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Lourdes

Lourdes

Titel: Lourdes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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anderer Seite ging, blieb vor der lachenden Fröhlichkeit, in der er sie sah, ergriffen stehen. Sofort wurden sie von einem Schwarm von Händlerinnen umringt und umzingelt, die ihnen mit ihren gierigen Händen die Ware fast ins Gesicht stießen.
    »Mein schönes Fräulein, meine guten Herren, kaufen Sie mir etwas ab!«
    Sie mußten sich wehren, sich losreißen. Herr von Guersaint kaufte schließlich den größten Strauß aus weißen Astern, rund und hart wie ein Kohlkopf, einem sehr schönen, üppigen blonden Mädchen von höchstens zwanzig Jahren ab, das in seiner Frechheit so wenig bekleidet war, daß man die freie Rundung seiner Brust unter der halb aufgeknöpften Jacke sah. Der Strauß kostete übrigens nur einen Frank, und er ärgerte sich, ihn aus seiner schmalen Börse zu bezahlen, und war etwas verwirrt von den Manieren des großen Mädchens, dachte sich auch im stillen, daß sie sicher einen andern Handel betrieb, wenn die Heilige Jungfrau feierte.
    Pierre bezahlte dann die drei Kerzen, die Marie einer alten Frau abgenommen hatte, Kerzen für zwei Frank, sehr preiswert, wie sie sagte. Die alte Frau, eine eckige Gestalt mit einer Raubvogelnase und gierigen Augen, erschöpfte sich in honigsüßen Danksagungen.
    »Unsere Liebe Frau von Lourdes segne Sie, mein schönes Fräulein! Sie heile Sie von Ihren Krankheiten, Sie und die Ihrigen!«
    Das ergötzte sie wieder, und lachend gingen sie alle drei davon, wie die Kinder von dem Gedanken belustigt, daß der Wunsch der guten Frau eine vollendete Tatsache war.
    In der Grotte wollte Marie sich sofort dem Vorbeimarsch anschließen, um sogar noch, bevor sie niederkniete, den Blumenstrauß und die Kerzen selber darzubringen. Es waren noch nicht viele Leute da, sie stellten sich hinten an und gingen nach drei bis vier Minuten vorüber. Oh, mit welch verzückten Blicken sie alles betrachtete: den Altar aus Silber, das Harmonium, die Weihebilder, die von Wachs triefenden Leuchter, die im hellen Tageslichte flammten! Die Grotte, die sie bis dahin nur von fern, von ihrem Leidenswägelchen aus gesehen hatte, betrat sie jetzt aus eigener Kraft, sie atmete darin wie im Paradies selbst, in einer lauen Wärme, in einem guten Geruch gebadet, der sie mit seinem göttlichen Dufte fast betäubte! Als sie die Kerzen in den großen Korb gelegt hatte und sich groß genug fühlte, um den Strauß an einer Stange des Gitters zu befestigen, küßte sie lange Zeit den Felsen unter der Heiligen Jungfrau an der Stelle, den schon Millionen Lippen geglättet hatten. Und dieser dem Stein gegebene Kuß war ein Kuß der Liebe, in den sie die ganze Flamme ihrer Dankbarkeit legte, es war ein Kuß, in dem ihr Herz zerschmolz.
    Dann warf sich Marie draußen nieder und versank in ein Gebet unendlicher Danksagungen. Ihr Vater war ebenfalls neben ihr niedergekniet und vereinte die Glut seiner Dankbarkeit mit der ihrigen. Aber er konnte sich einer Sache nicht lange Zeit hingeben. Nach und nach wurde er unruhig und beugte sich schließlich zu dem Ohr seiner Tochter nieder, um ihr zu sagen, daß er eine Besorgung zu machen habe, an die er sich eben erst erinnere. Es wäre gewiß das beste, sie bliebe da im Gebet und erwartete ihn.
    Während sie ihre Andacht vollendete, würde er sich beeilen und seine Besorgung ausführen. Dann würde man nach Belieben spazierengehen, wohin man wollte. Sie verstand ihn nicht, hörte ihn nicht einmal. Sie begnügte sich, mit dem Kopfe zu nicken, versprach, sich nicht zu rühren, denn sie war wieder von einer so gläubigen Bewegung erfaßt, daß ihre auf die weiße Statue der Jungfrau gerichteten Augen sich mit Tränen füllten.
    Als Herr von Guersaint Pierre, der ein wenig abseits geblieben war, erreicht hatte, sprach er sich ihm gegenüber aus.
    »Mein Lieber, ich habe eine Gewissenssache abzumachen. Dem Kutscher, der uns nach Gavarnie führte, habe ich das ausdrückliche Versprechen gegeben, seinen Herrn aufzusuchen und ihm die wirklichen Ursachen der Verzögerung mitzuteilen. Sie wissen, es ist der Barbier von der Place du Marcadal. Und dann muß ich mich auch rasieren lassen.«
    Ungern mußte Pierre auf den Schwur hin, daß er in einer Viertelstunde zurück sein würde, nachgeben. Da der Weg ihm aber weit erschien, so bestand er darauf, einen Wagen zu nehmen, der unten an dem Plateau de la Merlasse hielt. Dieser Wagen war eine Art Kabriolett, dessen Kutscher, ein dicker, etwa dreißigjähriger Mensch mit einer Baskenmütze, eine Zigarette rauchte. Schräg, mit

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