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Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Zeit, verdammter Mist! zu denken, und knallte dann hin. Ihr Schädeldach verfehlte die betonierte Treppen-schräge um Haaresbreite, was nur gut war, denn das wäre ein übler Schlag gewesen, vielleicht von der Art, nach dem man bewusstlos liegen blieb. Nach dem man tot liegen blieb, wenn man schwer auf den Betonboden fiel. Lisey schaffte es, ihren Sturz mit ausgebreiteten Händen abzufangen, wobei ein Knie sicher auf der nachgiebigen Matte des verrotteten Badmin tonnetzes landete, während das andere ziemlich hart auf dem Kellerboden aufkam. Zum Glück trug sie noch Jeans.
    In gewisser Hinsicht war dieser Sturz im wahrsten Sinne des Wortes ein Glücksfall gewesen, dachte sie, als sie eine Viertelstunde später auf ihrem Bett lag: noch immer vollstän dig bekleidet, aber nicht mehr laut weinend; inzwischen war sie bei den vereinzelten Schluchzern und dem jämmerlich wässrigen, keuchenden Atemholen angelangt, den Kater erscheinungen starker Gefühlsregungen. Der Sturz – und ver mutlich der vorausgegangene Schreck – hatte sie wieder zur Vernunft gebracht. Sonst hätte sie wohl noch zwei Stunden lang nach der Schatulle gefahndet – auch länger, wenn sie die Kraft dazu gehabt hätte. Zurück auf den Dachboden, zurück in den Keller. Zurück in die Zukunft, hätte Scott bestimmt hinzugefügt; er besaß das Talent, sich genau den falschen Augenblick für seine Scherze auszusuchen. Oder genau den richtigen, wie sich manchmal später herausstellte.
    Jedenfalls hätte sie leicht bis Tagesanbruch weitermachen können, was ihr eine Menge heißer Luft in der einen Hand und einen Haufen Dreck in der anderen eingebracht hätte. Inzwischen war Lisey überzeugt, dass die Schatulle entweder an einem so offenkundigen Platz stand, dass sie schon ein halbes Dutzend Mal an ihr vorbeigelaufen war, oder dass sie einfach weg war – vielleicht von einer der Putzfrauen gestoh len, die im Lauf der Jahre bei den Landons sauber gemacht hatten, oder von irgendeinem Handwerker, der sie erspäht und sich überlegt hatte, dass eine hübsche Schatulle dieser Art, deren Verschwinden Mr. Landons Missus (merkwürdig, wie dieses Wort sich bei einem einnistete) nie bemerken würde, seiner Frau gefallen könnte.
    Schnickschnack, kleine Lisey, sagte der Scott, der seinen Platz in ihrem Kopf behauptete. Denk morgen darüber nach, morgen ist auch noch ein Tag.
    »Genau«, sagte Lisey und setzte sich auf, weil sie plötz lich merkte, dass sie eine verschwitzte, übel riechende Frau war, die in verschwitzten, schmuddeligen Sachen steckte. Sie streifte ihre Kleidung so rasch wie möglich ab, ließ sie am Fußende des Bettes übereinandergeworfen liegen und ging unter die Dusche. Beim Abfangen ihres Sturzes im Keller hat te sie sich die Handflächen aufgeschürft, aber sie ignorierte das Brennen, shampoonierte ihr Haar zweimal und ließ sich den Schaum seitlich übers Gesicht laufen. Nachdem sie dann ungefähr fünf Minuten lang unter dem heißen Wasser fast gedöst hatte, stellte sie den Hebel resolut auf Cold, spülte sich mit den eiskalten Nadelstrahlen ab und flüchtete dann nach Luft ringend aus der Kabine. Sie trocknete sich mit einem der großen Badehandtücher ab, und als sie es in den Wäschekorb warf, merkte sie, dass sie sich wieder wie sie selbst fühlte: ver nünftig und bereit, diesen Tag loszulassen.
    Sie ging ins Bett, und bevor der Schlaf sie überwältigte, war ihr letzter Gedanke, dass draußen Deputy Boeckman Wache hielt. Das war eine beruhigende Gewissheit, vor allem nach ihrem Schreck im Keller, und sie schlief traumlos, bis das Schrillen des Telefons sie weckte.
    Es war Cantata, die aus Boston anrief. Natürlich war sie es. Darla hatte sie angerufen. Darla rief immer Canty an, wenn es Probleme gab, im Allgemeinen eher früher als spä ter. Canty wollte wissen, ob sie heimkommen solle. Lisey versicherte ihrer Schwester, dass es unabhängig davon, wie verzweifelt Darla vielleicht geklungen habe, absolut keinen Grund für eine vorzeitige Rückkehr aus Boston gebe. Amanda sei ohne Beschwerden und dabei, sich auszuruhen, Canty könne also wirklich nichts für sie tun. »Du kannst sie besu chen, aber wenn keine große Veränderung eingetreten ist – die Dr. Alberness für äußerst unwahrscheinlich hält –, wirst du nicht mal feststellen können, ob sie deine Anwesenheit mitkriegt.«
    »O Gott«, sagte Canty. »Das ist so schrecklich, Lisa.«
    »Ja. Aber sie ist bei Leuten, die ihre Situation verstehen – oder sich zumindest darauf

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