Love and Disaster
war bombenfest und ihr Dekolleté haute einen glatt aus den Socken.
Ich war beeindruckt. Verstohlen schaute ich mich um, betrachtete die anderen Frauen und dann mich selbst. Wir wirkten alle leicht verblasst, sie war die Schöne und wir die hässlichen Biester, konnten wir uns jetzt wirklich noch nach draußen wagen, so wie wir aussahen?
Ich grinste in mich hinein, schlüpfte in meinen Badeanzug und verließ die Stätte des Silikon- Grauens in Richtung Schwimmbecken, um meine Bahnen zu ziehen.
Später sah ich sie wieder, auf dem Laufband. Sie lief langsam, ganz langsam, ihre Schätze vertrugen wahrscheinlich keine größeren Erschütterungen. Sie versetzte mich erneut in Staunen, Barbie hatte tatsächlich ihren Ken mitgebracht. Ken war mindestens fünfzig und sah aus, wie einem Livestyle- Magazin für Zuhälter entsprungen. Er trug einen teuren Jogginganzug, eine protzige Uhr und eine dicke Goldkette um den Hals. Ich kam zu dem Schluss, dass Barbie Charakter hatte, sie hatte ihren Ken sicher nicht wegen seines guten Aussehens erwählt. Er hatte nicht nur fast keine Haare mehr, sondern auch einen ansehnlichen Bauchansatz und Tränensäcke bis fast zum Kinn. Aber sicher gab es da jede Menge innere Werte.
Ken tätschelte Barbies Hintern und knabberte an ihrem Ohr, er markierte, für alle sichtbar, seinen Besitz. Ich fragte mich, ob sie die Brüste zurückgeben müsste, wenn sie ihn irgendwann einmal verließ und sinnierte darüber, ob er die Dinger dann in einer Schublade aufbewahren und an die nächste Barbie weiterreichen würde.
Ungläubig darüber, was mir so durch den Kopf geisterte, zog ich mich um und ging zurück nach Hause. Barbie und Ken endeten als Notiz in meinem Skizzenbüchlein, vielleicht konnte ich sie später ja mal verwenden.
Glücklicherweise war ich frei davon, mir stundenlang Gedanken über meine Garderobe zu machen und so schlüpfte ich am Abend in aller Ruhe in ein sittsames, dunkelblaues Seidenkleid mit Rock bis zum Knie und kleinen, nicht zu gewagten Schlitzen an den Seiten. Darüber zog ich einen passenden Bolero mit langen Ärmeln und Pumps mit nicht zu hohem Absatz.
In Gedanken hörte ich Mary lästern:
„Brav Caro, in den Klamotten brauchst du wenigstens keine Angst vor unanständigen Angeboten zu haben.“
Kurz vor halb acht klingelte das Telefon und Robert Dresen war am Apparat.
„Frau Brendel, es tut mir furchtbar leid, aber ich bin in der Kanzlei aufgehalten worden und schaffe es leider nicht mehr, Sie pünktlich abzuholen. Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn wir uns direkt im Krollmanns treffen? Sie wissen, wo das ist? Nennen Sie am Empfang einfach meinen Namen.“
Ja, ich wusste, wo das war und nein, es machte mir natürlich nichts aus, direkt dorthin zu kommen. Wenigstens wurde ich nicht komplett versetzt. Notgedrungen bestellte ich mir ein Taxi, denn mein Auto stand nach wie vor in der Werkstatt.
Das Krollmanns in Charlottenburg, auch das noch. Krollmanns war das zurzeit angesagteste Restaurant in Berlin und wurde vor allem von zahlungskräftigen VIP’s frequentiert. Dort kreierte ein echter Sternekoch Miniportionen zu horrenden Preisen und um dort essen zu können, musste man sich normalerweise Wochen vorher anmelden. Wollte Dresen mir imponieren oder einfach nur klarstellen, dass er „Jemand“ war in der Stadt und hier problemlos einen Tisch bekam? Ich wusste es nicht und ich würde ihn ganz sicher nicht danach fragen.
Am Krollmanns wird man schon vor dem Eingang in Empfang genommen. Ein mit einer seltsamen Uniform verkleideter Mann sprang aus dem Eingang, riss die Taxitür auf, half mir beim Aussteigen und begleitete mich in das Restaurant.
Ich berief mich auf Robert Dresen und wurde an einen Tisch in einer ruhigen Ecke komplimentiert. Das Restaurant war recht gut besucht, neugierig sah ich mich nach Promis um, aber die waren zu dieser frühen Stunde wohl noch mit anderen Dingen beschäftigt, denn ich konnte keinen einzigen entdecken.
Ich nahm mir fest vor, bald selbst zum erlauchten Kreis der Berühmtheiten zu gehören. Warte Berlin, wenn erst mein zweites Buch erschienen war und das erste verfilmt wurde, werde ich hier hereinmarschieren, ohne das Anhängsel eines erfolgreichen Anwalts zu sein.
Die Tür öffnete sich wieder und ich verrenkte mir ein bisschen den Hals um zu sehen, ob endlich jemand hereinkam, den ich kannte.
Ich kannte die Leute tatsächlich, allerdings hätte ich mich jetzt am liebsten unter dem Tisch verkrochen. Warum musste sich mein werter Ex- Mann
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