Luca's Rezepte
Bruder in einem neuen Land.
So kam es mir irgendwie vor. Und ich genoss die stille Nähe, die wir hatten. Der heiße Tag unter der Maulbeere wurde ganz allmählich zur lauen Nacht, das kühle Wasser zu rotem Wein, und der spärliche Lampenschein aus Renzos Zimmern zu unserem Licht für diese Stunden.
»Nun sind wir also zu zweit...«, stellte Pius fröhlich fest und füllte die Gläser nach. Ein Gedanke, der mir nicht gerade behagte. Zwar mochte ich Pius, aber er ging mir mit seiner Art mehr und mehr auf die Nerven. Pius war schnell beleidigt. Sehr schnell. Und damit kam ich einfach nicht klar. Ich musste erst lernen, das nicht so ernst zu nehmen. Vermutlich war er irgendwann im Leben einfach zu kurz gekommen, so mein Verdacht. Das hing ihm jetzt nach.
Auf der anderen Seite hatte er aber auch wirklich liebenswerte Seiten. Es war typisch für ihn, dass er Shiro den Job im L’amo besorgt hatte. Pius fühlte sich verantwortlich für sein Umfeld. Allerdings war er dann auch schnell beleidigt, wenn man diese 'Verantwortung' als Einmischung in private Belange wertete.
»Wir werden jetzt wohl mehr Zeit miteinander verbringen«, orakelte er, sein Weinglas schwenkend und bestätigte damit meine schlimmste Befürchtung. Pius als Ersatz für Shiro und Renzo. Als solchen sah er sich nun wohl.
»Wie läuft 's im L’amo?«, fragte ich ausweichend.
»Wie soll 's schon laufen? Viel Arbeit, seit Shiro nicht mehr da ist. Tizian ist verdammt sauer, dass er einfach verlängert.«
Tizian war der Besitzer des L’amo. Ich mochte ihn nicht. Mein Japaner entsprach seinem Beuteschema, was mir schon mal nicht gefiel, aber vor allem ließ er ein 'nein' nicht gelten und wurde auch schon mal übergriffig.
»Der soll sich nicht so anstellen...«, bemerkte ich so abfällig wie möglich. »Bis vor kurzem ging's ja auch ohne ihn.«
Erstaunlicherweise pflichtete Pius mir bei. »Um mich hat der nie so einen Wirbel gemacht, wenn ich mal ausgefallen bin.«, beschwerte er sich.
So saßen wir noch eine Zeit lang zusammen. Doch schließlich stand ich auf, leerte mit einem Zug mein Glas und verabschiedete mich. Ich war müde.
Und ein wenig traurig.
Ich fühlte mich alleine.
Und das war ich ja nun auch...
Luis buchte mich für ein Barbecue. Er hatte sich dafür extra einen Edelstahl-Gasgrill angeschafft. Natürlich einen von jener Sorte, die keine Wünsche offen ließen. Anlass der kleinen Feier war die Zusage von Canale 5, zwei weitere Staffeln von 'amano l'abisso' zu produzieren. Dottore Castelli würde betuchten Ehefrauen also noch weiter auf den Zahn fühlen.
Es war ein heißer Sommerabend, als ich mit meinen vorbereiteten Zutaten bei ihm auftauchte, um mich mit seiner Neuanschaffung vertraut zu machen. Der Grill war ein Wunder der Technik. Er verfügte sogar über einen kleinen Kühlschrank sowie Infrarotleuchten, die die fertigen Speisen warm hielten.
Als Gerichte für den Abend hatte ich Hummer, T-Bone-Steaks und Rippchen vom Iberico-Schwein vorgesehen.
Nach Luis` Vorstellung sollte es eine eher rustikale Feier werden, eine, bei der man mit den Händen aß und eiskaltes Bier trank, wo der Salat grob zerrupft und das Brot dunkel gebacken auf den Tisch kam.
Für mich eine willkommene Abwechslung. Ich war froh, ausnahmsweise mal nicht kleinteilig denken zu müssen. Farce hier, dreierlei Soßen da, pochierte Füllung zum Perlhuhnbrüstchen...
Mal wieder so richtig bodenständig arbeiten zu können machte mir Lust. Und mit diesem Grill sowieso.
Das eisgekühlte Bier kam natürlich vom Fass, und auch dafür hatte Luis sich einen Spezialisten gebucht. Einen, von dem ich davon ausging, dass es später beim Bierzapfen nicht bleiben sollte. Er war etwa Anfang zwanzig, sah fabelhaft aus und war voll und ganz auf Luis` Linie. Wie sich zeigen sollte, schien das umgekehrt ebenso der Fall zu sein. Sein Name war Giaccomo, er selbst jedoch nannte sich Jack, was gut zu ihm passte, wie ich fand. Er strahlte so etwas kosmopolitisches aus, besaß Charme, schien unkompliziert, besaß Witz und den breitesten Mund, den ich je bei einem Menschen gesehen hatte.
Während ich meine Vorbereitungen traf, lehnte er lässig an der Bordwand und sah mir dabei zu, wie ich die Fleischstücke mit Rosmarin, Knoblauch und Thymian würzte. Ich lächelte ihm zu. Er grinste zurück.
Nun die Hummer.
Vor der Feier hatte ich Luisa gebeten, sie für mich zu töten. Nicht, dass ich mir das nicht zugetraut hätte - im D’Agosta gehörte das Zubereiten und so auch
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