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Lourdes

Lourdes

Titel: Lourdes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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zusammen nach dem Bahnhofe zu begeben. Auf der Straße erwarteten sie mehr als fünfzig Personen, die sich wie in Verzückung befanden. Man begrüßte sie, man folgte ihr, und eine Frau ließ ihr krankes Kind das Kleid des jungen Mädchens berühren, an dem sich das Wunder vollzogen hatte.

III
    Schon um zweieinhalb Uhr befand sich der weiße Zug, der Lourdes um drei Uhr vierzig verlassen sollte, der Bahnhofshalle gegenüber auf dem zweiten Bahnsteig. Er hatte drei Tage, vollständig zur Abfahrt aufgestellt, wie er von Paris gekommen war, auf einem Nebengeleise gewartet. Und seitdem man ihn hierhergebracht hatte, flatterten die weißen Fahnen über dem ersten und letzten Wagen, um ihn den Pilgern, deren Unterbringung gewöhnlich sehr lang und mühsam war, zu bezeichnen. Die vierzehn Züge der nationalen Pilgerfahrt mußten übrigens an diesem Tage abfahren. Um zehn Uhr morgens war der grüne Zug abgegangen, dann der rosa Zug, dann der gelbe Zug. Und nach dem weißen Zug sollten die anderen, der orangefarbene, der graue, der blaue folgen. Das war für das Bahnpersonal wieder ein schrecklicher Tag, ein Tumult, ein Durcheinander, das die Beamten betäubte.
    Aber die Abfahrt des weißen Zuges beanspruchte immer das lebhafteste Interesse, er war die Hauptaufregung des Tages, denn er führte die Schwerkranken fort, die er gebracht hatte, und unter diesen waren natürlich die Lieblinge der Heiligen Jungfrau, die für das Wunder Auserkorenen. Daher drängte sich auch eine dichte Menge unter dem leinenen Sonnendach und versperrte die große bedeckte, etwa hundert Meter lange Halle. Alle Bänke waren besetzt, mit Paketen und Pilgern überfüllt, die schon warteten. In der einen Ecke hatte man die kleinen Tische des Büfetts im Sturm genommen. Die Männer tranken Bier, die Frauen ließen sich Brauselimonade geben, während am andern Ende vor der Tür der Gepäckkammern Bahrenträger den Weg freihielten, um den schnellen Transport der Kranken, die man herbeibrachte, zu sichern. Es war ein fortwährendes Kommen und Gehen armer, bestürzter Leute, hin- und herlaufender Priester, die man an allen möglichen Orten sah, neugieriger und friedlicher Herren im Überrock, kurz, das gemischteste, buntscheckigste Gewirr, das sich jemals auf einem Bahnhof herumgedrückt hat.
    Um zwei Uhr fand sich Baron Suire ein. Er war voller Unruhe, weil es an Pferden fehlte, denn eine große Anzahl von Touristen, die unerwartet eingetroffen waren, hatte die Wagen nach Barèges, Cauterets und Gavarnie gemietet. Er stürzte auf Berthaud und Gérard zu, die endlich herbeikamen, nachdem sie die Stadt durchstreift hatten. Aber alles ginge wunderbar, versicherten sie. Sie hatten die notwendigen Pferde aufgetrieben, und der Transport der Kranken würde in ganz ausgezeichneter Weise vor sich gehen. Im Hofe warteten ganze Züge von Sänftenträgern mit ihren Bahren und kleinen Wagen auf die Packwagen, die Möbelwagen und die sonstigen Fahrgelegenheiten aller Art, die man für die Fortschaffung aus dem Hospital aufgetrieben hatte. Ein Reservevorrat von Matratzen und Kissen lag am Fuße einer Gaslaterne aufgehäuft. Aber als die ersten Kranken ankamen, verlor der Baron Suire von neuem den Kopf, während Berthaud und Gérard sich beeilten, den Bahnsteig zu erreichen, auf dem der Zug stand. Sie führten die Aufsicht und gaben unter dem wachsenden Wirrwarr ihre Befehle.
    Auf diesem Bahnsteig blieb der Pater Fourcade, der am Arme des Paters Massias am Zuge entlang spazierenging, stehen, als er Doktor Bonamy kommen sah.
    »Ach, Doktor, ich bin glücklich... Pater Massias, der abreisen will, erzählte mir noch im Augenblick von der außerordentlichen Gunst, mit der die Heilige Jungfrau das interessante junge Mädchen, Fräulein Marie von Guersaint, begnadet hat. Seit Jahren hat sich ein so auffallendes Wunder nicht ereignet. Das ist ein glückliches Zeichen für uns alle, das ist ein Segen, der den Erfolg unserer Anstrengungen befruchten muß ... Für die ganze Christenheit wird dieser Fall eine Erleuchtung, ein Trost, eine Bereicherung sein.«
    Er strahlte vor Vergnügen, und bald war auch der Doktor mit seinem rasierten Gesicht, den groben, friedlichen Zügen und den sonst müden Augen außer sich vor Freude.
    »Es ist wunderbar, wunderbar, mein hochverehrter Pater! Ich werde eine Broschüre darüber schreiben. Noch nie hat sich eine Heilung auf übernatürliche Weise in glaubwürdigerer Art vollzogen ... Oh, was das für ein Aufsehen erregen wird.«
    Als alle drei

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