Love and Disaster
ging es auch so“, flüsterte ich zurück und wusste, dass ich mit meinen nächsten Worten alles kaputt machen würde. „Du warst immer bei mir, die ganzen Jahre hindurch. Ich glaube, ich habe dich sogar während meiner Ehe geliebt. Du warst immer ein Teil von mir und das wird wohl auch für den Rest meines Lebens so bleiben, aber ich werde mit Sicherheit nicht deine Familie zerstören.“
Jan sah mich an, als hätte ich ihn geohrfeigt. Ich schob mich von seinem Schoß und setzte mich neben ihn.
Nach einer Weile stand er auf, reichte mir die Hand und zog mich hoch. Dann wandte er mir den Rücken zu, stützte sich mit beiden Händen auf die Kommode und ließ den Kopf hängen.
Seine Stimme klang bitter, als er sagte:
„Du hast meine Familie erlebt heute. Wenn mein Sohn nicht wäre …“
Er drehte sich um und sah mir in die Augen.
„Anja hat mir vorhin die Zeichnung vor die Füße geworfen. Sie hat dich sofort erkannt und eins und eins zusammengezählt, deshalb ist sie dich auch so angegangen. “
„Dieses Bild“, sagte ich. „Du hast es wirklich die ganzen Jahre ausgestellt?“
Er nickte.
„Es hat mich überall hin begleitet, es hing in jeder Ausstellung, aber ich hätte es niemals weggegeben. Anja kannte seine Bedeutung nicht, aber sie hat es immer gehasst. Natürlich war es ihr gegenüber unfair, ich hatte ständig ein schlechtes Gewissen deswegen. Insgeheim habe ich wohl immer gehofft, dass irgendwann jemand sagen würde- hey, das ist doch Carolin, ich kenne sie.“
Ich verfrachtete Jan auf halbwegs neutralen Boden- in die Küche. Simon war ein Engel, er hatte aufgeräumt, während ich meinen Minirausch ausgeschlafen hatte. Aus Gewohnheit ging ich zur Kaffeemaschine und stellte sie an, hielt dann aber inne.
„Ich weiß nicht einmal, was du gern magst“, sagte ich. „Trinkst du überhaupt Kaffee, oder möchtest du Tee, oder vielleicht lieber etwas ganz anderes?“
„Kaffee ist gut, schwarzer Kaffee, ich glaube, das wird eine lange Nacht“, er lächelte. „Manchmal habe ich das Gefühl, mich ausschließlich von Kaffee zu ernähren.“
„Oh, ich kenne das“, pflichtete ich ihm bei. „Wenn es gut läuft, schreibe ich die ganze Nacht durch und wenn dann der Kaffee alle ist, schlafe ich fast auf der Tastatur ein.“
„So sind wir, wir arbeiten immer bis zur völligen Erschöpfung“, er verstummte und es war, als sähe er mich plötzlich mit anderen Augen. „Mir wird jetzt erst richtig bewusst, dass du wie ich sein musst. Du bist Schriftstellerin, du kannst nachvollziehen, wie es ist, wenn dich eine Idee packt und nicht mehr loslässt. Wenn man einfach nicht mehr aufhören kann und die Welt um sich herum komplett vergisst.“
„Ja, ich weiß, wie das ist“, sagte ich. „Aber ich stehe mit all dem noch ganz am Anfang und ob ich jemals davon leben kann, steht in den Sternen.“
„Und wovon lebst du, wenn nicht vom Schreiben?“
„Ich unterrichte, ich bin Lehrerin.“
Ich goss Kaffee in zwei große Becher und stellte einen davon zu Jan. Dann setzte ich mich zu ihm an den Tisch.
„Lehrerin bist du“, sagte er. „Ich habe immer nur gemalt. Während meiner Zeit an der Kunstakademie in Krakau habe ich in Kneipen gejobbt und ziemlich oft Modell gestanden, um ein bisschen Geld zu verdienen, aber ich war immer Maler und nichts anderes.“
Ich schloss die Augen, kurz blitzt die Vorstellung von Jan als Aktmodell in mir auf, allein bei dem Gedanken bekam ich feuchte Hände. Er beobachtete mich und grinste, offenbar sah man mir meine Gedankengänge an.
„Ich habe erst vor ein paar Jahren angefangen, zu schreiben“, sagte ich schnell und hoffte, nicht auch noch rot zu werden.
„Harro Haase war wirklich wahnsinnig loyal dir gegenüber“, Jan trank einen Schluck Kaffee und verzog das Gesicht, weil das Gebräu brühend heiß war. „Ich musste deine Nummer und die Adresse fast aus ihm herausprügeln, er ist wirklich ein tapferer, kleiner Kerl.“
Ich lächelte.
„Wir sind sehr gute Freunde, und Freunde beschützen einander, ich hoffe, du warst nicht gemein zu ihm.“
Jan sah mich schräg an.
„Was denkst du von mir? Dass ich ihn an seinen Stuhl gefesselt und gefoltert habe?“
„Wer weiß?“ antwortete ich. „Ich kenne dich doch überhaupt nicht.“
„Das stimmt, aber du liebst mich trotzdem“, Jan wurde todernst. „Naja, so in etwa habe ich das deinem Freund Harro auch gesagt und er ist vor Rührung fast dahingeschmolzen.“
„Das hast du ihm wirklich so gesagt?“, ich war entsetzt. Harro
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