Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
erklären, dass sie barfuß war? Und …
    Ich hab überhaupt nicht nachgedacht, nicht richtig, ich bin nur Schritt für Schritt vorgegangen. Streng nach Rezept. Und jetzt habe ich im Kochbuch umgeblättert, und siehe da, die nächste Seite ist leer!
    »Außerdem«, fuhr Amanda fort, »müssen wir an Darla und Canty denken. Du warst heute Vormittag große Klasse, Lisey, ich kritisiere dich nicht, aber …«
    »Doch, tust du«, sagte Lisey finster. »Und völlig zu Recht. Wenn wir nicht schon in der Scheiße sitzen, dauert's sicher nicht mehr lange. Für den Fall, dass Dooley auch dein Haus überwacht, wollte ich nicht allzu früh zu dir fahren oder allzu lange dort bleiben …«
    »Weiß er von mir?«
    Wenn ich's richtig mitgekriegt hab, haben Sie gerade auch mit Schwesternproblemen zu kämpfen, hab ich recht?
    »Ich …«, begann Lisey, dann verstummte sie. Solche Aus flüchte kamen nicht mehr in Frage. »Ich weiß, dass er von dir weiß, Manda.«
    »Trotzdem ist er nicht Karnak der Große. Er kann nicht an zwei Orten gleichzeitig sein.«
    »Nein, aber ich möchte auch nicht, dass die Cops vorbei kommen. Ich will sie ganz aus dieser Sache raushalten.«
    »Fahr uns zur View, Lisey. Du weißt schon, Pretty View.«
    Pretty View nannten die Einheimischen den Picknickplatz mit Blick über den Castle Lake und den Little Kin Pond. Er lag am Eingang zum Castle Rock State Park, und dort gab es reichlich Parkplätze, sogar ein paar chemische Toiletten. Und an einem Nachmittag, an dem ein Gewitter aufzog, würde er sehr wahrscheinlich menschenleer sein. Ein guter Ort, um anzuhalten, nachzudenken, Bilanz zu ziehen und etwas Zeit totzuschlagen. Vielleicht war Amanda doch ein Genie.
    »Los, sieh zu, dass wir von der Main Street wegkommen«, drängte Amanda und zupfte am Ausschnitt ihres Pyjamas. »Ich fühle mich wie eine Stripperin in der Kirche.«
    Lisey stieß vorsichtig rückwärts auf die Straße hinaus – nachdem sie jetzt nichts mehr mit dem County Sheriff's Department zu tun haben wollte, war sie auf absurde Weise davon überzeugt, einen Unfall mit Blechschaden zu bauen, bevor sie das Revier hinter sich lassen konnte – und fuhr nach Westen davon. Zehn Minuten später bog sie unter einem Schild ab, auf dem stand:
    CASTLE ROCK STATE PAR K PICKNICKPLATZ UND TOILETTE N MAI–OKTOBER ZUGÄNGLIC H DIESER PAR K WIRD BEI SONNENUNTERGAN G GESCHLOSSE N DURCHSUCHEN VON MÜLLTONNEN AU S GESUNDHEITSGRÜNDEN GESETZLICH VERBOTE N
    Liseys BMW war der einzige Wagen auf dem Park platz, und der Picknickbereich war menschenleer – kein ein ziger Rucksackträger berauschte sich an der Natur (oder Montpelier Gold). Amanda ging zu einem der Picknicktische hinüber. Ihre Fußsohlen waren sehr rosa, und obwohl die Sonne hinter Wolken versteckt blieb, war sie unter dem grü nen Pyjama unverkennbar nackt.
    »Amanda, glaubst du wirklich, dass das …?«
    »Wenn jemand kommt, flitze ich sofort ins Auto zurück.« Manda sah sich um, ließ ein Lächeln aufblitzen. »Probier's auch mal aus – das Gras fühlt sich richtig sinnlich an.«
    Lisey ging auf den Fußballen an den Rand der Asphaltflä che, dann trat sie ins Gras. Amanda hatte recht, sinnlich war der richtige Ausdruck, der perfekte Fang aus Scotts Wörter-Pool. Und der Blick nach Westen war ein Genuss für Auge und Herz. Durch die zerklüfteten Grate der White Mountains zogen Gewitterwolken heran, und Lisey zählte auf den Berg-hängen sieben Orte, an denen Regenschauer niedergingen. Grelle Blitzstrahlen flammten in diesen Sturmzellen auf, und zwei von ihnen waren durch einen doppelten Regenbogen, der sich vor einem ausgefransten Loch aus Himmelsblau wie eine fantastische Feenbrücke über dem Mount Cranmore wölb te, miteinander verbunden. Während Lisey hinsah, schloss sich das Loch, und über einem anderen Gipfel, dessen Namen sie nicht kannte, öffnete sich ein neues, und wieder erschien der Regenbogen. Unter ihnen lag der Castle Lake in schmutzigem Grau, und der Little Kin Pond dahinter glich einem toten schwarzen Gänseauge. Der auffrischende Wind war unwahr scheinlich warm, und als ihre Haare nach hinten geweht wurden, breitete Lisey die Arme aus, als wollte sie davonflie gen – nicht auf einem fliegenden Teppich, sondern mithilfe der gewöhnlichen Alchemie eines Sommergewitters.
    »Manda!«, sagte sie. »Ich bin so froh, am Leben zu sein!«
    »Ich auch«, sagte Amanda ernsthaft und breitete die Arme aus. Der Wind blies ihre ergrauenden Haare nach hinten, ließ sie fliegen wie die

Weitere Kostenlose Bücher