Love just happens
…
Nein, ich brauche eine Atempause.
Ich bleibe im Bett, bis Mom heraufkommt, um nachzuschauen, warum ich noch nicht auf bin.
»Ich bin krank«, sage ich mit zittriger Stimme und das ist nicht mal gespielt. Auch nicht meine zusammengekrümmte Haltung, so, als ob ich Schmerzen hätte.
Weil es verdammt wehtut, ein dummes Herz in der Brust zu haben, auch wenn die Schmerzen nicht körperlich sind.
»Was ist los?«, fragt Mom und fühlt mit dem Handrücken meine Stirn, dann schaut sie zu mir herunter. »Du bist heiß.«
»Mein Magen«, krächze ich und krümme mich noch mehr zusammen. »Kannst du bitte Brianna anrufen und ihr sagen, dass sie mich nicht abholen soll?«
»Ja, gut«, sagt Mom leise und kurz darauf höre ich, wie sie mit Brianna telefoniert.
Sie sagt danach nichts mehr, aber ich merke, dass sie etwas loswerden will, und deshalb schließe ich die Augen, rolle mich zusammen und stelle mich schlafend.
Nach einer Weile kommt Mom zurück und bringt mir etwas gegen meine Magenschmerzen, und ich nehme es, weil ich jetzt wirklich Bauchweh habe.
Ich habe Bauchweh, weil ich weiß, dass Brianna sich wundern wird, was mit mir los ist. Es kommt sonst nie vor, dass ich nicht mit ihr rede. Selbst als ich letztes Weihnachten mit Grippe im Bett lag, bin ich ans Telefon gegangen, wenn sie angerufen hat, und ich habe sie rüberkommen lassen, obwohl ich schlotternd unter der Decke lag und mein ganzer Körper schmerzte. Und Brianna hat die Coole gespielt, hat so getan, als ob es ihr nichts ausmachte, dass ihre Mutter am Weihnachtstag mit einem »Freund« zum Essen gegangen war und ihr ein paar Fitness-DVDs und ein Diätbuch als Geschenk dagelassen hatte.
Dad kommt jetzt ins Zimmer, fertig angezogen und auf dem Weg zu seinem ersten Vormittagskurs. In seiner Anwaltszeit hat er immer perfekt gebügelte Anzüge und frisch gestärkte Hemden getragen. Jetzt läuft er ganz leger in Jeans und weißen Hemden herum.
»Dir geht’s nicht so gut, hab ich gehört«, sagt er undsetzt sich zu mir aufs Bett. »Deine Mutter meint, es ist der Magen.«
Ich nicke und er berührt mein Haar.
»Und sie sagte auch, sie hat Brianna angerufen und ihr ausgerichtet, dass sie dich nicht abholen soll, und dass du gestern nicht mit ihr reden wolltest, als sie angerufen hat«, fährt er fort und ich schaue ihn an.
»Habt ihr euch gestritten?«, fragt er und ich schüttle den Kopf, weil es die Wahrheit ist. Wir haben wirklich nicht gestritten, aber wenn sie wüsste …
Wenn sie wüsste, was ich gemacht habe, würde sie mich hassen und kein Wort mehr mit mir reden. Selbst wenn ich ihr nur erzählen würde, was ich fühle, würde sie mich zum Teufel jagen. Meine Augen füllen sich mit Tränen.
Ich bin so dumm. Wenn ich doch in eine andere Haut schlüpfen könnte, jemand anderer sein!
»Jetzt wein doch nicht, Bärchen«, tröstet Dad mich. »So ein Streit zwischen Freunden ist doch kein Weltuntergang und ihr beide kennt euch seit einer Ewigkeit. Sei einfach du selbst, dann wird alles gut.«
Nichts wird gut!
, schreie ich im Stillen.
Gar nichts! Wie denn auch?
Aber laut sage ich nur: »Danke, Dad.«
Er nickt. »Kein Problem. Jeder braucht mal ab und zu einen freien Tag. Aber morgen gehst du wieder in die Schule, ja?«
»Ja, klar«, murmle ich. Es ist auch nicht wirklich eine Frage, sondern eine Feststellung, so eine typische Elternansage:
Und ob du gehst!
Außerdem, was soll’s? Selbstwenn ich tausend Jahre zu Hause im Bett bleiben würde, wäre ich nicht von der Krankheit geheilt, an der ich leide.
Na ja, vermutlich schon, weil ich dann tot wäre, aber selbst im Sterben würde ich noch an Ryan denken: wie er mich im Auto und bei ihm zu Hause angesehen hat, als er mich geküsst hat, wie sein Mund sich auf meinem anfühlte, wie wahnsinnig beide Küsse waren …
Mist. Mist Mist Mist Mist Mist.
Denk an was anderes. An was Schlimmes.
Zum Beispiel, was Brianna sagen würde, wenn sie wüsste, dass ich Ryan nicht nur einmal, sondern zweimal geküsst habe.
Ich weiß, was sie tun würde. Ihr Gesicht würde den eisigen, leeren Ausdruck annehmen, den sie ihrer Mutter abgeschaut hat, und sie würde sagen: »Was soll das heißen, ›geküsst‹?«, und dann würde ich es ihr erzählen, alles ausspucken, jede noch so winzige Einzelheit, und sie würde mich einfach nur anstarren und nie wieder mit mir reden.
Das wirkt. Der Gedanke verscheucht die Küsse aus meinem Kopf, und als Mom mich endlich aufstehen lässt, verdrücke ich das Mittagessen, das sie
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