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Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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zugeschaut, wie er Tortellini faltete. Sag nicht, das hast du vergessen?«
    Doch, stimmt genau, das hatte ich.
    Wie konnte ich nur...?
     
    Die Zeit verstrich, ohne dass ich mir wirklich dessen bewusst war. Mein Leben hatte einen neuen, reizvollen Rhythmus erhalten, der mich auf Trab hielt. Was ich dadurch nicht bemerkte war, dass ich mein Umfeld aus den Augen verlor. Ein Stück weit zumindest. Dafür war ich einfach zu sehr mit mir selbst beschäftigt.
    Und so fiel es mir erst sehr spät auf, dass Shiro begonnen hatte, sich von uns zurückzuziehen. Sein Verhalten hatte sich geändert, vor allem Lorenzo gegenüber.
    Im Grunde war es ein bisschen so wie damals in Fano, nur eben umgekehrt. Shiro hatte begonnen, Renzos Anwesenheit kritisch zu sehen. Sagte er etwas, verdrehte Shiro die Augen, hielt er sich im Hintergrund, war es auch nicht richtig, aber vor allem seine Präsenz ging ihm zunehmend auf die Nerven.
    »Muss er jetzt wirklich immer und überall dort sein, wo wir auch sind?«, lautete sein immer wiederkehrender Vorwurf.
    »Ist er doch gar nicht!«, verteidigte ich ihn, obwohl ich ja wusste, dass er irgendwie Recht hatte. »...So oft bekommen wir ihn doch gar nicht zu Gesicht.«
    » Das meinst du ernst, ja? « Shiro lachte böse. »Ich wette mit dir um 50 - nee, um 100 Euro - dass der in der nächsten Viertelstunde hier aufschlägt, wegen nichts. Wetten?«  
    Ich schlug ein - und verlor.
    Das, was mir zu denken gab, war gar nicht, dass Renzo innerhalb dieser fünfzehn Minuten auftauchte, sondern, dass es tatsächlich wegen Nichts war.
    »Er ist eben einsam...«, versuchte ich es zu erklären.
    »Kann schon sein, dass er einsam ist. Aber das ist nicht mein Problem.«
    »Meins aber. Und damit sollte es eigentlich auch zumindest etwas deins sein, oder nicht?«
    Da musste er mir Recht geben.
    »100 Euro bitte...«, forderte er mit einem schiefen Grinsen, um die Situation etwas zu entkrampfen und streckte mir seine Hand entgegen.
    Ich gab sie ihm.
     
    Die Lage blieb angespannt. Und Shiro hatte Recht. Tatsächlich war es so, dass es kaum einen Moment gab, an dem wir von Renzos Anwesenheit unbehelligt blieben.
    Ich achtete nun mehr darauf. Zunächst nahm ich an, dass das mit der Größe seines Zimmers zu tun hatte. Es gab ja kaum eine Möglichkeit für ihn, sich zurückzuziehen. Doch das war es nicht alleine. Immerhin blieb ihm ja noch die Küche, in der er sich aufhalten konnte. Diese Möglichkeit nutzte er jedoch nicht.
    Nun gut - Renzo war einfach kein 'Küchentyp'.
    Das, was es so schwierig machte war, dass Shiro damit nicht klar kam. Mich selbst störte mein Bruder eigentlich überhaupt nicht. Doch Shiro fühlte sich mehr und mehr belästigt.
    »Fehlt noch, dass er zu uns ins Bett kriecht...«, ätzte er bösartig.
    »Findest du nicht, dass du etwas übertreibst? Du mochtest ihn doch mal...«
    » Ich übertreibe?« Er sah mich groß an. »Sobald du diesen Raum verlässt, klebt er an dir wie eine Klette. Und hätte ich ihm nicht klar gemacht, dass ich nicht will, dass er sich ständig hier in unserem Zimmer rumtreibt, säße er jetzt garantiert hier zwischen uns.«  
    »Du hast ihn aus unserem Zimmer geworfen?« Ich konnte nicht glauben, dass er das getan hatte.
    »Na ja. Ich habe ihm gesagt, dass ich hier meine Ruhe haben will.« Er sah abwartend zu mir. »...Und so ist es ja schließlich auch.«
    Gut – das klang schon besser.
    »Mir ist klar, dass das keine Dauerlösung sein kann...«, versuchte ich es, »...aber so lange sollten wir versuchen, miteinander klar zu kommen.«
    »Als ob ich das nicht wüsste!« Und damit drehte er sich auf die Seite, löschte das Licht und schlief ein.
     
    Der Tag, an dem ich Pius als 'gottgleich' bezeichnete, war jener, an dem er Shiro einen Job hinter der Theke vom L’amo verschaffte.
    Von zehn Uhr abends bis morgens um fünf ging seine Schicht. Dreimal die Woche.
    Und das tat ihm verdammt gut. Auf einmal war da wieder das Flackern in seinen Augen, bei dem mir erst auffiel, wie sehr ich es vermisst hatte, als es plötzlich wieder da war. Sein Lächeln wurde zusehends weicher, seine raue Stimme ein wenig weniger rau.
    Er wurde wieder mehr zu dem Shiro, den ich so liebte. Und so entspannte sich auch sein Verhältnis zu Renzo allmählich.
    Was mir jedoch zu denken gab war, dass ich selbst nicht mitbekommen hatte, wie wir begonnen hatten, uns voneinander zu entfernen. Nicht wirklich dramatisch, aber doch spürbar. Ich hatte die Veränderung einfach nicht registriert und erst

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