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Love Story: Roman (German Edition)

Love Story: Roman (German Edition)

Titel: Love Story: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Segal
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Uhr früh heimzukommen. Verstehen Sie: sechs Seminare, plus Redaktion der Law Review , plus der Tatsache, daß ich selbst – unter meinem Namen – in einer der Nummern einen Artikel veröffentlichte («Rechtsschutz für die städtischen Armen», Studie über den Stadtteil Roxbury in Boston, von Oliver Barrett IV, HLR, März 1966, pp. 861–908).
    «Ein feines Stück Arbeit. Wirklich eine feine Sache.»
    Das war alles, was Joel Fleischmann, mein Chefredakteur, immer wieder äußerte. Offengestanden hatte ich, als er meine Letztfassung durchlas, ein präzises Kompliment von einem Burschen erwartet, der nächstes Jahr bereits Sekretär von Richter Douglas sein würde. Kruzitürken, Jenny hat mir gesagt, es sei «scharfsichtig, intelligent und wirklich gut geschrieben». Hatte Fleischmann mir nichts Gleichwertiges zu bieten?
    «Fleischmann hat es eine feine Sache genannt, Jen.»
    «Was? Bin ich so lange aufgeblieben, bloß um das zu hören?» sagte sie. «Hat er sich denn nicht über die Genauigkeit deiner Recherchen ausgelassen? Über deinen Stil? Über irgendwas ?»
    «Nein, Jen. Er hat bloß ‹fein› gesagt.»
    «Und warum kommst du dann erst so spät?»
    Ich zwinkerte ihr ein bißchen zu.
    «Ich mußte mit Bella Landau noch was durchsehen», sagte ich.
    «Ach ja?» sagte sie.
    Ihr Ton war undeutbar.
    «Bist du eifersüchtig?» fragte ich geradeheraus.
    «Nein. Ich hab die besseren Beine», sagte sie.
    «Kannst du einen juristischen Schriftsatz abfassen?»
    «Kann sie Lasagne kochen?»
    «Ja», erwiderte ich. «Um die Wahrheit zu sagen, sie hat heute abend welche ins Gannett House mitgebracht. Jeder hat gesagt, sie wären so gut gewesen wie deine Beine.»
    Jenny nickte. «Bestimmt.»
    «Was sagst du dazu?» fragte ich.
    «Zahlt Bella Landau deine Miete?» fragte sie.
    «Verdammt», erwiderte ich. «Warum höre ich nie auf, wenn ich gerade vorne bin?»
    «Weil», sagte meine liebende Gattin, «du das nie schaffst, Jungchen!»

15
    Wir wurden auch in derselben Reihenfolge fertig. Ich meine: Erwin, Bella und ich waren die drei Besten der Klasse, die nun gerade das zweite Examen, den Master of Law , hinter sich gebracht hatten. Es kam eine glorreiche Zeit. Stellungen wurden mir angetragen. Nachgetragen. Aufgedrängt. Die tollsten Stellungen. Wohin ich auch kam, überall schien jemand ein Fähnchen zu schwenken mit der Aufschrift: «Arbeiten Sie für uns, Barrett!»
    Doch ich folgte nur den grünen Fahnen, den grünen Lappen, meine ich. Vollkommener Materialist bin ich zwar nicht, aber ich ließ doch die nur mit Prestige verbundenen Dinge gleich weg, wie den Posten eines Rechtsgehilfen oder überhaupt den öffentlichen Dienst wie das Justizministerium, zugunsten eines lukrativen Jobs, bei dem wir das widerwärtige Wort «knausern» für immer aus unserem Wortschatz streichen konnten.
    Obwohl nur Dritter, genoß ich einen unschätzbaren Vorteil beim Konkurrenzkampf um die besten Juristenstellen. Ich war der einzige innerhalb der ersten zehn, der nicht Jude war. (Und wer da behauptet, das sei doch egal, der ist schief gewickelt.) Lieber Himmel, es gibt dutzendweise Firmen, die einen WASP, einen weißhäutigen und noch protestantischen Angelsachsen, immer mit Kußhand nehmen, selbst wenn er nur mit Ach und Krach durchs erste Examen gekommen ist.
    Sehen Sie sich doch mal die Situation meiner Wenigkeit an: Redaktion der Law Review , Harvard-Absolvent, Spitzensportler und was nicht alles. Ganze Völkerstämme stritten sich darum, meinen Namen und meine Ordnungszahl auf ihren Briefkopf zu kriegen. Ich kam mir vor wie ein preisgekrönter Rassehund und genoß es in vollen Zügen.
    Ein besonders faszinierendes Angebot kam von einer Firma in Los Angeles. Der Rekruten-Anwerber, Mr.X (wozu eine Beleidigungsklage riskieren?), wiederholte mir mehrfach:
    «Barrett, Mensch, auf unserem Gebiet haben wir zu allem Zugang, Tag und Nacht. Verstehen Sie, wir können es uns direkt ins Büro raufschicken lassen!»
    Nicht, daß wir nach Kalifornien gewollt hätten, aber ich hätte doch gern genau gewußt, wovon Mr.X eigentlich sprach. Jenny und ich kamen auf die wildesten Vermutungen, aber für Los Angeles waren sie wahrscheinlich noch nicht wild genug. (Ich mußte Mr.X schließlich dadurch abwimmeln, daß ich ihm sagte, «daran» liege mir nichts. Er war völlig niedergeschmettert.)
    In Wahrheit waren wir entschlossen, an der Ostküste zu bleiben. Wie sich später herausstellte, bekamen wir noch Dutzende von phantastischen Stellungen

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