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Love Story: Roman (German Edition)

Love Story: Roman (German Edition)

Titel: Love Story: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Segal
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großen Staatsschulen konkurrieren», sagte die Direktorin Anne Miller Whitman zu meiner Frau und machte dann noch eine Bemerkung in dem Sinne, daß sich ja die Barretts sowieso nicht «um diesen Gesichtspunkt» zu kümmern brauchten. Jenny versuchte, ihr diese Illusion zu nehmen, doch alles, was sie zu den bereits gebotenen 3500 pro Jahr noch dazubekam, waren etwa zwei Minuten albernes «Hohoho!». Miß Whitman fand Jennys Bemerkungen, daß Barretts ihre Miete ebenso bezahlen müßten wie andere Leute, furchtbar witzig.
    Als Jenny mir das alles erzählte, machte ich ein paar fantasievolle Vorschläge hinsichtlich dessen, wohin sich Miß Whitman ihre 3500 Dollar stecken könnte. Doch da fragte mich Jenny, ob ich gern die Juristerei an den Nagel hängen und sie ernähren würde, während sie die pädagogischen Examina machte, die man fürs Unterrichten in Staatsschulen brauchte. Ich dachte zwei Sekunden ganz scharf über die Lage nach und kam dann zu einem kurzen, bündigen Schluß:
    «Scheiße.»
    «Das ist überzeugend», sagte meine Frau.
    «Was hätte ich denn sagen sollen, Jenny? Etwa: hohoho?»
    «Nein – du sollst lernen, Spaghetti zu lieben .»

    Das tat ich. Ich lernte Spaghetti lieben, und Jenny lernte jedes nur erdenkliche Rezept, bei dem Teigwaren so schmeckten, als wären sie was anderes. Außerdem, mit unserem Verdienst vom Sommer, ihrem Gehalt und dem vorweggenommenen Geld, das ich für meine geplanten Aushilfsarbeiten bei der Post während des weihnachtlichen Stoßverkehrs bekommen sollte, schafften wir es gerade. Ich meine, es gab so viele Filme, die wir nicht sahen (und Konzerte, in die wir nicht gingen), aber wir kamen durch.
    Wir kamen natürlich nirgends mehr hin, bloß noch durch. Ich meine, in gesellschaftlicher Hinsicht hatte sich unser beider Leben drastisch geändert. Wir waren immer noch in Cambridge, und theoretisch hätte Jenny bei ihren sämtlichen Musikgruppen weitermachen können. Aber sie hatte keine Zeit mehr dazu. Sie kam todmüde aus der Schule zurück und mußte dann noch kochen (auswärts zu essen lag außerhalb unserer äußersten finanziellen Möglichkeiten). Meine Freunde hatten mittlerweile genügend Einsicht, uns in Ruhe zu lassen. Ich meine, sie luden uns nicht ein, damit wir sie nicht wieder einladen mußten. Sie verstehen schon. Wir ließen sogar die Football-Spiele weg.
    Als Mitglied des Varsity Club hatte ich ein Anrecht auf die ganz fantastischen reservierten Plätze. Aber ein Billett kostete sechs Dollar, und das bedeutete zwölf Dollar.
    «Das tut es nicht», argumentierte Jenny, «sondern nur sechs. Du kannst ohne mich hingehen. Ich versteh überhaupt nichts vom Football, außer daß die Leute schreien: ‹Drauf, gib’s ihnen!› und das findest du so himmlisch, und deswegen möchte ich, daß du hingehst, verdammt noch mal.»
    «Der Fall ist abgeschlossen», pflegte ich zu erwidern, denn schließlich war ich der Ehemann und das Familienoberhaupt. «Außerdem kann ich die Zeit gut fürs Studieren brauchen.» Trotzdem, ich verbrachte die Samstagnachmittage mit einem Transistorradio am Ohr und hörte das Gebrüll der Football-Freunde, die sich jetzt, obwohl geographisch kaum einen Kilometer weit von mir entfernt, in einer anderen Welt befanden.
    Ich benutzte meine Zugehörigkeit zum Varsity Club, um für Robbie Wald, einen Jurakommilitonen, Yale-Plätze zu organisieren. Als Robbie unter Dankesbezeugungen unsere Wohnung verlassen hatte, bat mich Jenny, ihr noch einmal zu erklären, wer in dem für den Varsity Club reservierten Teil sitzen durfte, und ich erklärte ihr noch einmal, daß dort all diejenigen saßen, die ungeachtet von Alter, Größe und gesellschaftlichem Rang auf den Sportfeldern dem edlen Harvard treulich gedienet.
    «Auch auf dem Wasser?» fragte sie.
    «Sportskanone blieb immer Sportskanone», erwiderte ich, «ob naß oder trocken.»
    «Außer dir, Oliver», sagte sie. «Du bist eingefroren.»
    Ich ließ das Thema fallen in der Annahme, daß das schlicht eine von Jennys üblichen schlagfertigen Antworten war. Ich hatte keine Lust, darüber nachzudenken, ob noch etwas anderes hinter ihrer Frage nach den athletischen Traditionen der Universität Harvard steckte. Etwa die zarte Andeutung, daß, obwohl das «Soldiers Field» 45 000 Menschen faßt, alle ehemaligen Sportskanonen in der einen hochpiekfeinen Abteilung zu sitzen pflegten. Alle. Alte und junge. Nasse, trockene – und selbst eingefrorene. Und waren es wirklich nur die sechs Dollar, die mich

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