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Lovesong

Titel: Lovesong Kostenlos Bücher Online Lesen
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aus. Doch dann ist er sofort wieder ganz der resolute Manager. »Du leidest am Prä-Tour-Burnout-Syndrom. Ist völlig normal, passiert selbst den erfahrensten Profis«, versichert er mir. »Wenn du erst mal auf Tour bist und auf der Bühne stehst, die Begeisterung, das Adrenalin, die Musik und so zu spüren kriegst, dann überkommt dich garantiert ein Energieflash. Klar wirst du hinterher total alle sein, aber total alle und glücklich. Und wenn erst mal der November kommt und das alles hier vorbei ist, kannst du dich immer noch irgendwo auf einer Insel ausruhen, irgendwo, wo dich keiner kennt, wo keiner sich für Shooting Star interessiert. Geschweige denn für den wilden Adam Wilde.«
    November? Jetzt haben wir August. Das sind noch ganze drei Monate. Und die Tour, das macht insgesamt siebenundsechzig Nächte. Siebenundsechzig. Wie ein Mantra wiederhole ich das in Gedanken, allerdings bewirkt es den gegenteiligen Effekt, den ein Mantra üblicherweise hat. Es weckt in mir den Wunsch, meine Fäuste in meinem Haar zu vergraben und es mir zu raufen.
    Und wie erkläre ich das Aldous, wie erkläre ich irgendwem, dass die Musik, das Adrenalin, die Begeisterung , dass all diese Dinge, die das Unerträgliche ein wenig erträglicher machen, dass all das weg ist? Alles, was übrig ist, ist dieser Strudel, der mich zu verschlingen droht. Und ich stecke bereits mittendrin.
    Mein ganzer Körper bebt. Ich drehe langsam durch. Ein Tag mag ja nicht recht viel mehr sein als vierundzwanzig Stunden, aber auch nur eine Einzige davon zu überstehen, erscheint mir bisweilen ebenso unmöglich, wie den Mount Everest zu bezwingen.

2
    Nadel und Faden, Fleisch und Knochen,
Speichel und Sehnen, das Herz gebrochen,
Narben glitzernd wie Diamanten,
Leuchtende Sterne, die mein Gefängnis erhellen.
    »Stitch«, Collateral Damage, Song Nummer 7
    Aldous verabschiedet sich vor meinem Hotel von mir. »Hör zu, Mann. Ich denke, alles, was du brauchst, ist ein bisschen Ruhe. Also, pass auf: Ich sag für heute die restlichen Termine ab und blas auch alle Meetings morgen ab. Du fliegst erst um sieben nach London; also brauchst du nicht vor fünf am Flughafen aufzukreuzen.« Er wirft einen kurzen Blick auf sein Handy. »Damit bleiben dir mehr als vierundzwanzig Stunden, in denen du tun und lassen kannst, was du willst. Ich versprech dir, du wirst dich wie ein neuer Mensch fühlen. Tu einfach, wonach dir ist.«
    Aldous betrachtet mich eindringlich mit einem Ausdruck berechnender Fürsorge. Er ist mein Freund, aber er ist auch für mich verantwortlich. »Ich werde meinen Flug umbuchen«, verkündet er. »Ich fliege mit dir gemeinsam.«
    Es ist mir schon fast peinlich, wie dankbar ich ihm bin. Zusammen mit der Band First Class zu fliegen ist ja nicht so schlimm. Normalerweise beschäftigt sich jeder für sich in seiner eigenen kleinen Luxusecke, aber wenigstens bin ich nicht allein, wenn ich mit ihnen zusammen fliege. Wenn ich jedoch ganz allein fliege – wer weiß, neben wem ich dann sitzen muss? Ich hab schon mal neben einem japanischen Geschäftsmann gesessen, der mich während eines zehnstündigen Fluges pausenlos zutextete. Eigentlich hätte ich mir am liebsten einen neuen Platz geben lassen, aber ich wollte mich auch nicht wie der allerletzte arrogante Rockstar-Arsch aufführen, der einen anderen Sitzplatz verlangt. Deshalb blieb ich sitzen und nickte zustimmend, obwohl ich nur die Hälfte von dem verstand, was er so von sich gab. Noch viel schlimmer aber ist es, wenn ich auf diesen elend langen Flügen ganz allein bin.
    Ich weiß, dass Aldous in London unendlich viel zu erledigen hat. Ehrlich gesagt stellt die Tatsache, dass er das morgige Meeting mit dem Rest der Band und dem Regisseur des Videos abblasen will, eine mittlere Katastrophe dar. Aber was soll’s. Darauf lässt sich jetzt keine Rücksicht mehr nehmen. Außerdem gibt sowieso niemand Aldous die Schuld; auf mich werden sie sauer sein.
    Es ist also ein ganz schön großes Opfer, dass Aldous meinetwegen einen Tag länger in New York bleibt. Dennoch nehme ich sein Angebot an und spiele seine Großzügigkeit herunter, indem ich ein simples »Okay« von mir gebe.
    »Cool. Dann mach du mal deinen Kopf frei. Ich werd dich in Frieden lassen, nicht einmal anrufen werd ich. Willst du, dass ich dich dann hier abhole, oder treffen wir uns am Flughafen?« Der Rest der Band ist in der Innenstadt untergebracht. Seit der letzten Tour haben wir es uns angewöhnt, in separaten Hotels zu schlafen, und Aldous

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