Luca's Rezepte
Bestürzung in seinem Gesicht, und er tat mir auch Leid, aber eine andere Antwort hatte ich nicht für ihn.
»Wenn Mutter mich sehen möchte...«, lenkte ich ein, »...dann okay. Aber nur hier in Genova...«
»Sie sind deine Eltern...«
»...Und ich bin ihr Sohn. Genauso wie Lorenzo. Und er hält es auch nicht aus in Fano. Du selbst hast doch gesagt, dass er dort nicht glücklich sein kann. Das hast du mir selbst gesagt. Hier ist er es.«
Ich trank einen Schluck und sah ihn lange an.
Matteo schwieg.
»Du warst nicht dabei, an dem Abend. Du kannst es nicht verstehen... Aber sie haben mich angesehen... uns angesehen... Ich will das nie wieder erleben...«
Matteo nickte traurig.
»Antonio ist impulsiv... auch ungerecht...«
»Das ist es nicht. So kenne ich ihn doch. Und es war auch nicht nur er. Ich kann es dir nicht beschreiben, aber das ist es nicht...«
»Aber findest du nicht, es ist an der Zeit, aufeinander zuzugehen?«
»Nein. Finde ich nicht. Matti, gib’s auf. Es geht nicht. Und schon gar nicht ohne Shiro.«
»Ah... ja... Shiro...«
»Ja! Shiro! «
Ich sagte das vielleicht schärfer, als ich es wollte.
»Um Tomasos Giade wird ein Eiertanz gemacht, als wär’s die Königin von Saba, dabei ist die zu blöd zum Wasserkochen und trampelt allen auf den Nerven rum. Aber Shiro, Shiro wird wie ein Hund aus der Küche gejagt.«
»Du bist ganz schön selbstgefällig, mein Junge, weißt du das?«
»Finde ich nicht.«
»Aber kannst du denn nicht verstehen, dass das für Antonio und Valentina ein Schock war, dich... euch so... anzutreffen?«
»Herrgott, was war da schon? Das war nichts! Aber ihre Blicke...«
»Luca. Begreif doch, dass in diesem Moment eine Welt für sie zusammengestürzt ist. Natürlich konnten sie damit nicht umgehen. So etwas haben sie auch nie gelernt... Ich übrigens auch nicht...«
»Aber du bist hier.«
»Ja, da hast du Recht. Ich bin hier...«
»Siehst du...«
»Was sehe ich?«
»Na, den Unterschied.«
»Ich weiß nicht, was du meinst...«
»...Du verachtest mich nicht.«
»Natürlich nicht...«
»Das ist der Unterschied...« Ich sah ihn eindringlich an. »...Und darum kann ich nicht mit nach Fano kommen.«
Damit war von meiner Seite aus alles gesagt.
Matteo blieb bis zum kommenden Nachmittag, dann brachte ihn der 15-Uhr-Zug zurück nach Hause.
Am Morgen zeigte ich ihm noch die Stadt, so wie ich es von Shiro gelernt hatte, ohne dabei Luis` 'Isabella' auszulassen und eine kurze Begegnung mit ihm zu inszenieren. Anschließend gingen wir im ' Central' ganz in der Nähe des Bahnhofs noch einen Caffè trinken.
Der Abschied war herzlich und traurig zugleich. Wir hatten uns nach so langer Zeit wiedergesehen, uns aber durch das Zusammentreffen auch ein Stückweit voneinander entfernt.
Nach seiner Abfahrt zog ich mich in unser Zimmer zurück, griff mir Matteos alte Mundharmonika und spielte etwas für mich.
Ich war wirklich ein anderer geworden, nach meinem Weggang von Zuhause. Das wurde mir jetzt deutlich, nach diesem Abschied.
Ich war nicht mehr so leicht zu beeindrucken, da hatte Shiro ganz recht. Ich hatte ein klares Ziel vor Augen. Mehr noch als es früher der Fall gewesen war.
In Fano wollte ich damals einfach nur kochen und vielleicht, ganz vielleicht, mal das D’Agosta übernehmen. Jetzt genügte mir das nicht mehr. Ich wollte mit mir im Reinen sein.
Natürlich wollte ich weiterhin vor allem kochen, doch meine Ambitionen hatten sich geändert. Mein Ziel war nun die Spitze. Ich würde ein wirklich guter, ja, ausgezeichneter Koch werden, und das war ich meiner Ansicht nach noch lange nicht. Also musste ich jetzt jemanden finden, der mich weiter ausbildete. Einen kreativen, wirklich großen Koch, der bereit war, sein Können an mich weiterzugeben. Und das würde nicht leicht werden.
Einfach nur Privat-Diners auszurichten reichte mir nicht. Nicht langfristig. Der Reiz verflüchtigte sich mittlerweile, wenn auch nur ganz allmählich.
Es musste etwas ganz anderes her. Eine Herausforderung.
Die Grundvoraussetzung dafür war, dass ich mich so sicher bewegte und fühlte wie vor meinem Unfall.
Diesem Ziel war ich nun ein ganzes Stück näher gekommen.
Mit meinem Auge klappte es nämlich immer besser. Mittlerweile traute ich mich sogar wieder hinter das Steuer meiner Ape. Ein gutes Zeichen, fand ich.
Dennoch übernahm Lorenzo die meisten Wege für mich, das hatte sich so eingespielt, und da es mich entlastete, gefiel es mir.
Was mir weniger gefiel
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