Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
Kester zuviel. »Oh, Eleanor, wenn du wüßtest, wie unwichtig das alles ist!« rief er aus. »Hör zu! Wenn du wirklich ernsthaft besorgt bist – du hast keinen Grund, es zu sein; ich hätte dir das alles gesagt, wenn ich geahnt hätte, daß du dich darüber grämst – also wenn du trotzdem besorgt bist, werde ich Isabel nicht wiedersehen. Ist es das, was du willst?«
Sie nickte.
»Also gut«, sagte er. Er kam herüber und küßte sie. »Ich werde Isabel nicht wiedersehen, es sei denn, wir begegneten uns in anderen Häusern wie letzte Nacht.«
»Ich danke dir.« Eleanor nahm seine Hand. »Das ist alles, was ich will.« Sie zog ihn zu sich auf die Bettkante. »Kester, weiß irgend jemand von eurer alten Beziehung vor langer Zeit?«
»Nein.«
»Gott sei Dank! Es macht die Dinge einfacher. Willst du mir nicht erzählen, was damals zwischen euch geschehen ist?«
»Ich kann es kaum, Eleanor, ohne gegen sehr natürliche Kavalierspflichten zu verstoßen.«
»Ach, geh!« sagte Eleanor.
In ihr war ein solches Gefühl der Erleichterung, daß sie sich wieder frohgemut fühlte. Kester gab sich völlig unbekümmert; er dachte nie über den Augenblick hinaus, aber er liebte sie, und er würde alles tun, um sie glücklich zu machen. Nicht ohne Beschämung fragte sich Eleanor, warum sie die Dinge nicht früher zu offener Aussprache gebracht habe, anstatt sich die traurigsten vierzehn Tage seit ihrer Heirat zu bereiten.
Siebentes Kapitel
D ie Valcours waren Franzosen aus Louisiana, Nachkommen einer Ehe, die im Jahre 1794 zwischen der Witwe Gervaise Purcell, geborenen Durand aus New Orleans, und Louis Valcour, einem unverheirateten jungen Mann aus derselben Stadt, geschlossen worden war. Nahezu hundert Jahre später wurde einer ihrer Nachkommen, Mr. Pierre Valcour, in schon ziemlich vorgeschrittenen Jahren durch eine goldblonde Schönheit aus Memphis gefesselt, die ihre Hochzeit gerade lange genug überlebte, um ihrem Gatten ein kleines Vermögen zu vererben, das den neuen Glanzzeiten der Baumwolle nach dem Bürgerkrieg entstammte, und dazu eine Tochter, in der die lateinische und die angelsächsische Rasse sich zu einem Wesen von bezauberndem Charme vereinigt hatten. Mr. Valcour war sich nicht im Zweifel darüber, wie er seine beiden Vermächtnisse behandeln sollte. Er machte sich für das Geld ein fröhliches Leben und schickte seine schöne Tochter in ein vornehmes College, damit sie sich auf zukünftige Erfolge vorbereite und sich allgemach in eine wohlerzogene junge Dame verwandle.
Im Alter von achtzehn Jahren bestand Isabel das Abschlußexamen. Sie war schlank und wundervoll gebaut, hatte ein rassig geschnittenes Gesicht, goldenes Haar von einem Meter Länge, große unschuldige Augen und eine süße, einschmeichelnde Stimme.
Aber unter den welligen Massen goldblonden Haares und den samtenen Stirnbändern wohnten bereits allerlei kluge und ehrgeizige Gedanken. Isabel war sich schon sehr früh darüber klar, daß das Leben eines Mädchens entscheidend durch ihre Heirat bestimmt würde. Deshalb hatte sie sehr bewußt alle ihre Talente darauf ausgerichtet, eines Tages eine vorteilhafte Ehe zu schließen. Ihre Erziehung war ihren angeborenen Wünschen und Trieben durchaus entgegengekommen. Sie konnte wundervoll tanzen, verstand, aufmerksam zuzuhören, hübsche Melodien auf dem Klavier zu spielen und sich mit so modischer Extravaganz zu kleiden, daß jeder Mann von ihrem Anblick hingerissen und entzückt war. Ihre Lehrer hatten ihr Englisch und Französisch beigebracht; sie hatte beide Sprachen mit gleicher Leichtigkeit aufgenommen. Besser wäre es gewesen, sie hätten sie davon überzeugt, daß es wünschenswert wäre, wenigstens eine von beiden Sprachen richtig zu beherrschen. Aber das war weniger der Fehler der Lehrer als Isabels eigener. Isabel verachtete ihre Lehrer heimlich, zumal sie keine Ahnung davon hatten, mit welchen Plänen und Träumen sie sich trug; anderenfalls hätten sie sich wohl nicht darauf kapriziert, ihr alles mögliche Zeug einzutrichtern, als beabsichtigte sie, eines Tages mit ihren Kenntnissen ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie waren ganz offensichtlich dümmer als sie, ausgemachte Einfaltspinsel, gemessen an dem, was sie aus sich zu machen gedachte.
Isabel machte ihr Examen in einem duftigen weißen Kleid mit einer blauen Schärpe; sie bekam hundertmal zu hören, sie sähe aus wie ein Engel. Die Feststellung bereitete ihr einiges Vergnügen, sollten doch nach der Behauptung der Bibel
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