Luc - Fesseln der Vergangenheit
entfernt, irgendwo in den Bergen im pakistanischen Grenzgebiet. Sonnenstrahlen verwandelten Jasmins Haare in ein goldenes Meer und ließen ihre Augen wie Smaragde funkeln. Er musste über seine poetischen Gedanken lächeln und schüttelte leicht den Kopf. Jasmin und Senator Harper. Das würde interessant werden.
Das Foto deutete auf eine innige Beziehung zwischen den Männern und Jasmin hin und als Mitglied des Komitees für die Koordination der Geheimdienste saß Harper an der Quelle, um sofort informiert zu werden, wenn jemand Nachforschungen nach Jasmin anstieß. So weit war die Sache also logisch und nachvollziehbar. Andis Beziehung zum NCIS war eine Überraschung, aber eine, die sich auf den zweiten Blick in Grenzen hielt. Es war ein offenes Geheimnis, dass Daniels Team wiederholt für und mit dem NCIS tätig geworden war. Da Daniel mit Andi befreundet war, lag die Verbindung auf der Hand. Blieb der entscheidende Punkt: Was hatte es mit Melton auf sich? Woher rührte dessen Interesse an den Kazim-Brüdern? Warzai rangierte in der Liste der festzunehmenden oder auszuschaltenden Talibananführer wesentlich höher, aber der schien Melton und dessen Hintermänner nicht zu interessieren, im Gegenteil, da stand noch die von Andi angedeutete Zusammenarbeit zwischen Melton und Warzai im Raum. Der Gordische Knoten war nichts gegen dieses Durcheinander. Scotts Handy meldete sich mit einem rockigen Klingelton, den sein Freund mit einem Stöhnen kommentierte. »Verdammt, der Admiral. Und jetzt?«
»Warten, bis er aufgibt. Ich weiß schon, warum ich mein Handy ausgeschaltet habe. Ich rufe ihn nach dem Gespräch mit dem Senator an.«
Jay zwang seine Lider auseinander und runzelte die Stirn. »Habe ich eigentlich erwähnt, dass deine Jasmin auch ›Harper‹ heißt?«
Ein Knurren entfuhr Luc. »Nein, das hast du bis jetzt für dich behalten. Noch mehr, das ich wissen sollte?«
»Ihre Vita liest sich wie ein Abenteuerroman. Aber ich will dir nicht das Lesevergnügen nehmen. Sobald wir bei meinem Wagen sind, bekommst du den USB -Stick und ihr Taschenmesser zurück und erfährst alles über sie. Na ja, fast alles. Leider endet die Geschichte dann ziemlich abrupt. Dafür gibt’s ein paar nette Fotos von ihr. Geschmack hast du, Großer.«
Luc widerstand der Versuchung, seinen Bruder solange zu schütteln, bis er die Informationen ausspuckte. Das wäre dann doch übertrieben, da sich das FBI -Gebäude bereits in Sichtweite befand.
Scott hielt direkt neben Jays klapprigem Toyota. Nach kurzem Suchen in den diversen Resten von Fast-Food-Mahlzeiten und verschiedenen Kleidungsstücken, reichte Jay ihm einen Umschlag. »Hier, den habe ich noch verstecken können. Echte Amateure.«
»Sei froh. Danke. Was hast du jetzt vor?«
»Ich fahre nach Hause, gehe duschen, ziehe mich um und höre mir dann heute Abend an, was du vorhast. Und lass dich ja vom Senator zum Essen einladen, klar? Du siehst ziemlich fertig aus, Luc. Stell dir vor, ich erwähne zufällig Mom gegenüber, dass du nicht genug isst und völlig abgemagert bist. Wenn du das nicht möchtest, pass auf dich auf und ruh dich aus, ehe du dich ins nächste Abenteuer stürzt. Tot nützt du deiner Jasmin nichts.«
Luc lächelte bei dem Gedanken an seine Mutter. Sollte Jay seine Drohung wahrmachen, würde sie sofort versuchen, Luc ins Bett zu verfrachten und zu pflegen. Aber dafür war jetzt einfach keine Zeit. »Hör auf. Ich weiß schon, was ich tue. Danke, Kleiner. Ich schulde dir was.«
Sie waren noch keine Meile vom FBI -Gebäude entfernt, als Luc auf Scotts Notebook das erste Dokument aufrief. Eine halbe Stunden später hatten sich etliche Fragen geklärt und dafür neue aufgetan. Ungewöhnlich geduldig hatte Scott bisher geschwiegen.
Als sie die Coronado Bay Bridge überquerten, war es damit vorbei. »Bekomme ich eine Kurzzusammenfassung?«
»Ihr Vater war Botschafter. Unter anderem lange Jahre in Kabul. Sie hat Medizin studiert, aber als ihre Eltern in New York umgekommen sind, hat sie ihre Pläne geändert.«
»New York?« Scotts Grimasse verriet, dass er die Wahrheit bereits ahnte.
»Ja, 11. September. Ihre Eltern waren bei ihrem Vermögensverwalter in einem der Türme. Sie hat sich danach bei der Agency verpflichtet. Bei ihrer Ausbildung und ihren Sprachkenntnissen haben die nicht nein gesagt. Sie hat das Agententraining in Rekordzeit und mit Bestnoten abgeschlossen, aber das überrascht mich nicht. Als Ärztin hat sie auch Nerven wie Drahtseile bewiesen. Ihr
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