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Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Conway Twitty, »Country« Charlie Pride und – natürlich – Ole Hank. Dann kommt eines Nachmittags gegen drei Uhr ein viertüriger brauner Chevrolet, auf dessen Seiten U.S. GYPSUM steht, so die lange Einfahrt herauf, dass der Schneematsch fächerförmig nach bei den Seiten spritzt. Andrew Landon verbringt jetzt den größten Teil seiner Zeit auf dem Sofa im Wohnzimmer, schläft nachts darauf und hat den ganzen Tag darauf gelegen, und Scott hätte nie geglaubt, dass der Alte sich so flink bewegen kann, wie er’s tut, als er diesen Wagen hört, der eindeutig nicht der alte Ford des Briefträgers oder der Wagen des Stromablesers ist. Daddy ist blitzschnell auf den Beinen und späht aus dem Fenster links neben der vorderen Veranda – leicht nach vorn gebeugt, den schmutzig weißen Vorhang einen Spalt weit aufgezogen. Seine Haare stehen hinten hoch, und Scott, der mit einem Teller in der Hand und einem Geschirrtuch über der Schulter in der Küchentür steht, kann die geschwollene, purpurrote große Prellung auf Daddys linker Gesichtshälfte sehen, und er sieht auch, dass ein Bein von Daddys Cordhose bis fast zum Knie hochgerutscht ist. Im Radio kann er Dick Curless hören, der »Tombstone Every Mile« singt, und er kann die Mordlust in Daddys Augen und an der Art und Weise erkennen, wie seine Unterlippe die unteren Zähne sehen lässt. Daddy wirbelt elegant wie ein Balletttänzer vom Fenster weg, und sein Hosenbein rutscht wieder herunter, und er stakst wie eine verrückte Schere lautlos durchs Wohnzimmer zum Dielenschrank hinüber und öffnet ihn, als gerade der Motor des Chevrolets abgestellt wird, und Scott hört, wie dort draußen eine Autotür geöffnet wird, jemand kommt auf die Tür zu, hinter der sein Tod lauert, und ahnt nichts davon, hat nicht die geringste Ahnung , und Daddy nimmt das .30-.06 aus dem Schrank in der Diele – genau die Waffe, mit der er Pauls Leben beendet hat. Oder das Leben des Wesens, das sich seiner bemächtigt hatte. Schwere Schritte poltern die Stufen zur Haustür herauf. Es sind drei Stufen, und die mittlere quietscht, wie sie’s schon immer getan hat, Welt ohne Ende, amen.
    »Daddy, nein«, sage ich leise und flehend, während Andy »Sparky« Landon in seinem neuen, seltsam graziösen Scherenschritt zur Haustür geht, wobei er das Gewehr mit beiden Händen schräg vor der Brust trägt. Ich habe noch immer den Teller in der Hand, aber meine Finger fühlen sich jetzt taub an, und ich denke: Er wird mir aus der Hand fallen. Heilige Scheiße, er wird mir aus der Hand fallen und zerbrechen, und dieser Mann da draußen, das Letzte, was er in seinem Leben in diesem stinkenden, vergessenen Farmhaus hören wird, werden ein zerbrechender Teller und Dick Curless sein, der im Radio von den Hainseville Woods singt. »Daddy, nein «, wiederhole ich von ganzem Herzen flehend, indem ich versuche, dieses Flehen auch in meinen Blick zu legen.
    Sparky Landon zögert, dann stellt er sich seitlich so an die Wand, dass die Tür, falls sie geöffnet wird ( wenn sie geöffnet wird), ihn verdecken muss. Und noch während er das tut, klopft jemand mit den Fingerknöcheln energisch an die Haustür. Ich habe keine Mühe, die Worte zu lesen, die sich jetzt lautlos auf den von einem Bart umrahmten Lippen meines Vaters bilden: Dann schick ihn weg, Scoot.
    Ich gehe an die Haustür. Ich nehme den Teller, den ich abtrocknen woll te, von der rechten in die linke Hand und mache die Tür auf. Ich sehe den Mann, der da draußen steht, mit erschreckender Klarheit. Der Mann von
    U.S. Gypsum ist nicht besonders groß – mit seinen eins siebzig oder zweiundsiebzig ist er eigentlich gar nicht so viel größer als ich –, aber mit seiner schwarzen Schirmmütze, der Kakihose mit rasiermesserscharfen Bügelfalten und dem Kakihemd unter seiner schweren schwarzen Lederjacke, deren Reißverschluss halb aufgezogen ist, wirkt er auf mich wie die Verkörperung der Autorität schlechthin. Er trägt eine schwarze Krawatte und hält einen schmalen schwarzen Lederkasten in der Hand, der keine richtige Aktentasche ist (es wird noch ein paar Jahre dauern, bis ich das Wort Aktenkoffer lerne). An den Füßen trägt er Galoschen, aber welche mit Reißverschluss, nicht mit Schnallen. Ich nehme das gesamte Bild in mich auf und denke, wenn es jemals einen Mann gegeben hat, der dafür bestimmt war, vor der Haustür einer einsamen Farm totgeschossen zu werden, dann ist es dieser Mann. Sogar das einzelne Haar, das sich aus einem Nasenloch

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