Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Haare eines Kindes. Lisey verschränkte ihre Finger mit denen ihrer Schwester, bemühte sich, we gen Amandas Schnittwunden vorsichtig zu sein, spürte aber trotzdem eine gewisse Wildheit in sich aufsteigen. Über ihnen rumpelte Donner, der warme Wind wurde stärker, und neun zig Meilen westlich von ihnen quollen Gewitterwolken über die alten Gebirgspässe. Amanda begann zu tanzen, und Lisey tanzte mit: barfuß im Gras, ihre erhobenen Hände ineinander verschränkt.
    »Ja!« Donner grollte, sodass Lisey schreien musste.
    »Ja, was?«, fragte Manda ebenso laut. Sie lachte wieder.
    »Ja, ich will ihn kaltmachen!«
    »Sag ich doch! Ich helfe dir dabei!«, rief Amanda, und dann setzte der Regen ein, und sie rannten zurück zum Auto, beide lachend, während sie sich die Hände schützend über den Kopf hielten.
    6 Sie waren im Trockenen, bevor der erste von einem halben Dutzend kräftiger Regenschauer dieses Nachmittags niederging, und so blieb ihnen die richtige Dusche erspart, die sie abbekommen hätten, wenn sie getrödelt hätten; eine halbe Minute nach den ersten Regentropfen konnten sie nicht mal mehr die weniger als zwanzig Meter entfernten Picknick tische sehen. Der Regen war kalt, im Wagen war es warm, und die Windschutzscheibe beschlug augenblicklich. Lisey ließ den Motor an und leitete einen warmen Luftstrom an die Scheibe. Amanda schnappte sich Liseys Handy. »Wird Zeit, Miss Buggy Bumpers anzurufen«, sagte sie unter Benutzung von Darlas Spitznamen aus der Kindheit, den Lisey seit Jahren nicht mehr gehört hatte.
    Lisey sah auf ihre Uhr und stellte fest, dass es inzwischen kurz nach drei war. Keine große Chance, dass Canty und Darla (früher als Miss Buggy Bumpers bekannt, und wie sie das gehasst hatte!) noch beim Lunch saßen. »Inzwischen dürf ten sie irgendwo zwischen Portland und Auburn unterwegs sein«, sagte sie.
    »Ja, das sind sie vermutlich«, bestätigte Amanda in einem Ton, als spräche sie mit einem Kind. »Deshalb rufe ich Miss Buggy auf dem Handy an.«
    Scott ist schuld daran, wenn ich technisch zurückgeblie ben bin, hätte Lisey beinahe gesagt. Seit seinem Tod falle ich immer weiter hinter den neuesten Stand zurück. He, ich bin noch nicht mal dazu gekommen, mir einen DVD -Player zu kaufen, dabei hat doch jeder einen.
    Was sie jedoch sagte, war: »Wenn du Darla Miss Buggy Bumpers nennst, legt sie wahrscheinlich auf, selbst wenn sie weiß, dass du anrufst.«
    »Das tue ich nie.« Amanda starrte in den prasselnden Regen hinaus, der die Scheibe des BMW in einen gläsernen Fluss ver wandelt hatte. »Weißt du, weshalb Canty und ich sie so ge nannt haben und warum das gemein von uns war?«
    »Nein.«
    »Als Darla erst drei oder vier war, hatte sie eine kleine rote Gummipuppe. Sie war die original Miss Buggy Bumpers. Darl hat dieses alte Ding geliebt. In einer kalten Nacht hat sie Miss Buggy auf einem Heizkörper liegen gelassen, und die Puppe ist geschmolzen. Süßer glatzköpfiger Jesus, was für ein Gestank!«
    Lisey tat ihr Bestes, um nicht wieder loszuprusten, was ihr nicht gelang. Weil sie jedoch den Mund fest geschlossen hielt, trat die Luft durch die Nase aus und blies einen großen Schleimbatzen auf ihre Finger.
    »Puh, charmant, das Abendessen ist serviert, Madam«, sag te Amanda.
    »Im Handschuhfach sind Kleenex«, sagte Lisey, die bis an die Haarwurzeln errötet war. »Gibst du mir ein paar?« Dann dachte sie daran, wie Miss Buggy Bumpers auf dem Heizkör per schmolz – in diesem Fall mit Dandys saftigstem Fluch süßer glatzköpfiger Jesus kombiniert –, und begann wieder zu lachen, obwohl sie die Trauer erkannte, die wie eine süßsaure Perle in ihrer Heiterkeit versteckt war. Eine Trauer, die etwas mit der adretten Mach's-nach-meiner-Methode-Schätzchen-Darla und dem gespenstischen Kind zu tun hatte, das wei terhin dicht darunter verborgen war: jenem mit Marmelade verschmierten, oft zornigen Kind, das immer etwas gebraucht hatte.
    »Ach, wisch's einfach ans Lenkrad«, sagte Amanda, die nun selbst wieder lachte. Sie hielt die Hand mit dem Mobiltelefon an ihren Bauch gedrückt. »Ich glaube, ich bepiss mich gleich vor Lachen.«
    »Wenn du in diesen Schlafanzug pinkelst, Amanda, löst er sich auf. Gib die verdammte Kleenex-Schachtel her!«
    Noch immer lachend, öffnete Amanda das Handschuhfach und gab ihr die Kosmetiktücher.
    »Glaubst du, dass du sie erreichen kannst?«, fragte Lisey. »Bei diesem Regen?«
    »Wenn sie ihr Handy eingeschaltet hat, erreiche ich sie. Und wenn sie

Weitere Kostenlose Bücher