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Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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Waldboden zu zeichnen. »...Das wollten sie ganz sicher nicht. Aber ich habe es trotzdem gespürt...«
    »Und Ayumi...?«
    Er hob die Schultern. »Wie soll ich es sagen...?« Ein schwaches, trauriges Lächeln zog sich über sein Gesicht. »...Ich erinnere sie halt an die Zeit hier. Und das tut ihr weh...« Er zeichnete versonnen einen Kreis. »...Und das tut mir weh...«  
    Ich begriff. Vorsichtig legte ich meinen Arm um seine Schulter. Eine hilflose Geste, aber mir fiel in dem Moment nichts besseres ein. Er streifte mich mit einem sanften Blick, griff meine Hand und drückte sie leicht. »Ist schon okay...«
    »Aber sie... sie liebt dich doch...?«
    »Ja sicher. Natürlich... sehr...« Sein Mund versuchte ein Lächeln. »Luca, deine Eltern lieben dich doch auch. Ist doch klar. Aber das eine hat mit dem anderen nicht unbedingt was zu tun.«
    »Jetzt sind wir beide irgendwie elternlos...« Ich erkannte das Pathos meiner Worte, aber in diesem Moment empfand ich einfach so.
    »Na ja... So dramatisch ist es wohl nicht, aber ich weiß, was du meinst...«
    Ich zog die Flasche Wasser aus der Tasche, trank einen Schluck und reichte sie an ihn weiter. »...Und das mit dem heißen Sushi-Typen...?« Ich grinste ihn an.
    »Das beschäftigt dich wirklich?«
    »...Na ja...«
    »Später, Luca. Lass uns weiter gehen, ja?«
    Das war wieder nicht die Antwort, mit der ich gerechnet hatte. Und es war vor allem nicht die, die ich hören wollte. Aber ich fügte mich seinem Wunsch, packte die Flasche wieder ein und folgte ihm, tiefer hinein in den Wald.
     
    Am Abend waren wir tatsächlich für uns, ganz wie Shiro es vorausgesagt hatte. Und das war nicht minder eigenartig als das Gewusel am Mittag. Wie ausgestorben lag das alte Gemäuer auf seinem Plateau, finster und trutzig, aber auch Schutz bietend vor den unergründlichen Geräuschen der Nacht, die zu uns hinauf drangen.
    Wir hatten den Innenhof, die Terrasse und alle Räume, die wir nutzten, in warmes Licht getaucht und trotzdem...
    Diese völlige Abgeschiedenheit übertrug sich ganz allmählich auf unsere Stimmung. Erst der mitgebrachte Rotwein sorgte nach einiger Zeit dafür, dass wir uns etwas unverkrampfter in unserer neuen Bleibe bewegten.
    Irgendwann hatte ich dann damit begonnen, uns in einer der von mir georderten Gusseisenpfannen T-Bone-Steaks zu braten, zwar etwas unbeholfen mit all den Neuerungen um mich herum, aber mit wachsendem Vergnügen, immerhin. Zu den Steaks gab es einen einfachen Bohnensalat, den ich nun wunderbarerweise mit frischen Kräutern des hauseigenen Gartens anrichten konnte. Ich servierte unter der frisch beschnittenen Pergola.
    Mein allererster Einsatz in der neuen Küche - ohne Kameras und Trara. Ein ganz besonderer Moment.
    Doch die Stimmung blieb verhalten, was nicht nur der Einsamkeit der Berge geschuldet war, das spürte ich.
    »Erzähl mir, wie es war...«, forderte ich ihn auf und gab so ohne Umwege die Richtung vor, die ich anstrebte.
    »Was genau willst du wissen...?«
    »Was hast du so gemacht? Wie war dein Sprachkurs...?«
    »Na ja...« Er lächelte verhalten und nippte an seinem Wein. »...Die meiste Zeit über habe ich gelernt. Ich hatte ein schönes Zimmer mit Blick in den Innenhof. Da habe ich die meiste Zeit verbracht...«
    »Alleine...?«
    »Alleine! Die Privatsphäre innerhalb der Familie wird respektiert. Weißt du...« Nun wurde sein Lächeln breiter »...Mein Japanisch ist mittlerweile richtig gut...«
    »Aber du wirst doch nicht monatelang alleine in deinem Zimmer gehockt haben, um Japanisch zu lernen?«, kratzte ich weiter an seiner Geschichte. Ich fand, was er erzählte, ziemlich dünn.
    »Luca, was willst du...?« Er schob sein Glas von sich und sah mich herausfordernd an. »Meine Situation war sicher eine ganz andere als deine. Ich habe keine Freunde vorgefunden in Kumamoto. Erst mal nur Fremde. Und die Verständigung war am Anfang auch nicht so einfach. Außerdem fühlte ich mich alleine. Das hatte ich so nicht erwartet, aber es war nun mal so...«
    »Am Telefon klang das alles ganz anders«, erwiderte ich trotzig.
    »Am Telefon hattest du noch zwei Augen.«
    Das saß.
    »Sag einfach klar, was du wissen willst, dann gebe ich dir auch 'ne klare Antwort.«
    Ich wusste genau, welche Frage ich beantwortet haben wollte. Eigentlich hatte ich sie während unserer Waldwanderung ja auch ausgesprochen, aber ich war mir nach wie vor nicht ganz sicher, ob mir die Antwort wirklich gefallen würde.
    »...Du willst wissen, ob da was gelaufen

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