Love me, angel (Junge LIebe ) (German Edition)
Klingeln höre ich aber verblüfft, dass Bastian mich wohl weggedrückt hat. Er will nicht mit mir sprechen.
Einen Moment lang sehe ich ratlos das Mobilteil an. Damit ist es nun wohl amtlich: Bastian und ich haben richtig Streit! Und plötzlich fühle ich mich seltsam. Einerseits spüre ich deutlich die Angst, die das in mir auslöst, aber auf der anderen Seite bin ich auch wütend. Wieso will er nicht verstehen, dass mich seine Maike nicht interessiert? Wieso ist das so schwierig?
Ich lasse mich auf mein Bett fallen. Natürlich weiß ich, warum Bastian die Sache nicht versteht. Ganz einfach, weil ich ihm niemals mit Weibern in den Ohren hänge. Er weiß ja gar nicht, wie das ist, wenn man sich ständig solche Geschichten reinziehen darf, ohne sich mal mit eigenen Erfahrungen dafür zu revanchieren.
Für einen merkwürdigen Moment bin ich fest davon überzeugt, dass ich Bastian ganz schnell die Wahrheit über mich erzählen muss. Er ist mein bester Freund! Verdammt, er muss das doch verstehen und ... Natürlich ist das unmöglich. Ich seufze. Zumindest hab ich die Genugtuung, dass wenigstens sein Bruder auf meiner Seite steht. Soll er doch mit seiner Maike glücklich werden!
Damit bin ich wieder bei Sven. Sven, der findet, dass ich gut aussehe, der für mich Verständnis hat und mir zuhören will, der mich in die Schwulendisco mitnehmen will - Sven, der ... Ich schüttle diesen Gedanken ab. Nein! Auch wenn ich gerade mit Bastian Streit habe, solche Überlegungen sind tabu! Ich werde auf keinen Fall und niemals irgendwas mit Bastians Bruder anfangen, egal was er mir für Komplimente macht und in wie viele Discos er mich noch schleifen wird oder wie viele Cocktails ich mit ihm trinken werde ...
Dann träume ich aber doch ein wenig von Sven. Er ist so anders. So ... Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall - spannend.
„Gehst du heute noch weg?", fragt meine Mutter plötzlich und die Spannung ist dahin.
„Ja", sage ich und grinse.
Kapitel 6
„Ich bin weg!", rufe ich fast zwei Stunden später. Meine Mutter antwortet irgendwas, aber das interessiert mich nicht mehr. Ich öffne die Wohnungstür und stürme ins Treppenhaus. Mit den Gedanken bin ich längst ganz woanders - ganz bei Sven, um genau zu sein. Ich kann immer noch nicht fassen, was heute los ist. Ein total abgefahrener Tag! Und ich bin auf den Weg in einen Gay-Club!
„Noch weg?", fragt mein Vater plötzlich, als ich gerade das Haus verlassen will. Natürlich fahre ich voll zusammen und höre noch meinen eigenen Aufschrei im Treppenhaus nachhallen.
„Mann, Mann, Mann, was ist denn mit dir los?", grinst er mich an und drängt sich mit seiner Aktentasche an mir vorbei. „Schlechtes Gewissen? Oder doch nur verliebt?"
Ich spüre den Schreck noch immer in den Beinen und bin wie vor den Kopf gestoßen. „Ja - äh, nein, also - ich ..."
„Schon gut", sagt mein Vater, lächelt noch mal unverbindlich und dreht sich dann um. Typisch für ihn. Aber heute ärgere ich mich nicht über sein gespieltes Interesse, heute interessiert mich nur - Sven!
Eilig verlasse ich das Haus und halte schon Ausschau. Es ist mir plötzlich ein wenig unangenehm, dass meine Eltern Sven sehen könnten. Völliger Quatsch eigentlich. Warum sollte ich nicht auch mit Bastians Bruder befreundet sein dürfen? Die schmutzigen Gedanken habe ja ich allein ... Bei dieser Vorstellung muss ich grinsen. Schmutzige Gedanken, dass ich nicht lache. Aber ich muss mir eingestehen, dass mir Sven heute mehr geschmeichelt hat, als ich für möglich gehalten habe. Wahrscheinlich erklärt das auch, weshalb ich so aufgeregt bin. Ich könnte ja geradewegs aus der Haut fahren, so sehr brodelt es in mir.
Entschlossen gehe ich ein Stück die Straße hoch. Ich glaube zwar nicht, dass meine Eltern aus dem Fenster gucken, aber - es schadet ja nicht, und außerdem gehe ich Sven ja so ein Stück entgegen, und ich habe was zu tun, und - ach, was weiß ich?
Ich könnte vor Freude rumhüpfen!
Mach ich aber natürlich nicht, was sollen denn die Leute von mir denken? Und dann steige ich am Ende zu einem anderen Kerl in den Golf. Da wissen die ja dann sofort was los ist - und Sven auch ... Dabei freue ich mich doch nur. Warum, das weiß ich eigentlich gar nicht so recht, weil ich nämlich eigentlich volle Kanne Schiss habe. Ich weiß zwar, wie so eine Gaydisse aussieht - Fernsehen bildet -, aber selbst da zu sein, das ist noch mal was ganz anderes.
Ich schaue bestimmt zum zehnten Mal an mir herunter. Chucks, schwarze
Weitere Kostenlose Bücher