Lourdes
plauderten. Aber Berthaud konnte nicht dableiben, sein Dienst rief ihn, auch Gérard. Beide nahmen Abschied, nachdem sie noch an die Zusammenkunft erinnert hatten. Also nicht wahr, am fünfzehnten September im Schloß Berneville? Ja, ja, das war abgemacht. Und nun hörte man noch lachen, Händedrücke wurden gewechselt, während die Augen voller Zärtlichkeit und Entzücken vollendeten, was man inmitten dieser Menge nicht laut zu sagen wagte.
»Wie«, rief die kleine Frau Desagneaux, »Sie gehen am fünfzehnten nach Berneville? Wenn wir bis zum zwanzigsten in Trouville bleiben, wie mein Mann es wünscht, werden wir Sie besuchen.«
Dann wandte sie sich an die schweigsame Frau Volmar:
»Kommen Sie doch auch, es wäre so hübsch, wenn wir uns alle dort wiederfänden.«
Die junge Frau machte eine langsame Bewegung und sagte mit ihrer Miene müder Teilnahmlosigkeit:
»Ach, für mich ist das Vergnügen zu Ende, ich kehre nach Hause zurück.«
Wiederum begegnete ihr Blick dem Pierres, der neben den Damen stehengeblieben war, und er glaubte zu sehen, wie sie einen Augenblick verwirrt wurde, während ein Ausdruck namenlosen Schmerzes über ihr totes Gesicht huschte.
Jetzt kamen die Schwestern von Mariä Himmelfahrt, und die Damen traten vor dem Speisewagen zu ihnen. Ferrand, der mit den Nonnen im Wagen gekommen war, stieg zuerst ein. Dann half er der Schwester St. François beim Betreten des hohen Trittbrettes und blieb auf der Schwelle des Wagens stehen, in dem sich die Vorräte für die Reise: Fleischbrühe, Milch und Schokolade befanden. Schwester Hyacinthe und Schwester Ciaire des Anges, die auf dem Bahnsteig geblieben waren, reichten ihm seine kleine Apotheke sowie andere Pakete und winzige Gepäckstücke.
»Sie haben doch alles?« fragte ihn Schwester Hyacinthe. »Gut. Da Sie sich darüber beklagen, daß man Ihre Dienste nicht in Anspruch nimmt, so brauchen Sie sich jetzt nur in Ihren Winkel zu legen und zu schlafen.«
Ferrand fing leise zu lachen an.
»Liebe Schwester, ich werde der Schwester St. François helfen ... ich werde Feuer machen, die Tassen waschen und die Portionen austragen ... Sollten Sie aber doch einen Arzt nötig haben, so, bitte, holen Sie mich.«
Schwester Hyacinthe lachte nun auch.
»Aber wir brauchen ja keinen Arzt mehr, da alle unsere Kranken geheilt sind.«
Dann sagte sie mit ihrer ruhigen und schwesterlichen Miene:
»Adieu, Herr Ferrand.«
Er lächelte noch immer, während eine unendliche Rührung seine Augen befeuchtete. Der zitternde Ton seiner Stimme sprach von der unvergeßlichen Reise, von der Freude, sie wiedergesehen zu haben, von der Erinnerung ewiger und göttlicher Zärtlichkeit, die er mit fortnahm.
»Adieu, liebe Schwester!«
Frau von Jonquière sagte, sie wolle mit Schwester Claire des Anges und Schwester Hyacinthe zu ihrem Wagen gehen. Diese versicherte ihr jedoch, es eile durchaus nicht, denn es seien fast noch gar keine Kranken gebracht worden. Sie verließ sie, nahm die andere Schwester mit und versprach, über alles zu wachen, ja, sie wollte ihr durchaus ihre kleine Tasche abnehmen, indem sie ihr sagte, sie würde sie an ihrem Platze wiederfinden. So setzten denn die Damen ihren Spaziergang fort und plauderten heiter miteinander auf dem breiten Bahnsteig.
Jetzt fing Pierre an unruhig zu werden, als er Marie mit ihrem Vater noch immer nicht kommen sah. Wenn Herr von Guersaint sie auf dem Wege nur nicht verloren hatte! Und er wartete noch immer, als er Herrn Vigneron bemerkte, der außer Atem seine Frau und den kleinen Gustave wütend vor sich hertrieb.
»Oh, Herr Abbé, ich bitte Sie, sagen Sie mir, wo ist unser Wagen? Helfen Sie mir mein Gepäck und das Kind unterbringen ... Ich verliere den Kopf, sie haben mich ganz verrückt gemacht.«
Als sie vor dem Abteil zweiter Klasse standen und Pierre gerade den kleinen Kranken hinaufheben wollte, sprudelte es aus Herrn Vigneron, der die Hände des Priesters ergriff, wie aus einer Quelle hervor:
»Können Sie sich das vorstellen? Sie bestehen darauf, daß ich abreise, und haben mir gesagt, wenn ich bis morgen warte, würde meine Rückfahrkarte keine Gültigkeit mehr haben ... Ich möchte Ihnen noch viel von dem Unglücksfall erzählen ... Nicht wahr, es ist doch gewiß nicht angenehm, bei der Toten zu bleiben, bei ihr zu wachen, sie in den Sarg zu legen und in vorgeschriebener Frist fortzubringen ... Nun, sie behaupten, das gehe sie alles nichts an, sie hätten schon genügend große Ermäßigungen auf die
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