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Lovesong

Titel: Lovesong Kostenlos Bücher Online Lesen
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wir am Ende angelangt sind.
    »War schön, dich kennenzulernen, Adam«, sagt sie.
    »Ja, klar, die Freude ist ganz meinerseits«, schwindle ich.
    »Ich muss schon sagen, du bist mir echt ein Rätsel.« Als sie lächelt, erstrahlen ihre Zähne in einem unnatürlichen Weiß. »Aber ich mag Rätsel. Genau wie deine Songtexte, diese ganzen rätselhaften Bilder auf Collateral Damage. Und die Texte auf der neuen Platte erst, die sind ja so was von kryptisch. Dir ist schon klar, dass manche Kritiker bezweifeln, dass BloodSuckerSunshine der Intensität von Collateral Damage das Wasser reichen kann …?«
    Ich weiß genau, was jetzt kommt. Wäre ja nicht das erste Mal, dass ich das höre. Das ist so typisch für Journalisten. Dass sie erst die Meinung anderer Kritiker anführen, nur um einem dann hintenrum die eigene Meinung kundzutun. Und ich weiß genau, was ihre Frage eigentlich bedeutet, auch wenn sie es nicht so direkt ausspricht: Wie fühlt es sich an, zu wissen, dass man das Einzige, das man jemals an Bedeutungsvollem geschaffen hat, dem allerschlimmsten Verlust in seinem Leben zu verdanken hat?
    Und plötzlich wird mir das alles zu viel. Bryn und die Babysache. Dass Vanessa dieses Highschool-Jahrbuch hat. Die Vorstellung, dass den Leuten nichts mehr heilig ist. Alles wird gnadenlos zerfleddert. Und die Tatsache, dass mein Leben allen zu gehören scheint, bloß nicht mir. Siebenundsechzig Nächte. Siebenundsechzig, siebenundsechzig. Ich stoße beim Aufstehen gegen den Tisch, sodass sich das Wasser und das Bier über ihren Schoß ergießen.
    »Was soll …«
    »Das Interview ist hiermit beendet«, fauche ich.
    »Ich weiß. Weshalb spielst du dich denn jetzt so auf?«
    »Weil du ein elender Aasgeier bist! Das hat doch alles nichts mehr mit Musik zu tun. Du nimmst hier mein Privatleben auseinander, sonst nichts.«
    Vanessas Blick flackert, während sie nach ihrem Aufnahmegerät tastet. Und noch ehe es ihr gelingt, es wieder anzustellen, packe ich das Gerät und knall es mit vollem Karacho auf den Tisch, sodass es sich in tausend Einzelteile zerlegt. Und um auf Nummer sicher zu gehen, verfrachte ich diese auch noch in ein Glas mit Wasser. Meine Hand zittert, und mein Herz rast, unverkennbare Anzeichen für eine nahende Panikattacke. Und zwar die Sorte, bei der ich immer das Gefühl habe, dass ich gleich tot umfallen werde.
    »Was machst du denn da?«, kreischt Vanessa hysterisch. »Ich hab doch bloß dieses eine Aufnahmegerät.«
    »Umso besser.«
    »Und wie soll ich jetzt bitte meinen Artikel schreiben?«
    » Das nennst du einen Artikel?«
    »Klar. Es gibt tatsächlich Leute, die müssen arbeiten, um über die Runden zu kommen, du eingebildetes, launisches Arschloch …«
    »Adam!« Plötzlich steht Aldous neben mir und blättert dreihundert Dollar auf den Tisch. »Das ist für ein neues Diktiergerät«, sagt er, an Vanessa gewandt. Dann zerrt er mich aus dem Restaurant, verfrachtet mich in ein Taxi und steigt selbst ein. Dem Fahrer wirft er einen Hundertdollarschein hin, als der sich beschweren will, weil ich mir eine Zigarette angezündet habe. Und dann greift Aldous in meine Tasche, holt die Pillendose raus, schüttelt eine Tablette auf seine Handfläche und sagt: »Mund auf« – wie eine gluckende Mutter.
    Er wartet ab, bis wir uns ein paar Blocks von meinem Hotel entfernt befinden und ich zwei Zigaretten hintereinander durchgezogen und noch eine von den Pillen eingeworfen habe. »Was war da drin denn los?«
    Ich erklär es ihm. Ihre Fragen in Sachen »schwarzes Loch«. Bryn. Mia.
    »Mach dir nichts draus. Wir können jederzeit bei Shuffle anrufen und denen drohen, dass wir ihnen die Exklusivrechte nehmen, wenn sie nicht eine andere Journalistin an die Story setzen. Mag sein, dass das ein paar Tage die Runde in der Klatschpresse macht oder dass was bei Gabber stehen wird, aber ist ja keine große Sache. Das wird sich bald wieder legen.«
    All das bringt Aldous absolut ruhig hervor, so in der Art »Hey, it’s only Rock ’n’ Roll«, doch an seinen Augen kann ich ablesen, dass er beunruhigt ist.
    »Ich schaff das nicht, Aldous.«
    »Mach dir keine Gedanken. Dazu hast du keinen Grund. Ist doch nur ein dämlicher Artikel. Das lässt sich regeln.«
    »Es ist doch nicht nur das. Ich schaff das nicht mehr. Nichts von alledem.«
    Aldous, der, wie ich vermute, keine Nacht mehr durchgeschlafen hat, seit er mit Aerosmith auf Tour war, lässt für ein paar Sekunden die Maske fallen und sieht auf einmal unendlich erschöpft

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