Love and Disaster
das.“
„Mindestens“, sagte Sandra lachend. „Also, nun sag endlich, was du gewonnen hast, spann mich nicht länger auf die Folter.“
Paula war aufgestanden und hüpfte wie ein kleines Mädchen durch Sandras Wohnzimmer.
„Ich habe eine Woche Berlin im Superluxus- Fünf- Sterne- Hotel plus Erste Klasse Bahnticket gewonnen, das Ganze für zwei Personen und du kommst mit.“
„Du nimmst mich auf den Arm“, sagte Sandra ungläubig. „Und du bist sicher, dass du in Wirklichkeit nicht nur ein superhässliches Kaffeeservice gewonnen hast?“
„Wenn du mir nicht glaubst, lies den Brief.“ Paula warf ihr den Briefumschlag zu, den sie beim Hereinkommen wie eine Trophäe geschwenkt hatte.
„Aber das Hotel ist noch nicht alles. Wir werden außerdem einen ganzen Tag mit dem „einzigartigen“ Christian Steinmann verbringen und ihn zur Premiere seines neuen Films begleiten. Na, jetzt bist du sprachlos!“
Sandra griff sich die Zeitschrift, setzte sich und begann, den Artikel über Christian Steinmann zu überfliegen, dann fing sie an, schallend zu lachen.
„Das ist ja umwerfend, was hier steht. Fünfunddreißig Jahre alt, männliches Sexsymbol, Frauenschwarm, begehrtester Junggeselle des Jahres. Kannst du dir ungefähr vorstellen, was das für ein Typ sein muss? Sieh nur mal dieses Foto, das sagt doch schon alles. Mit dem sollen wir einen ganzen Tag verbringen? Na das kann ja was werden.“
Sandra hatte bisher nur zwei Filme mit Christian Steinmann im Kino gesehen, er spielte jedes Mal den großen Liebhaber, den alles besiegenden Helden. Die Inhalte der Filme sagten ihr nicht zu, in den Filmen gab es zuviel von allem. Zuviel Action, zuviel Blut und Sex, zuviel von seinem, zugegebenermaßen, fantastischen Körper, aber nichts von dem, was Sandra von einem guten Film erwartete. Sie gestand ihm zu, ein guter Schauspieler zu sein, aber seine Filme fand sie unterirdisch.
Prustend stieß Paula hervor: „Das wird eine völlig neue Erfahrung werden. Wir beide einen ganzen Tag mit Supermann. Wir werden aus dem Kichern nicht herauskommen.“
Sandra stimmte ihr zu und die alte Abenteuerlust brach aus ihr hervor.
„Das lassen wir uns auf keinen Fall entgehen. Ich bin dabei, es sei denn, du willst den „Junggesellen des Jahres“ für dich allein haben.“
Paula schüttelte den Kopf.
„Nein, den teilen wir uns, der ist zuviel für mich allein.“
Sie überlegte kurz und meinte dann:
„Was meinst du, wenn wir einmal dabei sind, wir könnten doch anschließend noch ein paar Tage irgendwo anders hin fahren, ans Meer vielleicht?“
„Ans Meer“, Sandra seufzte sehnsuchtsvoll. Dann sagte sie mutlos:
„Ob ich meinen Chef von einem so langen Urlaub überzeugen kann? Er wird mir nicht einmal die eine Woche frei geben.“
„Dieser Mensch gehört wirklich bestraft“, meinte Paula. „Dass du dir das alles so gefallen lässt?“
„Was soll ich denn machen? Die lieben Kollegen kuschen vor ihm und warten nur auf einen Fehler von mir. Allein kann ich doch nichts ausrichten.“
Paula streichelte ihr tröstend über den Arm.
„Auf jeden Fall werden wir nach Berlin fahren. In vier Wochen geht es los, du hast also noch genug Zeit, um deinen Chef breitzuklopfen. Und anschließend verbringen wir noch eine gemütliche Woche irgendwo im Norden.“
„Ich werde es schon irgendwie schaffen, mich loszueisen.“
Sandra schaute erschrocken auf ihre Armbanduhr.
„Um Gottes Willen, schon so spät. Paula, bitte entschuldige mich jetzt, ich habe gleich ein Geschäftsessen und bin noch nicht einmal fertig angezogen.“
Sandra dachte noch einmal über den kommenden Urlaub nach. Paula und sie waren noch nie zusammen verreist und sie hatte eine Pause wirklich dringend nötig.
Ein paar Tage am Meer wären fantastisch, sie war gefühlte Ewigkeiten nicht mehr an der See gewesen. Sie liebte das Meer, lange Spaziergänge am Strand, wundervolle Sonnenuntergänge und den Geruch von Salz und Tang. Sandra hätte gern am Meer gelebt.
Die Reise nach Berlin war im wahrsten Sinne des Wortes ein Gewinn. Sie freute sich auf den Tapetenwechsel, auf neue Eindrücke und darauf, einmal andere Menschen zu sehen, als immer die gleichen Gesichter in den Straßen ihrer Heimatstadt.
So richtig wohl fühlte sie sich hier schon lange nicht mehr. Die meisten ihrer Schulfreunde waren bereits vor Jahren weggezogen, hatten sich in die „große, weite Welt“ aufgemacht. Nur Sandra war hier hängengeblieben, hatte es nicht geschafft, sich von dem kleinen Provinznest zu lösen.
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