Love and Disaster
und nahm sie in die Arme. Sie ließ sich gegen mich fallen, sie kam mir vor wie eine Lumpenpuppe ohne jede feste Substanz.
„Es tut mir leid, Mary, ich wollte das nicht, bitte, bitte entschuldige.“ Ich strich ihr übers Haar und hielt sie fest. Am liebsten hätte ich mitgeheult, aber ich riss mich zusammen. Was hatte Robert nur gesagt, oder vielmehr, was hatte ich angerichtet?
„Hör auf, dich zu entschuldigen, ich hab es verdient“, murmelte Mary nach einer Weile. „Ich bin zu weit gegangen.“
Sie rappelte sich hoch, griff sich den erstbesten Stofffetzen, der ihr in die Finger kam und putzte sich damit die Nase. Holzpuppes angehende Sonntags- Ausgeh- Hose oder was auch immer daraus werden sollte, war ruiniert.
„Mary, erzähl mir doch, was Robert gesagt hat“, bat ich. „Ich weiß gerade nicht, was ich denken soll.“
Sie ging hinüber zu ihrem Schreibtisch und zog einen Flachmann aus der Schublade. Nach einem tiefen Schluck reichte sie mir die Flasche und setzte sich wieder auf den Boden. Ich trank und musste husten, da drin war irgendein krätziger Fusel der einem fast die Schleimhäute wegbrannte.
„Hast du da Brennspiritus drin?“, krächzte ich. Mary nahm mir die Flasche weg und trank einen zweiten Schluck.
„Es tut mir leid“, sagte sie noch einmal. „Aber ich war so wütend auf dich, das hat sich seit Roberts Besuch hochgeschaukelt und jetzt ist es eben übergelaufen.“
Das war Mary live. Sie war ein bisschen wie der Ferrari, mit dem ich gefahren war, von null auf hundert in drei Sekunden, aber dann kam sie auch genauso schnell wieder runter.
Sie räusperte sich.
„Also gut, die Wahrheit und keine Übertreibung. Robert war hier und hat mir ein Friedensangebot gemacht. Er stand letzte Woche plötzlich vor der Tür und wollte mit mir reden. Er sagte, ihr wärt euch näher gekommen aber du hättest meinetwegen Bedenken. Ich sagte, dass ich dem jungen Glück keinesfalls im Weg stehen will und hab ihn rausgeworfen.“
„Das war alles?“, fragte ich vorsichtig. Ich hatte sonst was gedacht, was Robert gesagt haben könnte.
„Das war alles“, bestätigte Mary. „Den Rest hab ich mir ausgemalt.“
„Ich hab letzte Woche unten im Hausflur gestanden, als er die Treppe runterkam. Ich dachte, ihr habt euch ausgesöhnt und seid wieder zusammen, ich habe mich versteckt und er hat mich nicht gesehen.“
„Du bist so eine blöde Kuh, Caro. Wir werden nie wieder zusammen sein. Ich habe mit ihm Schluss gemacht und damit war es vorbei. Ich habe ihm unglaublich wehgetan, wenn er mich zurückhaben wollte, würde ich ihm raten, sich auf seinen Geisteszustand überprüfen zu lassen.“
„Aber du hast gesagt, du liebst ihn noch“, sagte ich, immer noch nicht ganz überzeugt.
„Ja, leider“, antwortete Mary. „Ich habe mir eingebildet, ihn noch zu lieben, weil mir die Vorstellung davon gefallen hat.“
Ich langte nach dem Flachmann und nahm einen Zug. Diesmal kratzte es schon weniger.
„Was war jetzt eigentlich mit Clemens?“, fragte Mary.
Ich erzählte, was passiert war und Mary wurde wieder zornig.
„Ich kenne da ein paar ziemlich harte Jungs“, sagte sie. „Die sind mir noch einen Gefallen schuldig.“
„Vergiss es Mary“, ich war erschrocken, Mary traute ich so Einiges zu. „Ich gehe morgen zur Polizei und erstatte Anzeige.“
„Die machen doch eh nichts“, antwortete sie und winkte geringschätzig ab.
„Ich fasse nicht, was ich jetzt sagen werde“, sie kicherte. „Aber an deiner Stelle würde ich zu Robert gehen. Der weiß, was zu tun ist.“
„Robert ist bestimmt sauer auf mich“, sagte ich kleinlaut. „Ich bin vorhin einfach abgehauen.“
„Was läuft denn jetzt zwischen euch?“, fragte Mary. „Oder läuft da nichts? Würdest du mich bitte mal aufklären, ich werde nämlich nicht schlau draus.“
„Es läuft definitiv was zwischen uns“, antwortete ich und begann zu erzählen. Ich war noch nicht allzu weit gekommen, als mein Handy klingelte.
Robert – und er klang überhaupt nicht mehr nett.
„Ich weiß wirklich nicht, was hinter deiner hübschen Stirn vor sich geht und was dein Abgang vorhin sollte, aber ich muss unbedingt wissen, wo du bist. Bist du zu Hause? Wo steckst du, Caro?“
„Ich bin bei Mary, was …“
„Dann bleib da, ich brauche eine gute halbe Stunde bis dahin, ich hole dich ab.“
„Wieso denn, was …“
Wieder unterbrach er mich.
„Dein Ex läuft Amok, er wollte gerade in unser Haus eindringen, er war ziemlich angetrunken und wollte mich angreifen.
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