Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
möchte ich Canty Hallo sagen, und Lisey will das bestimmt auch, aber die Untersuchungen gehen jetzt weiter, und da drin herrscht Handyverbot. Ihr kommt doch her, oder? Ich wette, ihr könnt bis sieben Uhr in Derry sein, spätestens um acht …«
    In diesem Augenblick öffnete der Himmel erneut seine Schleusen. Dieser Wolkenbruch war noch heftiger als der ers te, und der Wagen war plötzlich von einem dumpfen Trom meln erfüllt. Amanda schien erstmals wirklich in Verlegen heit zu sein. Sie starrte Lisey aus panikartig geweiteten Augen an. Mit einem Finger wies sie auf das Autodach, wo das Trommeln herkam. Dazu bildeten ihre Lippen die Worte: Sie will wissen, was das für ein Geräusch ist.
    Lisey zögerte nicht. Sie riss Amanda das Motorola aus der Hand und hielt es an ihr Ohr. Die Verbindung war trotz des Platzregens glockenklar (soviel Lisey wusste, vielleicht sogar wegen des Regens). Sie hörte nicht nur Darla, sondern auch Canty, die aufgeregt, verwirrt und jubelnd miteinander sprachen; im Hintergrund war sogar eine Lautsprecherstimme zu hören, die Verspätungen wegen des schlechten Wetters ankündigte.
    »Darla, ich bin's, Lisey. Amanda ist wieder da! Ganz wieder da! Ist das nicht wundervoll?«
    »Lisey, ich kann es nicht glauben!«
    »Sehen heißt glauben«, sagte Lisey. »Seht zu, dass ihr euren Arsch nach Derry ins Arcadia bewegt und überzeugt euch selbst.«
    »Lisey, was ist das für ein Lärm? Das klingt ja, als stündet ihr unter der Dusche!«
    »Hydrotherapie, gleich gegenüber!«, log Lisey geistesge genwärtig und dachte dabei: Das werden wir später nie erklä ren können – nicht in einer Million Jahren. »Jemand hat die Tür offen gelassen, und der Krach ist schrecklich.«
    Sekundenlang war nur das gleichmäßige Trommeln des Regens zu hören. Dann sagte Darla: »Ist mit ihr wirklich wie der alles in Ordnung, könnten Canty und ich vielleicht doch schnell ins Snow Squall gehen. Nach Derry ist es so weit, und wir sind beide fast verhungert.«
    Lisey war einen Augenblick lang wütend auf sie, aber dann hätte sie sich am liebsten selbst geohrfeigt. Je länger die bei den brauchten, desto besser – war es nicht so? Trotzdem wur de Lisey ein bisschen übel von der Gereiztheit einer vermeint lich Ausgenutzten, die sie in Darlas Stimme hörte. Aber auch das gehörte zu dem Schwesternding, vermutete sie.
    »Klar, warum nicht?«, sagte sie und machte Amanda, die lächelnd zurücknickte, ein Zeichen, indem sie mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis bildete. »Wir gehen nirgends hin, Darl.«
    Außer vielleicht nach Boo'ya-Mond, um einen toten Ver rückten zu entsorgen. Das heißt, wenn wir Glück haben. Wenn alles günstig für uns läuft.
    »Kannst du mir Manda noch mal geben?« Darlas Stimme klang noch immer eingeschnappt, als hätte sie die schreck liche katatonische Schwere nie selbst mitbekommen und wür de Amanda jetzt verdächtigen, die ganze Zeit simuliert zu haben. »Canty möchte mit ihr reden.«
    »Klar doch«, sagte Lisey und bildete mit den Lippen das Wort Cantata, als sie Amanda das Handy zurückgab.
    Ja, mit ihr sei wieder alles in Ordnung, versicherte Amanda Canty mehrmals, und ja, das sei ein Wunder; nein, es störe sie nicht im Geringsten, wenn Darla und Canty wie geplant ins Snow Squall essen gingen, und nein, sie brauchten ganz be stimmt keinen Umweg über den Castle View zu fahren, um ihr etwas aus ihrem Haus mitzubringen. Sie habe alles, was sie brauche; dafür habe Lisey gesorgt.
    Gegen Ende des Gesprächs hörte der Regen schlagartig auf, ohne erst schwächer zu werden – als hätte Petrus im Himmel einen Wasserhahn zugedreht, und plötzlich hatte Lisey eine verrückte Idee: So regnete es in Boo'ya-Mond, in kurzen, hef tigen an- und abgedrehten Schauern.
    Ich habe es hinter mir zurückgelassen, aber nicht besonders weit, dachte sie und merkte dann, dass sie den süßen, reinen Geschmack noch immer im Mund hatte. Sie hatte zwei Schlu cke aus dem Pool genommen, aber nur einen an Amanda weitergegeben. Vielleicht erschien Boo'ya-Mond ihr deshalb noch so nahe.
    Als Amanda sich mit einem Ich liebe dich von Cantata ver abschiedete und dann das Gespräch beendete, brach ein kaum glaublicher Strahl feuchter Junisonne durch die Wolken, und am Himmel bildete sich ein weiterer Regenbogen, diesmal merklich näher, und strahlte über den Castle Lake. Wie ein Versprechen, dachte Lisey. Von der Art, an die man glauben möchte, der man aber nicht recht traut.
    Amandas murmelnde Stimme riss sie aus

Weitere Kostenlose Bücher