zurückgeworfen hatte. Die Kommodenschublade klemmte ein wenig, als sie sie aufzog, um ihre Schmucksachen hineinzulegen. Sie dachte an ihr Zimmer in New Orleans, wo alle Möbelstücke neu, glänzend und sehr praktisch waren. In der Upjohn-Familie hatte kein Mensch Zeit, sich mit Schubladen abzuquälen, die sich nicht reibungslos öffnen ließen, und auch eitle Gedanken vor dem Spiegel kamen dort niemand. Wahrhaftig, ihr war zumute, als habe sie plötzlich eine verzauberte Welt betreten, in der nichts mehr wirklich war, aber alles den unwahrscheinlichen Zauber phantastischer Träume hatte.
II
    M eine Zeit ist in unwahrscheinlicher Weise bis zum Rande mit Nichtstun erfüllt«, schrieb Eleanor ihrem Vater. »Versuche es, dir bildhaft vorzustellen, wie ich morgens in diesem riesigen, von vier Säulen getragenen Prunkbett erwache. Ich richte mich auf und ziehe an einer altertümlichen gestickten Glockenschnur. (Das Glockensystem hier im Hause ist eine Sache für sich. Die Einrichtung dürfte etwa aus dem Jahre 1840 stammen. Wenn ich, in meinem Bett sitzend, die Schnur ziehe, klingelt es irgendwo unten im Hause, in Bereichen, in die ich so gut wie niemals eindringe.) Ich lasse mich dann zurückgleiten und betrachte den Baldachin über meinem Kopf. Nicht lange danach erscheint eine Negerin. Sie trägt einen prächtigen Überwurf und hat goldene Ringe in den Ohren. Sie serviert mir auf einem silbernen Tablett den Kaffee. Es ist nicht immer dieselbe Frau, die den Kaffee bringt; ich unterscheide sie noch nicht genau, denn du mußt wissen, es läuft so viel Dienerschaft bei uns herum, daß wir das ganze ›Weiße Haus‹ damit versorgen könnten. Kester sagt, daß die meisten von ihnen auf der Plantage geboren seien und daß er ohnehin für sie sorgen müsse. –
    Nachdem wir angekleidet

Weitere Kostenlose Bücher