Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
Unwiderstehlichen, dem stets alles geschenkt worden war und der niemals einer Not und einem Zwang gegenübergestanden hatte. Mit einem großen, angesehenen Namen gesegnet, einem großen Erbe, ausgestattet mit gewinnenden menschlichen Gaben, hatte er nie daran gedacht, das zu bewahren, was ihm gleichsam spielend zufloß. Geld war eine Sache – eine wichtige und bedeutsame Sache zweifellos –, die einzige Sache in seinem Leben jedenfalls, die seinem Zauber nicht erlag. Weil er das unbewußt fühlte, hatte er es bisher abgelehnt, sich mit dieser Sache zu befassen. Also zog er es vor, den Anschein zu erwecken, er habe es nicht nötig, sich mit so profanen Dingen abzugeben. Für ein Wesen wie Eleanor war das, zufolge ihrer ganzen Erziehung, ein unmöglicher und ein unverzeihlicher Standpunkt.
Sie dachte an das Zelt im Deichbaulager, und sie hörte im Geiste die kühle und nüchterne Stimme ihres Vaters: »Ich rede nicht davon, was er vielleicht hier oder da irgendwann einmal getan hat, sondern davon, was er ist!«
Sie stand langsam auf; ihre Glieder waren so steif, als ob sie stundenlang gesessen hätte. Kester verfolgte ihre Bewegungen mit gerunzelten Brauen; er hatte noch immer den Ausdruck verletzter Eigenliebe im Gesicht.
»Ich verstehe das alles noch nicht«, sagte Eleanor, »haben wir denn so übermäßig viel verbraucht?«
Er zuckte die Achseln: »Ich wundere mich selbst.«
»Wieviel Geld besitzt du denn überhaupt?«
»Gegenwärtig nicht einen Penny«, sagte Kester.
Jetzt stieg ihr die Röte ins Gesicht. »Bitte, laß diesen Ton«, sagte sie nicht ohne Schärfe; »ich bin schließlich kein Kind! Wovon leben wir denn, wenn du nichts besitzt?«
Seine Hand vollführte eine weite, umfassende Geste; seine Stimme klang abwesend. »Ardeith!« sagte er langsam. »Seltsam, wie das alles zusammengekommen ist. Da hat sich etwas zusammengebraut, und ich habe es nicht einmal wahrgenommen.«
»Das heißt, du hast den Besitz Stück um Stück mit Hypotheken belastet?«
»Nun ja.« Es war offensichtlich, daß es ihm schwerfiel, über diese Dinge zu sprechen. »Das ist so zusammengekommen. Es standen bereits Hypotheken darauf, als ich Ardeith übernahm. Meine Großmutter hatte die Besitzung noch schuldenfrei gehalten, aber schon mein Vater konnte das nicht mehr. Er hatte nicht mehr Sinn für Geld als ich. Er hat sich dann zurückgezogen und lebt nun von dem Zuckerland jenseits des Stromes; es ist verpachtet und sichert ihm ein ausreichendes Einkommen.«
»Und du? Wie hast du Ardeith gehalten? Was hast du getan?«
»Ja, du lieber Gott, getan! Wie machen es denn die anderen?« sagte er. »Ich habe all dem nicht viel Aufmerksamkeit gewidmet. Du nimmst ein Darlehen auf die Baumwolle auf, sobald sie gepflanzt wird. Du denkst, die Ernte wird es dir wieder einbringen, dann zahlst du zurück. Aber dann kommt es eben so, daß du das Geld für andere Dinge brauchst, und du verpfändest der Bank als Sicherheit ein Stück Land. Das läuft dann so weiter; es ist eine Kette, die nicht abreißt; eines Tages stellst du fest, daß dir wahrscheinlich kein Teelöffel im Haus mehr gehört –.« Er unterbrach sich. »Eleanor«, rief er aus, »sieh mich nicht so an, als ob ich jemand umgebracht hätte! Ich sage dir doch: Die Dinge kommen in Ordnung. Es ist da noch ein Stück Kiefernland über der Straße. Ziemlich wertlos vermutlich, aber es ist eine Kleinigkeit, Mr. Robichaux glauben zu machen, daß es wertvoll sei.«
Sie maß ihn von oben bis unten mit einem gleichsam abschätzenden Blick. Sie zitterte heimlich vor Ingrimm, und der Zorn saß ihr wie ein kalter Stein in der Brust. Ihre Stimme war ganz kalt. »Ich möchte jetzt wissen, was dir von dieser Plantage noch gehört«, sagte sie.
Er hob mit einer Geste hilfloser Verzweiflung die Schultern und ließ sie wieder fallen:
»Ich sagte es dir schon: Ich weiß es nicht!«
Er stand gegen den Kamin gelehnt, die Ellenbogen rückwärts auf die Einfassung gestützt. Sie trat einen Schritt näher an ihn heran. »Kester«, fragte sie leise, »warst du bereits verschuldet, als wir heirateten?«
Er sah sie verwundert an. »Aber ja, Eleanor. Ich bin verschuldet, solange ich denken kann. Es ist das durchaus mein Normalzustand.«
Die Antwort versetzte sie in Wut. »So«, schrie sie, tatsächlich, sie schrie plötzlich; es war das erstemal, daß sie ihn anschrie: »Du hattest Schulden, als du bei unserer Hochzeitsreise die teuersten Hotelzimmer mietetest? Als du dem Hotelpagen einen Dollar
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