Luca's Rezepte
an den Tisch und ließ den Blick über die Landschaft wandern.
»Ich fahr zurück nach Genova...« Seinen Versuch, Blickkontakt mit mir aufzunehmen, registrierte ich wohl, ging jedoch nicht darauf ein. So gerne ich auch gewollt hätte. Ich konnte es einfach nicht.
»...Tut mir Leid, wenn ich dich verletzt habe...«. Seine weichraue Stimme ließ mich schneller atmen. »...Das wollte ich wirklich nicht... Glaubst du mir das?«
Ich nickte, den Blick in die Ferne gerichtet.
»Immerhin...«, sagte er traurig, »...ein Anfang...«. Damit stand er auf und schickte sich an, zu gehen.
»...Shiro...«
»...Ja...?«
»Ich komme mit... wenn du willst...«
» Wenn du willst?« Er klang erleichtert. »...Nichts will ich lieber als das...«
Und so packten wir, jeder für sich und ließen uns einen Wagen aus der Umgebung kommen. Diese Möglichkeit hatte Gianni im Vorfeld ausgekundschaftet. Dafür war ich ihm nun sehr dankbar.
Von Mignanego brachte uns dann schließlich der Regionalzug nach Genova.
Angespannt und schweigend saßen wir uns gegenüber, wobei ich es vorzog, einfach nur aus dem Fenster zu sehen, um seinen Versuchen, Blickkontakt mit mir aufzunehmen, zu entgehen. Irgendwann gab er es auf.
Es würde noch dauern...
So sehr ich mir das auch anders wünschte.
Doch immer dann, wenn ich verstohlen zu ihm rüber sah, suchte ich vergeblich nach so etwas wie Liebe in mir. Was ich jedoch fand, war ein abgrundtiefes Gefühl der Enttäuschung.
Es fühlte sich kalt an...
Die Meeresfrüchte bei Gino’s waren frisch, und sie wurden von ihm auf traditionelle Weise zubereitet. Sprich: Sie waren perfekt! Das war alles, was es dazu zu sagen gibt. Ich liebte sie, denn sie erinnerten mich an Fano.
Lorenzo ging es da ganz ähnlich. Auch wenn seine Rückbesinnung an unser Zuhause und das D’Agosta nicht so positiv besetzt war wie die meine. Doch was die Meeresfrüchte anging, da lagen wir auf einer Linie.
Vor mir stand ein Teller mit gegrillten Calamari, in mir befand sich bereits ein Berg Muscheln in Weißweinsud, es musste mir also gut gehen...
Tat es aber nicht.
Unmittelbar, nachdem wir in der Via Cesare angekommen waren, fragte ich bei Lorenzo an, ob es möglich wäre, dass ich ein paar Tage bei ihm unterkriechen könnte. Nach seinem - Ja klar, gar kein Problem - packte ich mir eine Tasche mit dem Nötigsten, stieg in meine Ape und fuhr zu ihm, nur weg von Zuhause.
Mir blieben drei Tage, dann musste ich eh wieder im Kloster sein. Dieser Termin stand nun fest, und so lange würde ich es wohl bei Lorenzo aushalten können. Besser, als in unserer Wohnung zumindest.
Shiro hatte stumm und traurig mein Treiben beobachtet. Dabei beließ er es. Weder hatte er versucht, sich mir in den Weg zu stellen, noch, mit mir zu reden. Ich wusste nicht, ob ich dankbar oder enttäuscht darüber sein sollte.
Lorenzo jedenfalls freute sich, mich zu sehen, und als ich ihm zu verstehen gab, dass ich über die Gründe meines Kommens nicht reden wollte, hakte er auch nicht weiter nach.
Gegrillte Calamari also...
Gino hatte nicht mit Knoblauch gespart und der einfache Salat, den er dazu reichte, war mit Zitrone und nicht mit Essig angemacht. Für ein Essen dieser Art genau richtig.
»Du brauchst mir gar nichts zu sagen, aber meinst du nicht, es wäre besser, ihr würdet miteinander reden...?«
»Und genau das geht zur Zeit nicht. Ich will ihn jetzt einfach nicht sehen...«
»Aber er ist doch gerade erst zurückgekommen...«
»Mir doch egal...«
Renzo grinste breit. »Weißt du, dass du schrecklich bist, wenn du so bist?« Er klaute mir mit seiner Gabel eine Tentakel von meinem Teller und zerbiss sie mit Genuss. »...Oh, wie ich dich gehasst habe, wenn du so warst...«
»Ich kann auch wieder zurückfahren oder mir ein Hotel suchen...«, bot ich beleidigt an.
»Nein, nein. Es ist schön, dass du da bist... prima...« Er leckte genießerisch über seine öligen Lippen, griff dann zur Serviette und orderte mit einem Wink zwei Caffè zum Abschluss.
Schön, dass du da bist - was war daran schön? Ich ätzte Gift und Galle und verdarb ihm wahrscheinlich noch den Abend, prima , aber er freute sich trotzdem...
Tja, die dringend notwendige Aussprache mit Renzo stand ja nun auch noch an. Das war klar. Aber nicht jetzt. Eins nach dem anderen. Eine emotionale Baustelle reichte mir vorerst vollauf. Und was ich feststellen musste: Ich war nicht besonders geübt in diesem Bereich.
Keine Routine...
15.
Tag
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